Berliner Stadtschloss: Baurecht zwingt zu Kompromissen

Berliner Stadtschloss: Baurecht zwingt zu Kompromissen

Das Original. In seiner ursprünglichen Gestalt wird das Schloss nicht wiederhergestellt. Die Kuppel wird nur in einer abgespeckten Form entstehen. Die Rossebändiger (rechts oben) stehen in Schöneberg, die Adlersäule (re unten) liegt in einem Depot, und die Ostfassade wird nicht aus Steinen gemauert, sondern aus Beton gegossen. Fotos:

Historisches Umfeld des Berlines Schlosses lässt sich wegen Auflagen kaum wiederherstellen. Am heutigen Mittwoch stellt Stiftung ihre Baupläne vor

Berlin – Das Berliner Baurecht zwingt die Planer des Schlosses in ein enges Korsett und stellt eine Wiederherstellung des Umfeldes in seiner historischen Gestalt infrage. Mehrere hundert Edelstahlbügel für Fahrräder, Stellplätze für Reisebusse, Feuerwehr- und Notarztwagen sowie ein Wald von Schildern für die internationalen Fahrradwege, die sich vor dem Schloss kreuzen, werden viel Platz vor dem künftigen Haupteingang am Eosanderportal einnehmen. Und weil viele Fenster aus Kostengründen nicht geöffnet werden können, soll rund um den Neubau eine Schneise geschlagen werden: auf der das Hubfahrzeug der Fensterputzer kreist.

„Der Lustgarten, die Schlossfreiheit und der Schlossplatz werden komplett zugestellt“, befürchtet der Stadthistoriker Benedikt Goebel. Wenn Berlin das 552 Millionen Euro teure Schloss nicht von den üblichen Bauauflagen befreie, dann sei sogar die Anlage der Schlossterrassen infrage gestellt. Vor allem aber bestünden kaum Chancen, dass der Neptunbrunnen, die Rossebändiger und die Adlersäule wieder an ihren angestammten Platz zurückkehren. Der Neptunbrunnen, der früher Schlossbrunnen hieß, steht heute verloren in der steinernen Wüste des Marx-Engels-Forums und die beiden Rossebändiger im Schöneberger Kleistpark. Die Adlersäule soll in einem der Berliner Skulpturendepots lagern.

Die „Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum“ stellt am heutigen Mittwoch um 19 Uhr im Audimax der Humboldt-Universität ihre Baupläne vor. Der Chef der „Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum“ Manfred Rettig hält sich zur Gestaltung der Außenanlagen bedeckt. Er vertraue auf den Wettbewerb, der noch in diesem Jahr unter der Regie von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ausgelobt werden soll. Die historische Gestalt des Ortes werde in den Ausschreibungstext aufgenommen, sagt er. Ansonsten ist Rettig zuversichtlich: „Ich traue der Architektenschaft zu, dass sie das Umfeld kreativ gestaltet“. Schloss-Architekt Franco Stella will in dem Werkstattgespräch den Stand des Vorhabens präsentieren und es zur Diskussion stellen, bevor die Pläne der Senatsbaubehörde in Berlin und dem Bundestag vorgelegt werden.

Zum Umfeld des Schlosses wird auch eine Zufahrt zum Keller gehören, über den die Versorgung des Gebäudes erfolgen soll. Diese wird an der südlichen Fassade des Bauwerkes entstehen, genau an der Schnittstelle zwischen der rekonstruierten Schlüterfassade und der von Franco Stella entworfenen, zur Spree gebenden Ostfassade. Diese wird aus einem ähnlichen Material wie das Kaufhaus Alexa gestaltet: aus Sichtbeton, „Architekturbeton“ nennt es die Stiftung allerdings, weil die Oberfläche bearbeitet wird. Am Schloss wird der Baustoff sandsteingelb erscheinen. Sichtbeton ist ein preiswerter Baustoff, dessen leicht poröse Oberfläche unbearbeitet anfällig ist für Umwelteinflüsse: vom Dach ablaufendes Wasser oder Schmutzpartikel.

Dass der Schlossbrunnen an seinen historischen Standort zurückgebracht wird, ist unwahrscheinlich. Denn dazu müsste ein Verteiler für Fernwärmeleitungen verlegt werden, der sich dort befindet. Das würde Kosten verursachen, die niemand tragen will. Weil das Humboldtforum eine Begegnungsstätte werden soll, sind auch Restaurants und Cafés geplant: Im Schlüterhof, an der zum Lustgarten orientierten Nordseite sowie an der Ostfassade. Im Gespräch, aber nicht im Budget ist auch ein Dachrestaurant mit Platz für 200 Besucher. Die Kosten in Höhe von 3,3 Millionen Euro könnten durch den Betrieb eingespielt werden.

Potsdamer Neueste Nachrichten, www.bnn.de am 25.Mai 2011,Text von Ralf Schönball