12.12.2017 Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
12. Januar – 29. April 2018 Eine Sonderpräsentation des Kunstgewerbemuseums – Staatliche Museen zu Berlin, Eröffnung und Buchpräsentation: Donnerstag, 11. Januar 2018, 19 Uhr
Das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin feiert 2017/2018 sein 150-jähriges Jubiläum und blickt aus diesem Anlass mit mehreren Ausstellungen zurück auf seine Anfänge. Die Sonderpräsentation „Berliner Schatzhäuser“ skizziert anhand museumsgeschichtlich bedeutender Objekte die 150-jährige Entwicklung der Sammlung an sieben verschiedenen Standorten und vermittelt eine Vorstellung von den sich wandelnden Aufgaben des Kunstgewerbemuseums. Parallel zur Ausstellung erscheint eine von Barbara Mundt erarbeitete Chronik des Kunstgewerbemuseums.
Am 25. März 1867 konstituierte sich der Trägerverein „Deutsches Gewerbe-Museum zu Berlin“, dessen Satzung am 5. August 1867 durch königlichen Erlass bestätigt wurde. Dieser Tag darf als das eigentliche Gründungsdatum des Kunstgewerbemuseums gelten, dem ersten seiner Art in Deutschland und dem dritten in Europa. Der damals neue Museumstyp entsprach ökonomischen Notwendigkeiten: Mit der Zunahme industrieller Massenproduktion und den seit 1851 stattfindenden Weltausstellungen geriet das Handwerk in eine bis dahin ungekannte Konkurrenzsituation. Aufgabe des Deutschen Gewerbe-Museums sollte es sein, „den Gewerbetreibenden die Hülfsmittel der Kunst und Wissenschaft zugänglich zu machen“. Geplant waren eine technisch-wissenschaftliche Sammlung von Proben, Produkten und Modellen sowie ein „Museum für ornamentale Kunst“, die beide als Vorbilder- und Mustersammlungen das Qualitätsbewusstsein im Handwerk und in der Industrie fördern und damit deren Wettbewerbsfähigkeit steigern sollten. Zu diesem Zweck wurde das Institut in einer dreiteiligen Struktur organisiert: Es umfasste neben der Museumssammlung eine Unterrichtsanstalt sowie eine Spezialbibliothek.
Die Sammlung des Deutschen Gewerbe-Museums fand sein erstes Domizil im ehemaligen Diorama der Gebrüder Gropius in der Stallstraße 7 (heute Universitätsstraße), wo am 7. April 1868 in zwei Sälen eine ständige Ausstellung eröffnet wurde. Ende Mai 1873 bezog das Museum dann erheblich größere, aber noch immer provisorische Räumlichkeiten in zwei zuvor von der Königlichen Porzellan-Manufaktur genutzten Fabrikgebäuden in der Königgrätzer Straße 120 (heute Stresemannstraße). In den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts kam es unter der Leitung des ersten Sammlungsdirektors Julius Lessing zu einer rasanten Vermehrung der Bestände. 1873 übertrug der preußische Staat dem Museum über 4000 Objekte aus der Sammlung des Liegnitzer Gewerbedezernenten Alexander von Minutoli und am 29. November 1875 erfolgte die Überweisung von rund 6500 Werken aus dem Bestand der Königlichen Kunstkammer. Regelmäßig tätigte das Museum umfangreiche Erwerbungen auf den Weltausstellungen. Die in den Gründungsjahren verfolgte Absicht der Erwerbung technischer Muster wurde mehr und mehr zugunsten der Kunstsammlung aufgegeben: „Die Sammlung des Museums hat in erster Reihe die Bestimmung, dem heimischen Kunstgewerbe Vorbilder zu geben. Zu diesem Behufe gilt es, das Vorzüglichste herbeizuschaffen, was zu irgendwelchen Zeiten, in irgendwelchen Ländern auf diesem Gebiete hervorgebracht worden ist“ (Julius Lessing, 1881). Folgerichtig wurde das Museum am 27. Juni 1879 in „Kunstgewerbe-Museum zu Berlin“ umbenannt.
