04.04.2016 Berliner Morgenpost
Heftige Kritik haben die Pläne für das Umfeld des Humboldt-Forums ausgelöst. Politiker warnen vor einem „urbanen steinernen Platz“.
Die geplante Außengestaltung am Berliner Schloss ist im Abgeordnetenhaus auf heftige Kritik gestoßen. Im Kulturausschuss warnten Vertreter von CDU, Grünen und Piraten am Montag vor einer „Betonwüste“ um die rekonstruierte Preußenresidenz herum. „Das entspricht gar nicht unseren Vorstellungen“, erklärte der CDU-Abgeordnete Stefan Schlede. Grünen-Kulturexpertin Sabine Bangert sprach von einem „urbanen steinernen Platz mit Null Aufenthaltsqualität“.
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher verteidigte dagegen die Entscheidung der Jury. Der Siegerentwurf erlaube eine zeitgemäße Gestaltung, die die historischen Bezüge des Ortes aufgreife. Offen ist bisher, ob der Neptunbrunnen und die Rossbändiger an ihre angestammten Plätze zurückkehren. Das Schloss soll von 2019 an unter dem Namen Humboldtforum ein Kunst- und Kulturzentrum werden. Für die Außengestaltung sind laut Lüscher 16,6 Millionen Euro vorgesehen.
Quelle: Berliner Morgenpost, 04.04.2016
Nicht nur die
Abgeordneten fürchten eine Beton- oder Steinwüste mit geringer
Aufenthaltsqualität. Nach dem derzeitigen Schlossplatzentwurf stünde das
Gebäude nackt, distanzlos und ungeschützt auf einem riesigen Steinplateau. Man
stelle sich vor, ein Chaot geht mit sprühender Spraydose oder kratzendem
Schraubenzieher direkt entlang der Fassade.
Warum rekonstruiert man nicht die ehemaligen, rundum laufenden
Rasen- und Buchsbaumrabatten und die Schlossterrassen, die auch der Förderkreis
in den Simulationen zeigt? Diese würden nicht nur das Schloss optisch „einbetten“,
sondern auch eine schützende Hemmschwelle bilden, Fußgänger zumindest symbolisch
auf Distanz halten und so zum Fassadenschutz beitragen.
In Berlin werden
derzeit viele „zeitgemäße“ Bauten und ganze Stadtviertel hochgezogen, oftmals
mit faszinierend mutiger, moderner Architektur. Das ist beeindruckend und
sicher auch Frau Lüscher zu verdanken,
die ich nicht um ihre vielen Nörgler und Gegner beneide.
Noch ein Wort an Frau Regula Lüscher:
Rechtfertigen Sie
doch bitte den nackt-steinernen Schlossplatz-Entwurf nicht mit dem Totschlag-Argument „zeitgemäß“.
Wenn viele Experten und interessierte Laien die Rabatten-Umrahmung des Schlosses und die Schlossterrassen wieder entstehen
lassen wollen, und wenn sie die Rossebändiger
und den Neptunbrunnen an die
authentischen Plätze zurückversetzt sehen wollen , dann ist das keine
historisierende, antiquierte Fantasiegestaltung konservativer Romantiker, sondern
Teil einer authentischen Stadtreparatur. Diese wäre nicht nur optisch
ansprechender und praktischer als „Abstandhalter“
gegenüber Passanten und pinkelnden Hunden, sondern auch historisch bedeutsam und gerechtfertigt.
Die Rekonstruktion wäre gegenüber dem Umfeld im wahrsten Sinne zeitgemäßer.