ARCHITEKTUR: Mauern wie bei Schlüter – Franco Stella stellt überarbeitete Pläne für das Berliner Stadtschloss vor

ARCHITEKTUR: Mauern wie bei Schlüter

Franco Stella stellt überarbeitete Pläne für
das Berliner Stadtschloss vor

BERLIN –
Nachdem Franco Stella im Herbst 2008 den Architektenwettbewerb gewonnen und
dann der Bundesbauminister den Baustart aus Kostengründen verschoben hatte, war
es recht ruhig geworden um den Bau des Berliner Stadtschlosses. Aber das
Interesse an dem Projekt scheint ungebrochen. Jedenfalls waren am Mittwochabend
400 Menschen gekommen, um bei der öffentlichen Präsentation von Stellas
überarbeiteten Entwürfen dabei zu sein. Die Veranstaltung musste kurzfristig in
einen größeren Saal verlegt werden.

Stella war bis zum Gewinn des Architektenwettbewerbs in
Deutschland kaum bekannt. Mit einem Projekt, das auch nur annähernd mit dem
Berliner Schloss vergleichbar ist, war er nie befasst. Das führte zu
Misstrauen. Mitbewerber Hans Kollhoff reichte Klage ein, aber ohne Erfolg.
Stella war der Sieg im Wettbewerb nicht aberkannt worden. Trotzdem haben ihn
viele seiner deutschen Kollegen bespöttelt.

Nun nutzte der Italiener den öffentlichen Auftritt in der
Humboldt-Universität, um ins Schwärmen zu geraten. Stella hatte das Publikum
von Beginn an auf seiner Seite. „Das Schloss lag nicht in Berlin, das Schloss
war Berlin“, zitierte auch er den Verleger Wolf Jobst Siedler, der stolz darauf
verweisen kann, den Kernsatz aller Schlossfreunde formuliert zu haben.

Bis zum Baubeginn werden noch mindestens zwei Jahre ins
Land gehen. Aber bereits Ende Juni soll auf dem Schlossplatz die Infobox
errichtet sein, in der das 552-Millionen-Euro-Projekt für Besucher im Kleinen
erlebbar wird. Zudem leistet die Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum mit
öffentlichen Debatten Überzeugungsarbeit. Am 8. Juni will die Stiftung das
Projekt absegnen. Danach wird es dem Haushaltsausschuss des Bundestags und
anschließend den Baubehörden zur Genehmigung vorgelegt. Im Jahr 2018 können,
wenn alles glatt läuft, die Nutzer einziehen: die Berliner Museen mit ihren
Sammlungen, die bislang in Dahlem zu sehen sind, Bereiche der
Humboldt-Universität und die Landesbibliothek.

Den Plänen zufolge erhalten drei Schlossfassaden –
Ausnahme ist die in Richtung Alexanderplatz – sowie Teile des Innenhofes und
einige Portale die ursprünglichen barocken Verzierungen zurück. Über dem
Eosanderportal wird eine Kuppel gebaut. Aus Kostengründen ist aber nur eine
vergleichsweise schlichte Stahlkonstruktion zu erwarten. Stella versicherte,
dass es sich bei den drei im Barockstil gestalteten Fassaden keineswegs um
Attrappen handeln werde. Das Mauerwerk, das die Figuren und Verzierungen trage,
werde 60 Zentimeter stark sein, also wie beim Originalbau von Andreas Schlüter.

Die Kosten für den Zierrat müssen von Spendern gedeckt
werden. Gebraucht werden 80 Millionen Euro. „Der aktuelle Spendenstand weist 15
Millionen Euro Barvermögen aus“, sagte Wilhelm von Boddien, der nimmermüde
Schlossförderer und Spendensammler. Feste Zusagen gebe es über weitere sieben
Millionen Euro. Angesichts dessen, dass mit dem Bau noch gar nicht begonnen
wurde, sei das eine erhebliche Summe, so von Boddien. 19 Jahre sind es
inzwischen her, als er den Förderverein Berliner Schloss initiiert hatte. Es
scheint, dass der Hamburger das Ergebnis seiner Bemühungen tatsächlich noch
bestaunen kann. (Von Stephan Laude).

Märkische Allgemeine am 27.Mai 2011