Architekt stellt Pläne für Berliner Schloss vor

Architekt stellt Pläne für Berliner Schloss vor

Berlin – Ein Besuchermagnet soll es werden, ein Ort der Identitätsstiftung und Selbstfindung: Als Franco Stella seine Pläne für das künftige Berliner Schloss präsentiert, gerät er in der Humboldt-Universität bald ins Schwärmen.

Der Italiener, von deutschen Fachleuten gerne bespöttelt, spricht am Mittwochabend wohl vielen Menschen im großen Hörsaal aus der Seele. «Das Schloss lag nicht in Berlin, das Schloss war Berlin», zitiert Stella den Verleger Wolf Jobst Siedler – und hat von Beginn an das Publikum auf seiner Seite.

Zwar werden bis zum Baubeginn noch mindestens zwei Jahre ins Land gehen – für das neue Prunkstück läuft man sich in Berlin aber langsam warm. Demnächst soll auf dem Schlossplatz in einer Infobox das 552-Millionen-Euro-Projekt für Besucher im Kleinen erlebbar werden. Mit öffentlichen Debattenrunden betreibt die Stiftung Berliner Schloss-Humboldtforum Überzeugungsarbeit und gewährt Einblick in die Planungen.

Lange hatte man über Für und Wider einer wiederaufgebauten Hohenzollernresidenz debattiert, die Bundesregierung legte das Vorhaben vorübergehend auf Eis – doch nun haben die Vorbereitungen Fahrt aufgenommen. Am 8. Juni will die Stiftung das Projekt absegnen, dann wird es den Haushältern im Bundestag und anschließend den Baubehörden zur Genehmigung vorgelegt. Baubeginn soll 2014 sein, 2018 sollen die Nutzer – die Berliner Museen, die Humboldt-Universität und die Landesbibliothek- einziehen.

Einem Vorwurf begegnet Stella mit Vehemenz: Die Barockfassade an drei der vier Schloss-Seiten werde «keine Attrappe» sein. 60 Zentimeter dickes Mauerwerk soll die Figuren und Verzierungen tragen – genauso wie es der preußische Baumeister Andreas Schlüter konzipiert hatte. Gegen die moderne Lochfassade an der Ostseite, die Stella «Belvedere» nennt, regt sich nur leiser Unmut im Saal.

Immer wieder bemüht Stella die Klassiker, stellt etwa die «Agora» hinter dem Haupteingang als Theater dar, wo Stiftungschef Manfred Rettig dann lieber von einem Veranstaltungssaal spricht. Aber auch er nennt den Nord-Süd-Durchgang zwischen Lustgarten und Marstall «die künftigen Uffizien von Berlin».

Deutlich wird aber in der Debatte auch, dass mit dem Schloss die Bäume nicht in den Himmel wachsen werden. Auf einer Folie zeigt Rettig jene Tore und Räume, für deren Rekonstruktion schlicht das Geld fehlt – und hofft auf spendable Schlossfans. Die Kuppel über dem Haupteingang soll zunächst ganz ohne Ornamente auskommen.

Dafür soll es ein Restaurant geben, fast genau an jenem Ort, wo im abgerissenen «Palast der Republik» der untergegangenen DDR die Gaststätte stand. Hierher könnten Paare, die einst in «Erichs Lampenladen» – eine satirische Anspielung auf DDR-Staatschef Erich Honecker – ihre Heirat feierten, zu ihrem Hochzeitstag kommen, sagt Stiftungschef Rettig.

Borkener Zeitung am 26.Mai 2011