Der italienische Architekt Franco Stella hat seine Entwürfe präsentiert
Carsten Probst im Gespräch mit Philipp Schnee
Die gute Nachricht für alle Fans vom Berliner Schloss: Die
lange für finanziell nicht realisierbar gehaltene Kuppel ist nun doch
in Franco Stellas überarbeiteten Entwurf integriert. Der Architekt
musste die Pläne noch einmal überarbeiten.
Philipp Schnee: Bewegende Geschichte
für einen Bauplatz. 1950 wurde hier im Ostteil der Hauptstadt das
Berliner Schloss gesprengt und Platz geschaffen für den Sitz der
DDR-Volkskammer, den Palast der Republik. „Erichs Lampenladen“ wurde er
spöttelnd genannt und nach der Wende abgerissen. Der Bundestag
entschied, das Schloss soll wiedererrichtet werden nach historischem
Vorbild, im barocken Stil. Überraschender Gewinner des
Ausschreibungswettbewerbs vor drei Jahren war der italienische Architekt
Franco Stella, der dann aber seine Pläne nochmals nachbearbeiten
musste. Gestern nun hat Stella diese, die überarbeiteten Pläne,
präsentiert.
Aus Berlin zugeschaltet ist nun Carsten Probst. Er
war gestern vor Ort. Die Vorgaben für den Neubau waren recht streng.
Vielleicht können Sie uns ja kurz noch mal in Erinnerung rufen: was hat
Architekt Franco Stella daraus gemacht? Wie soll das neue Schloss
aussehen?
Carsten Probst: Ja. Die
gute Nachricht und überhaupt die Nachricht des gestrigen Abends für alle
Schlossfans war wahrscheinlich, dass die lange für finanziell nicht
realisierbar gehaltene Kuppel nun in Stellas überarbeitetem Entwurf
tatsächlich integriert ist, wenngleich noch in einer recht schmucklosen
Version. Grundsätzlich gab es erst mal auf dieser Veranstaltung großen
erleichterten Applaus, aber über die Nutzung dieser Kuppel, also was im
Endeffekt damit gemacht werden soll, ist man sich noch nicht so im
klaren. Manfred Rettig, der Vorsitzende der Stiftung Humboldt-Forum,
brachte zum Beispiel im Vorfeld ein Restaurant ins Spiel, ein
Dachrestaurant, das man dort oben ansiedeln könnte und dessen Gewinn
dann zur Finanzierung dieser Kuppel beitragen könnte. Daran sieht man,
dass Finanzierungsfragen immer eine Rolle spielen. Stella hat dann einen
weiteren, sehr wichtigen Kritikpunkt aus dem Weg geräumt: Die
Veranstaltungsräume, die zur sogenannten Agora mit gehören sollen,
sollen jetzt anders als in dem ursprünglichen Wettbewerbsentwurf nicht
mehr in den Keller verlegt werden, sondern kommen jetzt nach oben, ans
Tageslicht, und damit wird nun insgesamt der vordere, also nach Westen
gelegene Bereich der Kuppel, vor dem dann auch das geplante
Einheitsdenkmal stehen wird, sicher nun zum Haupteingangsbereich für das
Humboldt-Forum werden. Im Erdgeschoss soll dann ein Empfangssaal sein,
ein Restaurant, der Eosanderhof wird dann allerdings keine historischen
Fassaden mehr haben, das hat auch für etwas Unmut gestern gesorgt, aber
es ist nicht finanziell darstellbar. Es bleibt bei relativ nüchternen
modernen Fassaden dann in diesem Hof, aber es ist der finanziellen
Planung geschuldet. Stella betont aber trotzdem, an allen drei
Außenfassaden, wie es bisher geplant war, wird die historische Fassade
des preußischen Baumeisters Andreas Schlüter wiederhergestellt. Im
Inneren werden Teile des Schlüterhofes ihre barocke Gestalt
zurückerhalten, aber an der Ostseite, also in Richtung Spree, wird dann
nach wie vor die moderne Fassade gebaut, wahrscheinlich für
Verwaltungsräume.
Schnee: Nicht
nur bei der Kuppel, insgesamt war ja die Nutzung einer der
Hauptstreitpunkte. Die Landesbibliothek und die Humboldt-Universität
sollen ihren Platz im Gebäude erhalten. Gewidmet werden soll das Gebäude
aber vor allem, so wurde es formuliert, außereuropäischen Kulturen. Wie
genau das aussehen soll, da gab es ja vor einem Monat auf einer
Expertenkommission großen Streit. Gibt es da jetzt seit gestern mehr
Klarheit?
