Der britische Bildhauer Michael Cooper steht in einem lichtdurchfluteten Raum in der Bildhauerwerkstatt Hoferick in Berlin-Weißensee. Er ist umgeben von verschiedenen Gipsmodellen: Hier ein großer Adler mit einer gewaltigen Spannweite von über zwei Metern, dort ein Bukranion und hier die Abformung des Antinous, des schönsten Jünglings der Antike. Einstmals stand das Original am großen schlüterschen Treppenkasten. Es ist augenscheinlich, hier werden die Fassaden des Berliner Schlosses rekonstruiert. Seit vier Wochen bereits arbeitet der aus Hull in der Grafschaft Yorkshire stammende Bildhauer für die Rekonstruktion der Fassaden.
Der Achtundzwanzigjährige hat das Bildhauerhandwerk an der City & Guilds of London Art School bei Tim Crawley gelernt. Nach seiner Ausbildung hat er in verschiedenen Projekten in ganz Großbritannien als Steinbildhauer gearbeitet. Vor zwei Jahren dann erfuhr er vom Leiter der City & Guilds Magnus von Wistinghausen vom Wiederaufbau des Berliner Schlosses und war sofort begeistert.
Mit einem feinen Eisen schlägt Cooper die Akanthusblätter eines korinthischen Kapitells in Reinhardtsdorfer Sandstein. Ein Gipsmodell dient ihm zur Vorlage. „Dieses Kapitell“, so der Bildhauer, „wird später eine der Stockwerkssäulen des Portals V im Schlüterhof bekrönen.“ Für ihn und seinen beruflichen Werdegang ist das Schlossprojekt eine ganz besondere Auszeichnung und natürlich ist „Berlin eine tolle Stadt!“
Unweit des Arbeitsplatzes von Michael Cooper sitzt Andreas Hoferick und modelliert an einer kleinen Tonfigur. Es handelt sich um ein Bozzetto einer weiblichen Kolossalfigur, ebenfalls aus dem Schlüterhof. In vier Jahren wird die Figur, in Stein gehauen und dann knapp drei Meter groß, unweit jenes Kapitells ihren Platz finden. Hoferick ist sehr zufrieden mit der Arbeit des britischen Kollegen und könnte sich sehr gut vorstellen, noch weitere Bildhauer aus Großbritannien in das Projekt mit einzubinden. So sieht gelebte Völkerverständigung zwischen Deutschland und England aus.
Von Marc Schnurbus