Historische Keller in Gefahr

Historische Keller in Gefahr

Ausschreibung für das Humboldt-Forum zeigt: Schloss-Untergeschosse sollen Neubau weichen
Ulrich Paul

Die Kellergeschosse des 1950 gesprengten Schlosses sind die einzigen Überreste der früheren Hohenzollernresidenz, die zum großen Teil noch erhalten geblieben sind. Ausgerechnet die als Bodendenkmal geschützten Untergeschosse sind jedoch durch den geplanten Bau des schlossähnlichen Humboldt-Forums gefährdet.

Das geht aus den Unterlagen für den Architektenwettbewerb für das Humboldt-Forum hervor, die der Berliner Zeitung vorliegen. Darin heißt es, dass „der Erhalt der Schlosskeller“ aus „funktionalen und wirtschaftlichen Gründen sehr kritisch gesehen“ wird und „zudem in der Kostenobergrenze nicht realisierbar“ ist. Die Teilnehmer des Wettbewerbs sollen lediglich prüfen, ob sich Teile der Schlosskeller als „archäologisches Fenster“ integrieren lassen.

Dagegen regt sich jedoch vorsichtig Widerstand. Der Förderverein Berliner Schloss hofft, dass zumindest die erhaltenswerten Reste der Keller gerettet werden können. „Da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen“, sagt Vereinsgeschäftsführer Wilhelm von Boddien. Er will ermitteln lassen, wie sich die Kellerreste mit dem Humboldt-Forum verbinden lassen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erklärte gestern, sie gehe davon aus, dass die Grabungen bei der Planung beachtet werden. „Wir haben jedoch nicht vor, eine große archäologische Landschaft zu erhalten“, sagte Behördensprecherin Manuela Damianakis.

Das geplante Humboldt-Forum mit einer Hauptnutzfläche von 40 000 Quadratmetern soll als Museum, Bibliothek und als Bühne für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden. Die Information über die Kulturen der Welt steht dabei im Mittelpunkt. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz will ihre außereuropäischen Sammlungen zeigen, die Zentral- und Landesbibliothek dazu passende Bestände präsentieren und die Humboldt-Uni Teile ihrer wissenschaftsgeschichtlichen Sammlungen ausstellen.

16 000 Menschen werden jeden Tag im Humboldt-Forum erwartet. Sie betreten das Gebäude über die Agora, den Eingangs- und Veranstaltungsbereich. Hier befinden sich Läden, Restaurants und multifunktionale Säle. Von der Agora gelangen die Besucher zu den Ausstellungsräumen. Dort treten sie eine „Reise um die Welt“ an, wie es im Ausschreibungstext heißt. Die Reise beginnt in Afrika und führt dann auf den Spuren des Forschers Alexander von Humboldt zu den großen, untergegangenen Zivilisationen Amerikas, der Mayas und Azteken. Anschließend geht sie weiter nach Ozeanien und Australien und von da zu den jahrtausendealten Hochkulturen in China und Indien. Die Besucher dürfen sich dabei auf „wissensvermittelnde Aktionen“ zu den Ausstellungen freuen, heißt es. Geboten werden Teezeremonien, Trommelkurse, Tanzrituale, Maskenspiele, Lesungen sowie Filmvorführungen. In einem 200 Quadratmeter großen Lapidarium sollen Fragmente des früheren Schlosses ausgestellt werden.

Die Beschlüsse des Bundestags zur Rekonstruktion der historischen Fassaden an der Nord-, West- und Südseite des Humboldt-Forums müssen eingehalten werden. Eine andere Interpretation lässt die Ausschreibung nicht zu. Für die Gestaltung der Ostseite und der Kuppel dürfen die Wettbewerbsteilnehmer aber eigene Vorschläge machen. Der Volkskammersaal darf teilweise rekonstruiert werden.

Parkplätze wird es am Humboldt-Forum kaum geben. Außer für Behinderte sind lediglich 20 Abstellplätze vorgesehen. Dafür soll das Humboldt-Forum aber einen U-Bahn-Anschluss erhalten. Die Trasse verläuft diagonal unter dem Baufeld entlang. Bautechnisch wird das eine echte Herausforderung, heißt es. In den Baukosten in Höhe von 480 Millionen Euro ist dies jedoch schon einkalkuliert.
Berliner Zeitung, 05.12.2007