Der 1877 begonnene Museumsneubau in der Prinz-Albrecht-Straße 7 (heute Niederkirchnerstraße) wurde am 21. November 1881 im Beisein des preußischen Kronprinzenpaars – entschiedenen Förderern des Museums – eröffnet. In dem von Martin Gropius und Heino Schmieden entworfenen Gebäude inszenierte Julius Lessing im Erdgeschoss einen chronologisch-stilgeschichtlichen Rundgang und im Obergeschoss Darstellungen der verschiedenen Materialgattungen – ein bilaterales Ausstellungskonzept, das für kunstgewerbliche Sammlungen im Kern bis heute relevant geblieben ist. Das in knapp zwei Jahrzehnten zu Weltgeltung gelangte Berliner Kunstgewerbemuseum, bis dahin formal noch immer von einem privatrechtlichen Verein getragen, fand am 31. März 1885 Aufnahme in die Reihe der Königlichen Museen.
Nach der Abdankung Kaiser Wilhelms II. wurde am 29. Januar 1920 der Vorschlag des Kultusministeriums der Weimarer Republik bestätigt, das Kunstgewerbemuseum aus dem Gropius-Bau in das Berliner Schloss umzusiedeln. Am 1. September 1921 erfolgte die Eröffnung des nunmehr „Schlossmuseum“ genannten Museums an seinem neuen Standort. Die unter der Leitung des seit 1908 amtierenden Direktors, Otto von Falke, erfolgte Integration der Museumssammlung in die Schlossräume und ihre Verflechtung mit der verbliebenen Schlossausstattung erntete insbesondere von denkmalpflegerischer Seite zunächst harsche Kritik. Für das Kunstgewerbemuseum bedeutete der Einzug in das Berliner Schloss die weitgehende Aufgabe seiner Funktion als Vorbilder- und Mustersammlung für Handwerker und Gewerbetreibende. Als „Schlossmuseum“ war es nun vor allem ein Kunstmuseum im bedeutendsten historischen Gebäude Berlins, das von einem breiten und zunehmend touristischen Publikum besucht wurde. Es war daher nur konsequent, dass 1924 die Bibliothek des Kunstgewerbemuseums als Staatliche Kunstbibliothek zu einer selbständigen Abteilung der Berliner Museen wurde und noch im gleichen Jahr die Unterrichtsanstalt abgetrennt und mit der Hochschule für bildende Künste vereinigt wurde.
Unmittelbar nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde mit der Bergung der Sammlung begonnen, zunächst in den Schlosskellern und im Tresor der Preußischen Staatsbank, später im Tresor der Neue Münze am Molkenmarkt und im Flak-Leitturm im Friedrichshain. Seit 1942 wurden zudem verschiedene Schlösser außerhalb Berlins als Bergungsorte genutzt. Schließlich verlagerte man gegen Kriegsende umfangreiche Sammlungsteile in die Salzbergwerke in Grasleben, Schönebeck und Kaiseroda. Die bis 30. Juni 1945 geltende Demarkationslinie zwischen den Besatzungsmächten war ausschlaggebend dafür, welche Bestände des Schlossmuseums von sowjetischen Trophäenkommissionen beschlagnahmt wurden und welche in den Central Collecting Point der Amerikaner im Landesmuseum Wiesbaden bzw. in das Zonal Fine Arts Repository der Briten im Schloss Celle gelangten. Nur ein kleiner Teil der Sammlung verblieb nach Kriegsende in Berlin oder kam direkt zurück.
