Der nächste hässliche Klops

Humboldt-Box

Der nächste hässliche Klops

Der Aufschrei über die Gestaltung des Einkaufszentrums Alexa mit seiner rosa Fassade unweit vom Alexanderplatz hat nichts genutzt. Im Zentrum Berlins wird dieser Tage die nächste Bausünde fertiggestellt: die sogenannte Humboldt-Box auf dem Schlossplatz in Mitte, die über die Pläne zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses informieren soll.

Der Name Box klingt niedlich, doch tatsächlich ragt der Neubau fast 30 Meter in die Höhe. Wer vom Brandenburger Tor auf der Straße Unter den Linden kommt, sieht das Monstrum schon von weitem: Es macht sich so breit, dass das Rote Rathaus dahinter fast nicht mehr zu sehen ist. Schlimmer noch: Die völlig riesige Box dominiert durch ihre prominente Platzierung das Historische Zentrum mit Zeughaus, Berliner Dom und dem Weltkulturerbe Museumsinsel. Selbstverständlich wird am Schlossplatz ein Haus benötigt, dass als Informationsort für das Humboldt-Forum dient. Aber richtig wäre gewesen, eine Box zu bauen, die sich architektonisch zurücknimmt, eine Box, die ihre Nachbarschaft respektiert.

Bis Ende 2018 wird die Humboldt-Box in jedem Fall erhalten bleiben. So lange läuft der Nutzungsvertrag, den die private Firma für das Areal, auf dem das Bauwerk entstanden ist, abgeschlossen hat. Falls der Bau des Schlosses länger als bislang geplant dauert, besteht sogar die Möglichkeit, den Vertrag noch zu verlängern. Gut möglich also, dass der Klops fast ein Jahrzehnt Berlins Mitte verunstaltet.

Dass ein solches Projekt genehmigt werden konnte, ist eine Blamage für die Stadt und für die Stadtplaner. Die Planer haben diesen städtebaulichen Fehltritt erst möglich gemacht: Bei der Vergabe des Grundstücks nach einer öffentlichen Ausschreibung spielte die Architektur der Box nur eine „untergeordnete Rolle“, wie eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Mittwoch einräumte. Bei der Bewertung der eingereichten Angebote sei es nämlich außer um die Architektur zugleich um das Konzept und die Finanzierung gegangen. Wer dabei am besten abschnitt, habe den Zuschlag bekommen.

Dass die Architektur an diesem Ort nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, ist schlichtweg ein Skandal. Am Brandenburger Tor wurde vor ein paar Jahren noch ein Würstchenverkäufer vertrieben, weil er das Stadtbild gestört haben soll. Das zeigt, dass die Maßstäbe nicht mehr stimmen.

Dem Investor der Humboldt-Box ist nur schwerlich ein Vorwurf zu machen. Er verweist darauf, dass er sich mit den Maßen nur an die Vorgaben der Ausschreibung gehalten habe. Das einzige, was Berlins Mitte jetzt noch retten kann, ist, dass das Schloss schnell fertig wird und die Humboldt-Box möglichst bald verschwindet.

Berliner Zeitung am 9.Juni 2011, Text von Ulrich Paul