„Belehrungsschuppen“

05.09.2017  WELT

Zu: „Eine Showtreppe für Wilhelm Zwo“ vom 2. September

 

Whoff! Endlich einmal ein Artikel, der mit Witz und Kreativität die unendlich moralinsaure Diskussion um die zukünftigen Inhalte des Humboldt-Forums mit einem Blitzgedanken schreddert. Die Auslassungen von „Berufenen“ zur Präsentation der völkerkundlichen Sammlungen reduzieren sich in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend auf die deutsche Kolonialgeschichte, so als sei sie der Nukleus preußisch-deutscher Geschichte, passt sie doch als Baustein wunderbar in den Gedenkzeremonienalltag.

Als ich im Autoradio auch noch hörte, wie Klaus Lederer als Berliner Kultursenator und Bürgermeister der Linken eine neue Deutungshoheit zu diesem Thema beanspruchte, wäre ich fast meinem Vordermann hinten reingefahren. Nach meiner bisherigen Einschätzung verspricht das Humboldt-Forum, ein pädagogischer Belehrungs- und Bewältigungsschuppen zu werden, den nur Schulklassen (zwangsweise) und Anhänger von Herrn Lederer (freiwillig) aufsuchen werden. Die reichen preußisch-deutschen ethnologischen Sammlungen, die Kunst- und Geschichtsartefakte böten die Chance, im Herzen Berlins einen Weltleuchtturm zu errichten.

Tilman Krause hat völlig recht, wenn er auf Crossover-Experimente berlinischer Galerieausstellungen verweist – nur so schafft man Interesse beim Publikum, mehr Feuerwerk als Dogmatik! Die Schau über deutsche Kolonialgeschichte im Deutschen Historischen Museum war ja auch mehr Pädagogik als Ausstellungsattraktion. Ein neues kreatives Konzept sollte ein erregendes Spannungsfeld zu den wiedererrichteten Raumstrukturen des Königs- und Kaiserschlosses erzeugen, die Showtreppe für Wilhelm Zwo ist hierzu eine erste wunderbare Idee.

Bei der beabsichtigten Ausformung der Außenbereiche des Schlosses sehe ich allerdings auch Handlungsbedarf. Ein Spannungsfeld mit „Neuem“ entsteht nicht durch Weglassen z. B. des Neptunbrunnens und der Lustgartenterrasse mit Rossebändigern und Oranierfürsten. Dieses Minimierungskonzept zeigt nur die Armut des Raumes und des Geistes. Mit dem Konzept der Einheitswippe auf dem Sockel des alten Kaiserdenkmals wird nun der Versuch unternommen, neue Inhalte und deren Form in ein Spannungsfeld zum Schloss zu bringen. Wir werden sehen, ob diese populistische Symbolik länger geduldet wird als das Kaiserdenkmal.

Günter Wilkens, Hamburg

 

Quelle: WELT, 05.09.2017

 

 

Ein Kommentar zu “„Belehrungsschuppen“

  1. ja ,dieser Artikel spricht für sich.Schluss mit dem ganzen Ideologie-Gequatsche.Wer sich die Inhalte des Humboldt Forums ansehen will,kann das gerne tun,wer nicht kann zu einer Partei-Versammlung der Linken gehen und sich weiter aufhetzen lassen.

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