Erste Großspender für die Schlossfassaden finden sich

Historische Mitte

Erste Großspender finden sich für das Schloss 

Das Berliner Stadtschloss soll 2019 seine Tore öffnen. Der Zeitplan steht. Die Zahl der Spenden für die Fassade steigt. Ein Großspender finanziert das Portal V. Gleich zwei Anwärter wollen die 15 Millionen Euro für die Kuppel finanzieren.

Als die Bundesregierung im Juni verkündete, den Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Teil ihres Sparpaketes um drei Jahre auf 2014 zu verschieben, war das für den Schlossförderer Wilhelm von Boddien ein schwarzer Tag. Das Spendenaufkommen, das bereits durch die erbittert geführte Schlossdebatte im Vorjahr gelitten hatte, brach komplett ein. Am Dienstag nun konnte der Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss wieder positive Nachrichten verkünden: „Die schweren Zeiten sind vorbei, denn endlich gibt es einen festen Terminplan.“ Den präsentierte Baustaatssekretär Rainer Bomba, der im Infocenter des Vereins am Hausvogteiplatz einen Spendenscheck in Höhe von einer Million Euro entgegennahm.

Nach Auskunft Bombas sollen 2012 umfangreiche Vorarbeiten für den Schlossbau beginnen, für 2013 ist der erste Spatenstich geplant. Mit dem Hochbau werde dann ab 2014 begonnen. 2018 soll das Schloss im Wesentlichen stehen. Bis zur Eröffnung 2019 soll auch die vom Bundestag beschlossene historische Fassade „bis auf den einen oder anderen Rest“ komplett fertig sein. Damit verzögere sich der Schlossbau, dessen Eröffnung ursprünglich für 2017 angesetzt war, lediglich um zwei Jahre.

Der überreichte Millionen-Scheck sei ein gutes Beispiel für das neue Vertrauen in das Projekt, ergänzte Schlossförderer von Boddien. Diese Summe habe ein deutscher Stifter Ende Oktober als erste Anzahlung für das Portal V von Andreas Schlüter, das sich auf der Lustgartenseite des Schlosses befindet, an den Förderverein überwiesen. „Wir haben von diesem Spender die feste Zusage, auch die restlichen 3,3 Millionen Euro für das Portal zu übernehmen“, sagte Wilhelm von Boddien weiter. Das Spendenaufkommen habe nach dem Schock im Sommer wieder deutlich Fahrt aufgenommen. Die Identität des großzügigen Mäzens dürfe er jedoch nicht lüften. „Der Spender möchte anonym bleiben. Das respektieren wir natürlich“, sagte der Geschäftsführer des Schlossvereins. Er könne lediglich verraten, dass es sich bei dem Mann um keinen Berliner handele. „Das beweist, dass das Hohenzollern-Schloss auch bundesweit wahrgenommen wird.“  

Kuppel ohne Firmenlogo

Immerhin sechs Jahre hat es gedauert, um für die Fassade 14,5 Millionen Euro einzusammeln. Benötigt werden nach dem Beschluss des Bundestags, der die Rekonstruktion der historischen Fassade ausdrücklich aus der Finanzierung ausgeklammert hat, jedoch 80 Millionen Euro. Für weitere zehn Millionen gibt es nach Auskunft des Fördervereins bereits feste Zusagen. Großspenden wie die für das Portal V sind dabei bislang die große Ausnahme.

Für den Bau der historischen Kuppel über dem prächtigen Eosanderportal dagegen, die Bundesbauminister Peter Ramsauer (CDU) erst im April dieses Jahres angesichts der Mehrkosten von 15 Millionen Euro als „Aufgabe für spätere Generationen“ definiert hatte, haben nun gleich zwei potenzielle Geldgeber „ein starkes Interesse bekundet“, bestätigte Staatssekretär Bomba Morgenpost Online. Die einmalige Chance, sich mit einer Kuppel über dem Berliner Schloss mitten in der Hauptstadt ein weithin sichtbares Wahrzeichen zu setzen, ist für potenzielle Großspender offenbar weit verlockender, als sich finanziell an der Rekonstruktion der Fassade zu beteiligen. Wer sich hinter den beiden Kuppel-Freunden verbirgt, das wollte Bomba nicht sagen. Nur so viel: „Der eine ist ein Unternehmer, bei dem anderen handelt es sich um einen Verband.“ Am Mittwoch werde mit einem der beiden im Ministerium ein Gespräch geführt, um das weitere Vorgehen auszuloten. Klar sei auf jeden Fall „dass sich über der Schlosskuppel kein Firmenlogo drehen wird“, betonte Bomba. Allerdings werde jeder Spender innerhalb des Schlosses persönlich geehrt. „In welcher Form das geschehen soll, überlegen wir noch“, sagte der Staatssekretär. Eine Möglichkeit wäre etwa nach dem Vorbild der Museen in Großbritannien, einzelne Räume nach Geldgebern zu benennen. Auch die zahlreichen Kleinspender sollen sich in geeigneter Form im Gebäude wiederfinden.

3000 Bildhauerwerke für die Schlossfassade

Schlossförderer Wilhelm von Boddien übergab nicht nur den Millionen-Scheck an die Schloss-Stiftung, sondern auch bereits geleistete Rekonstruktionsarbeiten, die in einer unauffälligen weißen Lagerhalle in einem Gewerbegebiet in Marienfelde lagern. In den stabilen Stahlregalen herrscht dort ein wildes Durcheinander von Löwen, Adlern und Widderköpfen, Genien und Hermen, Kapitellen und Konsolen in den unterschiedlichsten Bearbeitungsstufen: mal als Negativ-Form aus Silikon, als Gipsabguss, der dem Steinbildhauer als Vorlage für seine Arbeit dient, und mal als fertiges, tonnenschweres Fassadenelement aus sächsischem Sandstein.

„Für die drei Schlossfassaden brauchen wir 3000 einzelne Bildhauerwerke, für die wir insgesamt 300 unterschiedliche Modelle herstellen müssen“, so der für die Rekonstruktion der Fassadenelemente zuständige Architekt York Stuhlemmer. Während manche Stücke Unikate sind, die lediglich einmal gefertigt werden, dient beispielsweise der kleine Gipsabguss eines Löwenköpfchens gleich als Vorlage für insgesamt 470 Sandstein-Arbeiten. „36 Prozent der Fassadenobjekte haben wir als Prototyp bereits fertig“, informierte Stuhlemmer den Chef-Architekten des Humboldtforums, Franco Stella. Der zeigte sich beeindruckt von der Qualität der bereits fertiggestellten Bildhauerwerke. „Die müssen sich hinter den Originalen wahrlich nicht verstecken“, so Stella. Um die Qualität der Rekonstruktion zu gewährleisten, liegt die Endabnahme jedes einzelnen Fassadenelements jedoch nicht beim Architekten, beim Förderverein oder bei der Stiftung. „Die Sandsteinelemente werden von einer Expertenkommission fachlich bewertet und erst dann zum Einbau freigegeben“, so Stuhlemmer.

Die mehreren Hundert in der Halle gelagerten Werke sollen in Kürze umziehen. In der Schlossbauhütte auf dem Gelände der ehemaligen britischen Alexander-Barracks an der Streitstraße in Spandau sollen nicht nur die geborgenen Originalteile zu sehen sein, sondern die Öffentlichkeit soll hier ab Frühjahr kommenden Jahres Gelegenheit haben, den Baumeistern, Handwerkern und Künstlern über die Schulter zu schauen. 

Berliner Morgenpost 24.11.2010