Probst: Nein. Die
Expertenkommission, oder besser gesagt die Ratgeberkonferenz, muss es ja
heißen, mit 30 Fachleuten aus aller Welt und aus allen möglichen
Disziplinen, hat einfach Empfehlungen abgegeben. Eine dieser
Empfehlungen lautete, das Publikum, die Leute, die Bevölkerung mehr
einbeziehen, aber auch die Fachleute aus den jeweiligen Disziplinen,
also aus der Ethnologie und aus der Asiatologie, aus den asiatischen
verschiedenen Kulturen, die sozusagen überhaupt in dieses Museum
hineinkommen sollen und erst mal beraten sollen, welche
Ausstellungsstücke man wieder präsentiert. Grundsätzlich muss man
einfach sagen, erstens die gestrige Veranstaltung ist schon eine Folge
aus dieser Ratgeberkonferenz, denn von nun ab ist die Bevölkerung und
sind andere Fachleute auch aufgefordert, Ideen einzubringen, und
zweitens das inhaltliche Konzept, so wie es 2009 beispielsweise in einer
Vorabausstellung mal hier in Berlin vorgestellt wurde, mit diesen
verschwimmenden riesigen Flächen aus Materialcollagen aus
verschiedensten Kulturen, das scheint, ziemlich vom Tisch zu sein. Zum
Beispiel sagt Klaas Ruitenbeek, der Leiter des Museums für asiatische
Kunst, wir werden eigentlich ein ziemlich normales Museum haben. Das
erstaunt dann im Endeffekt doch nach diesen Jahren der spekulativen
Planung, was für ein großartiges Museum offenkundig das Humboldt-Forum
sein soll.
Schnee: Barocke
Fassaden zu rekonstruieren, Barockes ganz neu aufzubauen, ist nicht
unumstritten. Das war es nie. Wird darüber momentan noch in Berlin auch
diskutiert?
Probst: Ja. Es gibt
natürlich auch auf diesem Forum immer wieder Einwände. Letztlich gab es
Versuche, auch auf diesem Forum, noch einmal den Feudalismusverdacht zu
erhärten. Aber das wurde von dieser Versammlung, jedenfalls auf dieser
Versammlung, ziemlich gnadenlos niedergebuht. Das findet sich, der
Widerstand findet sich zurzeit eher im Internet, in Internet-Foren, wo
ziemlich viele Einwände noch immer gegen den Schlossbau an sich auch
kommen, während die Schlossbefürworter sagen, nun verliert doch mal in
Würde. Grundsätzlich, glaube ich, könnte es sein, dass dann, wenn der
Schlossbau tatsächlich begonnen wird, es noch einmal einen Aufschwung
von Widerstand geben wird, wahrscheinlich nicht wie bei Stuttgart 21,
das vermute ich nicht, aber interessanterweise auch von einer anderen
Seite, denn in der Umgebung des Schlosses, des geplanten Schlossneubaus
sind auch viele andere alte Fundamente aus dem historischen Berlin
inzwischen gefunden worden, und nun gibt es etliche Leute die sagen, man
müsse die ganze Planung für die Berliner Mitte noch einmal überdenken,
beispielsweise in der Nähe des Roten Rathauses, wo das alte historische
Rathaus von Berlin gefunden wurde, aber auch bei den Schlossfundamenten
selbst, die nun sichtbar oder doch vielleicht nicht sichtbar gemacht
werden sollen, also teilweise vielleicht schon. Es geht da auch um die
U-Bahn, die das Schloss und das Humboldt-Forum erschließen soll und auch
das Rathaus. All das sind Planungen, die natürlich integral mit dieser
Gesamtplanung auch verbunden sind, für diese Mitte, für den
Schlossplatz, und da gibt es offensichtlich auch von einer eher
konservativen Seite, die bisher das Schloss eher befürwortet hat,
Einwände, ob man diese riesigen Schlossvolumen überhaupt so durchführen
kann, ob man nicht andere, vielleicht begehbare archäologische Stätten
doch sichtbarer gestalten muss. Das ist auch noch nicht entschieden.
Schnee:
Vielen Dank! – Carsten Probst war das im Gespräch über den Neubau des
Berliner Schlosses. Gestern wurden die überarbeiteten Pläne des
Architekten Franco Stella vorgestellt.
Deutschlandradio Kultur am 26.Mai 2011