An die Arbeit, Leute

An die Arbeit, Leute!

Bevor der Kulturbetrieb Weihnachtspause macht, hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann noch einmal ein bemerkenswertes Zeichen gesetzt und einen Projektleiter sowie einen achtköpfigen Beraterkreis für das Humboldt-Forum berufen. Da das Humboldt-Forum physisch sichtbar erst mit der Grundsteinlegung für das wieder zu errichtende Stadtschloss 2013 vorankommen wird, war es umso nötiger, dem konzeptionellen Diskurs Gesicht und Stimme und eine wenn auch nur weiche institutionelle Form zu geben.

Als Projektleiter ist der Schweizer Martin Heller zwar noch nicht der immer wieder geforderte Intendant des Humboldt-Forums, der für die Veranstaltungsprogramme verantwortlich zeichnen wird. Aber er ist doch immerhin in der Position, die immer noch am wenigsten konkrete, die performative Dimension des Projektes zu prägen. Heller war in den vergangenen fünf Jahren Intendant der Europäischen Kulturhauptstadt Linz. Als Organisator und Kulturmanager mangelt es ihm also nicht an Erfahrung. Gleichzeitig ist er aber auch studierter Ethnologe und europäischer Volkskundler. Ihm ist also auch der kulturelle Stoff vertraut, von dem das Humboldt-Forum hauptsächlich leben wird: Es sind die ethnologischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin. Wenn man eine Erwartung an Heller formulieren muss, dann ist es die: Das Humboldt-Forum darf kein herkömmliches Museum mit angeschlossener Spektakel-Bühne werden. Es muss museale Sammlungen, Wissenschaft und städtische Öffentlichkeit beispielhaft in ein neues Verhältnis setzen. Es spricht manches dafür, dass Martin Heller dafür der richtige Mann ist.

Seine Berater stehen durch Prominenz, Erfahrung und kulturpolitischen Einfluss dafür, dass das Projekt Humboldt-Forum endlich aus der Phase akademischer oder feuilletonistischer Lockendreherei heraus kommt. Es gibt keine Überraschung bei diesen Namen, es gehören zum Beraterkreis Persönlichkeiten, die man dort haben möchte, wenn etwas Solides und nichts Esoterisches oder intellektuell Überspanntes bei der Sache heraus kommen soll, Leute, die alle ihre Verdienste darum haben, Kunst oder Wissenschaft unters Volk zu bringen: Staatsopernintendant Jürgen Flimm etwa; der Soziologe Wolf Lepenies, der lange das Berliner Wissenschaftskolleg leitete; Goethe-Präsident Klaus-Dieter Lehmann, der so etwas wie die geistige Vaterschaft für das Humboldt-Forum beanspruchen kann; Okwui Enwezor, der Chef der documenta11; Hortensia Völckers, die als Direktorin der Kulturstiftung des Bundes eine begnadete Netzwerkerin ist; der indische Medienwissenschaftler Arjun Appadurai und die Kopenhagener Museumsdirektorin Jette Sandahl stehen für Internationalität; und schließlich ist auch Bernd M. Scherer mit von der Partie, der im Tiergarten schon lange die Fahne der außereuropäischen Kulturen hoch hält. Jetzt kann man nur noch sagen: An die Arbeit!

Die Welt|, 21.12.2010