„Flaniermeile: Das plant die Fußgänger-Lobby für Unter den Linden“

03.11.2016 – Berliner Zeitung

Von Peter Neumann

Der Mann freut sich, das ist zu spüren. „Das ist eine sensationelle Entwicklung“, sagt Bernd Herzog-Schlagk, lange Zeit Bundesgeschäftsführer des Fachverbands Fußverkehr. Über viele Jahre hinweg hatten sich der Bauingenieur und seine Mitstreiter dafür eingesetzt, die Straße Unter den Linden in eine echte Flaniermeile zu verwandeln – mit Umbauten und Verkehrsregelungen.

Bisher zeigte man im Senat wenig Lust, sich mit der Idee der Fußgänger-Lobbyisten zu befassen. „Doch jetzt kommt da etwas in Gang“, hofft Herzog-Schlagk. Bei den Koalitionsverhandlungen liegt wie berichtet ein Vorschlag auf dem Tisch, den Straßenraum zwischen Brandenburger Tor und Schloss fußgängerfreundlich umzugestalten.

„Dazu wird die Koalition bis Ende 2017 eine umfangreiche Untersuchung in Auftrag geben“, steht auf Seite 13 des Entwurfspapiers, das die Verhandlungsgruppe Verkehr/ Mobilität am Montag verabschiedet hat. „Dabei werden auch Varianten betrachtet, die den Kfz-Durchgangsverkehr unterbinden.“

„Wir wollen keine Fußgängerzone“

Auch im Senat hat man das Problem erkannt. Bald nach dem Amtsantritt 2014 begann Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) darüber nachzudenken, was geschieht, wenn das Schloss fertig ist. Zwischen Humboldt-Forum und Museumsinsel werden viele Menschen unterwegs sein und die Karl-Liebknecht-Straße kreuzen, sagte er. Erste Idee: Bordsteine absenken, Fahrbahn pflastern. Das soll signalisieren: Fußgänger haben Vortritt!

„Wir wollen keine Fußgängerzone“, sagte Bernd Herzog-Schlagk. Wo die Friedrichstraße und andere Straßen die Mittelpromenade queren, sollen „Aufpflasterungen“ entstehen. Das heißt: Der Asphalt wird durch ein erhöhtes Pflaster ersetzt. Das soll Autofahrer ausbremsen und es den Fußgängern erleichtern, die Promenade auf ganzer Länge zu nutzen. Vor dem Schloss und der Oper wünscht sich Herzog-Schlagk wiederum eine „Begegnungszone“ als Schonraum für Fußgänger. Autos und Busse dürfen weiterhin fahren, aber nur mit Tempo 20. Sonst soll Tempo 30 gelten. „Schneller fahren die meisten dort ohnehin nicht“, berichtet Herzog-Schlagks Mitstreiter Stefan Lieb. Wie überhaupt die Einschränkung kaum spürbar sein werde: „Eine Durchgangsstraße ist das doch schon lange nicht mehr.“

ADAC fordert Gesamtkonzept

 

„Wir begrüßen es, dass sich der Senat mit dem Thema auseinandersetzt“, sagte Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schlosses. „Auch wir wollen die Straße nicht schließen.“ Doch wie auf der Mönckebergstraße in Hamburg sollten dort lediglich Busse und Taxis fahren dürfen. Das funktioniere aber nur, wenn Umfahrungen zur Verfügung stünden. Darum sei es wichtig, die Ringstraßenverbindungen auszubauen. Dazu liege seit 2008 ein Konzept des Verkehrswissenschaftlers Klaus Beckmann auf dem Tisch, so von Boddien. „Doch es wurde vom Senat nur mit spitzen Fingern angefasst.“

„Wir äußern uns zu Einzelthemen der Koalitionsverhandlungen nicht“, so Jörg Becker vom ADAC. „Wir warten ab, wie das Gesamtkonzept ausseht.“ Deshalb sei klar: Wenn es Unter den Linden zu Einschränkungen kommen sollte, dürfe die Parallel-Achse Grunerstraße/Leipziger Straße nicht wie geplant verschmälert werden. Henner Schmidt (FDP) lehnt die Pläne ab: „Ein Verkehrschaos in Mitte und eine hohe Belastung der Anwohner werden bewusst herbeigeführt.“

 

Quelle: Berliner Zeitung, 03.11.2016

 

 

27 Kommentare zu “„Flaniermeile: Das plant die Fußgänger-Lobby für Unter den Linden“

  1. Viel wichtiger ist die vollständige Rekonstruktion der Schloss Außenflächen mit Neptunbrunnen , Rossebändiger , Kaiserdenkmal ect . !!

  2. Ein Bayer der für ein Preußendenkmal ist ? i glaabs ja net.
    Alleine über den Neptunbrunnen würde ich mich freuen. Der gehört dringend renoviert.