Die Sprengung des Berliner Schlosses im Herbst 1950 vollendete die Katastrophe: Das Kunstgewerbemuseum hatte nun nicht nur die Verfügung über den Großteil seiner Bestände verloren, sondern auch sein glanzvolles Domizil. Es bezog eine Unterkunft in der Halbruine des ehemaligen Logenhauses „Zu den drei Weltkugeln“ in der Splittgerbergasse 2–3. Im Herbst 1958 wurde ein großer Teil der 1946 in die Sowjetunion verbrachten Kunstwerke an die DDR übergeben. Ab Januar 1963 bezog der Ost-Berliner Sammlungsteil in einer couragierten Aktion seines jungen Direktors Günter Schade das Schloss Köpenick, das am 22. Juni 1963 als Kunstgewerbemuseum eröffnet wurde.
Die aus den Kunstdepots der Westalliierten in die Treuhandschaft der Länder Hessen und Niedersachsen gelangten Bestände waren zumeist zwischen 1956 und 1958 in den Westteil Berlins verbracht worden, wo sie im Gebäude des ehemaligen Landwehr-Kasinos in der Jebensstraße 2 deponiert wurden. Der damit in West-Berlin etablierte Teil des Kunstgewerbemuseums präsentierte ab dem 8. Juni 1963 eine ständige Ausstellung ausgewählter Werke vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert im Knobelsdorff-Flügel des Charlottenburger Schlosses. Schon damals war klar, dass dies nur eine Interimslösung sein würde, denn am 28. September 1962 war der Beschluss gefasst worden, dass die Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Tiergartenviertel einen dritten Standort mit einem Neubau für das Kunstgewerbemuseum erhalten sollten. Nach einem Wettbewerb 1965/66 erfolgten zwischen 1968 und 1972 die Planung und ab 1978 die Errichtung des von Rolf Gutbrod entworfenen Museumsgebäudes in der Tiergartenstraße 6, das am 10. Mai 1985 eröffnet wurde.
In Folge der zum 1. Januar 1992 vollzogenen organisatorischen Wiedervereinigung der geteilten Sammlung wurde beschlossen, die beiden Standorte im Gutbrod-Bau und im Schloss Köpenick auch künftig zu nutzen. Nach einer mehrjährigen Grundinstandsetzung des Köpenicker Schlosses wurde dieses am 27. Mai 2004 als Dependance des Kunstgewerbemuseums für Werke der Raumkunst aus Renaissance, Barock und Rokoko neu eröffnet. Das Hauptgebäude am Kulturforum wurde ab 2012 nach Plänen des Büros Kuehn Malvezzi in weiten Teilen umgestaltet. Das am 21. November 2014 wiedereröffnete Haus präsentiert seither neben einem breiten Überblick zur Entwicklung des Kunsthandwerks von den sakralen Geräten des Mittelalters bis zum Design der Gegenwart auch den neu etablierten Sammlungsschwerpunkt der Mode des 18. bis 21. Jahrhunderts. Damit wurde die kriegsbedingte zufällige Teilung der Sammlungsbestände durch eine Neukonzeption abgelöst, die beiden Museumsstandorten ein jeweils eigenes Profil verliehen. Architektonisch könnten die beiden gegenwärtigen Domizile des Museums gegensätzlicher nicht sein. Was den unvollendet gebliebenen barocken Schlossbau in Köpenick und den baugeschichtlich bedeutenden Gutbrod-Bau am Kulturforum miteinander verbindet, ist ihre Funktion als „Schätzhäuser“ für die überaus reichen Sammlungen des nunmehr 150-jährigen Berliner Kunstgewerbemuseums.
Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums erscheint im Böhlau Verlag die Publikation „Museumsalltag vom Kaiserreich bis zur Demokratie. Chronik des Berliner Kunstgewerbemuseums“ von Barbara Mundt. Die umfassende Chronik blättert fast 100 Jahre der Geschichte des Museums auf – von seiner Gründung bis zur Eröffnung der „Zwillingsmuseen“ im geteilten Berlin 1963. Als Band 5 der vom Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin herausgegebenen Reihe „Schriften zur Geschichte der Berliner Museen“ beleuchtet sie die facettenreiche Museumsgeschichte im Kontext der historischen Umstände und charakterisiert die wichtigsten Akteure. 786 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-412-50746-6, Preis: 60 €.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz 14.12.2017