06.05.2016 Berliner Woche
Berlin: Heinrich-von-Kleist-Park
Schöneberg. Eine Entscheidung darüber, ob die Rossebändiger vor dem Kammergericht wieder an ihren alten Standort in Mitte zurückgebracht werden oder bleiben, wo sie sind, ist noch immer nicht gefallen.
Von Karen Noetzel
Die Bezirksverordnetenversammlung überwies den 2015 eingebrachten Antrag der SPD-Fraktion in den Kulturausschuss. Darin weisen die Sozialdemokraten die Forderung der Gesellschaft Berliner Schloss zurück, die Skulpturengruppe an ihren historischen Platz vor dem Schloss umzusetzen. Die Gesellschaft verfolgt den Plan, den Vorplatz historisch möglichst authentisch zu rekonstruieren, unter anderem mit der Rückführung gestalterischer Elemente wie der Rossebändiger, aber auch des Neptunbrunnens. Unterstützt wird sie dabei von der Gesellschaft Historisches Berlin und vom Verein für die Geschichte Berlins.
Das sei nicht mehr als eine Verschönerung des Umfelds, meinen hingegen die Sozialdemokraten im Rathaus Schöneberg. „Der jetzige Standort der Skulpturen ist Teil der wechselvollen und teils schmerzhaften Berliner Geschichte, die ablesbar bleiben muss“, lässt sich die Fraktion vernehmen.
Die Skulpturen des deutsch-baltischen Bildhauers Peter Clodt von Jürgensburg (1805-1867), 1842/1843 als Nachbildung einer Figurengruppe in St. Petersburg geschaffen und als Geschenk Zar Nikolaus I. an seinen Schwager, den preußischen König Friedrich Wilhelm IV., nach Berlin gelangt, standen bis Februar 1945 auf der Lustgarten-Seite des Berliner Schlosses, bevor sie der sowjetische Stadtkommandant hinter das Gebäude des Alliierten Kontrollrats im Kleist-Park bringen ließ. Landschaftsarchitekt Georg Béla Pniower (1896-1960) gestaltete die im Krieg stark beschädigte Parkanlage neu und setzte die Rossebändiger repräsentativ vor das Gebäude.
Ob 241 000 Euro teure Umsetzung oder nicht, scheint weniger eine gestalterische denn eine kulturpolitische Frage zu sein. Technisch ist sie allemal möglich, wie Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) und Kulturstadträtin Jutta Kaddatz (CDU) jetzt beschieden. Auch die Planer der direkten Umgebung der Humboldtforum genannten Schlossrekonstruktion und die Senatsverwaltung für Stadteintwicklung haben offen gelassen, ob Skulpturen von früher ihren alten Platz einnehmen dürfen.
Das Landesdenkmalamt hat sich für den Verbleib der Rossebändiger im Kleistpark ausgesprochen. In der Kunstkommission Tempelhof-Schöneberg gibt es Stimmen, die eine Rückführung befürworten. Eine Mehrheit in dem Gremium kann sich jedoch nicht damit anfreunden.
Zunächst aber muss geklärt werden, ob der Bezirk überhaupt Eigentümer der Rossbändiger ist. Und vielleicht bleibt vor einer endgültigen Entscheidung erst der Ausgang der Debatte auf Landes- und Bundesebene um die Gestaltung des Schlossplatzes und die inhaltlichen Ausrichtung des Humboldtforums abzuwarten.
Quelle: Berliner Woche, 06.05.2016
Die Bezirks-SPDler
und ungezählte Bürger und Touristen pilgern wohl täglich in den Kleistpark abseits
des Berliner Zentrums? Sicher wollen sie dort doch anhand der Rossebändiger,
die 1945 vor der Schlossruine entfernt und vom sowjetischen Stadtkommandanten vor
das Kontrollratsgebäude versetzt wurden, 70 Jahre „wechselhafter und schmerzlicher
Berliner Geschichte“ ablesen? Demgegenüber sind die 102 Jahre vorausgegangener
Geschichte, die diese Kunstwerke im Stadtzentrum an dem repräsentativen
Standort vor dem Berliner Schloss standen, wohl ohne historische Bedeutung?
Wenn diese
Bezirks-Fraktionsdemokraten herablassend meinen, dass die
zwischen Schloss und Lustgarten zurückversetzten Rossebändiger „nicht mehr als
eine Verschönerung des Umfeldes“ seien, dann behandeln sie diese hochkarätigen
Kunstwerke despektierlich wie billigen Modeschmuck am falschen Hals. Desto eher
gehören die Rossebändiger zurück in das Zentrum, wo sie von einer großen Zahl
von Bürgern und Besuchern aus ganz Deutschland und dem Ausland im historischen
Kontext bewundert werden können.
Arn Praetorius
Da, wie man liest, die Sowjets die Rossebändiger vom Schloss entfernt hatten, sind die Figuren Beutekunst, die sie dort, wo sie heute stehen, gelagert haben. Nach dem Völkerrecht soll Beutekunst dem Eigentümer zurückgegeben werden (wie Merkel von Putin verlangt). Also, liebe SPDler………
Spender aus der Provinz Arn Praetorius
Lieber Spender,
genau so ist es. zumindest 45 Jahre bis 1990 standen die Rossebändiger mit ihren Pferden als Verschleppte im Kleistpark unter Besatzungsrecht der Aliierten. An die Stelle gehören wenn schon, dann „zeitgemäße“ Kunstwerke, die an diese Viermächte-Zeit erinnern.