  3. Find ick jut! Mal ehrlich, Freunde: Wenn die Linden zur Fußgängerzone werden, dann bekommt auch das schöne Schloss die einmalige Gelegenheit, von den Leuten noch besser erlebbar und begehbar zu werden. Die Straße Unter den Linden ist Berlins gute Stube. Diese durch den Verkehr einer Bundesstraße zu entwerten, stünde uns schlecht zu Gesicht. Dann müssen eben Entlastungen geschaffen werden, um den Verkehr sinnvoll umzuleiten. Ick bin ja nun ja keen Freund dieser rot-rot-grünen Bande, aber wenn ´se mal wat richtig machen, soll´s mir recht sein.

  4. Die Droschke macht Pferdeäppel und die Tiere sind völlig überfordert (nein keine Satire sondern aktuelle Diskussion einiger organisierter ‚Gutmachen‘??)

  5. Ralf Lehmann-Tag Die „GRÜNEN“ bekommen dann eben Hausverbot in der guten Stube. Ist ja eh alles zu preußisch und zu reaktionär für diese Teufelsbande. 😀

  6. Die Linden sind eine Hauptverkehrsverbindung! Macht man die dicht, ist alles links und rechts auch nicht mehr brauchbar. Die Friedrichstraße dürfte dann die längste Zeit Geschäftsstraße gewesen sein.
    Und ganz nebenbei bemerkt: Wer ist den so blauäugig und glaubt, das man dann ausgerechnet auf den Linden ungestört flanieren kann? Auch diese Fußgängerzone gehört dann, wie jede andere auch, den Pedalrittern mit ihren Rosthirschen! Der Fußgänger, also sowat altmodischet wie icke, ist da leider nur im Weg. Isso!

  7. Man kann das doch auch temporär nach 29 Abs. 2 StVO im Rahmen einer Veranstaltungserlaubnis (wie Fan-Meile) sperren und es mehrmals im Jahr an Wochenenden ausprobieren u auf diesem Weg für die Idee werben. Dafür brauche ich auch keine Jahrzehnte dauernde kostenintensive Untersuchungen (wenn man sogar Formel 1-Rennen in der City über 29.2 StVO erlaubt dürfte diese Möglichkeit kein Problem darstellen)…. Also machen, nicht labern???

  8. Die Linden waren schon (fast) immer ne „Durchgangsstraße“, Reichsstraße, Bundesstraße mit Prachtbauten. Sie sollte auch weiterhin eine Verkehrsstraße bleiben, „flanieren“ kann man (die Touris) doch wie jeher auf der Mittelpromenade oder auf den breiten Bürgersteigen. Niemand braucht dort eine Fußgängerzone, zumal es kaum nennenswerten Einzelhandel und Gastronomie gibt, zumindest nicht solche und genügend, die eine Fußgängerzone voraussetzen, aber man könnte ja einen H&M; ins Zeughaus bauen, einen Saturn in die Kommandantur und eine Thalia-Filiale in die Kommode. Dazu noch einen Starbucks in die Wache und die Fußgängerzone lohnt ?

  9. Das ist überhaupt nicht sensationell, sondern unsinnig. Den Individualverkehr dort komplett zu verbannen, heißt, die anderen Straßen ins Zentrum zu verstopfen. Eine kurzsichtige und verkehrspolitisch falsche Entscheidung.

  10. Wer fährt freiwillig Unter den Linden durch? Bei all den Touribussen? Um dann vorne rechts die kleine Strasse am Brandenburger Tor vorbei wo es sich ewig staut. Das dauert doch mindestens 20 Minuten da durch – 1 mal und nie wieder! Wer fährt denn da bitte noch durch? Und wenn es zuviel Autos sind dann müssen diese eben abgeschafft werden, anstatt sich darüber aufzuregen, dass jedes Auto nicht mehr durch eine Strasse kommt. Versteh die Aufregung nicht! Ich freue mich auf Spaziergänge über die verkehrsberuhigte Strasse Unter den Linden! Am besten ganz Berlin nur noch Car-Sharing, Taxi, Öffentliche und Touribusse – das wäre das Beste :)! Wer H&M; & überteuerten schlechten Kaffee zum flanieren braucht tut mir ehrlich gesagt auch sehr leid! Das ist ein Ort mit so viel Kultur – wer das nicht sieht frage ich mich ehrlich gesagt was er in dieser Gruppe macht.

  11. Der Verkehr ist durch die vielen Baustellen von täglich 30000 auf schlappe 8000 gesunken. Wer wird da noch wirklich belastet, wenn ich von den 8000 noch Taxi und Bus abziehe?

  12. „Fußgänger-Lobby“ – für jeden Dreck gibts heute einen Interessenverband, weil das gesellschaftlich Große-Ganze völlig am Boden liegt – traurig!

  13. Berlins Boulevards wurden (Ku’damm ) den Autos geopfert, Nun lasst doch den Boulevard unter den Linden (ich betone in seiner MITTE wie es ich für einen Boulevard gehört) wieder Aufleben…Machen wir unsere „Champs Elysées“ daraus mit seitlichen Fahrbahnen und in der Mitte wird Flaniert und alle sind zufrieden

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