„Debatte um Flussbad: „Eine bauliche Misshandlung““

11.06.2021  Berliner Morgenpost

Von Florian Mausbach

Ex-Präsident des Bundesbauamtes wendet sich an Horst Seehofer (CSU). Anlass sind die Planungen für das Flussbad an der Museumsinsel.

Sehr geehrter Herr Bundesbauminister, ich wende mich an Sie als ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung und als einer, der als Bürger vor über zwanzig Jahren gemeinsam mit anderen die Initiative für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal auf der Berliner Schlossfreiheit ergriffen und den Aufruf an den Deutschen Bundestag geschrieben hat. Dieses nationale Denkmal für die gelungene Friedliche Revolution der mutigen Bürger der DDR wird jetzt, vom Deutschen Bundestag beschlossen, unter Ihrer baulichen Verantwortung errichtet. Zugleich aber droht ein anderes Bauvorhaben, auch unter Ihrer baulichen Verantwortung, dieses Denkmal der Freude und des Stolzes über die wiedergewonnene Freiheit und Einheit unseres Landes zu gefährden!

Unmittelbar vor dem Denkmal soll am Spreekanal eine große Freitreppe für ein vom Senat geplantes und von Ihrem Haus gefördertes Flussbad entstehen. Aufgrund eines Erlasses Ihres Hauses zur Barrierefreiheit soll diese Flussbadtreppe durch einen Aufzugsturm nur einen Meter vor dem Freiheits- und Einheitsdenkmal ergänzt werden. Dieser Aufzugsturm beeinträchtigt nicht nur den Zugang und den Blick auf das Denkmal, er beschädigt die Wirkung des Denkmals insgesamt.

Die Bedingung, dass von Ihrem Hause geförderte Bauten barrierefrei errichtet werden sollen, ist gut und gerecht. Doch gibt es immer wieder Fälle, wo auch das Gutgemeinte zu nichts Gutem führt. In solchen Fällen empfiehlt die Vernunft Ausnahmen von der Regel.

Ist ein Aufzugsturm an einer Freitreppe zum Wasser wirklich ein Gewinn an Behindertengerechtigkeit? Welchen Vorteil hat ein Mensch, der wegen seiner körperlichen Behinderung eines Aufzugs bedarf, wenn er seinen Platz statt oben an der Treppe ein, zwei Meter tiefer unten am Wasser einnimmt? Ist dieser Aufwand nicht unverhältnismäßig? Täte es im Zweifelsfall nicht auch ein einfacher unauffälliger Treppenlift!

Dieses Denkmal ist Ausdruck eines epochemachenden historischen Ereignisses und des freiheitlich-demokratischen Umbruchs in Deutschland und ganz Europa. Es steht an einem entsprechend bedeutenden Ort vor dem als Humboldt Forum wieder errichteten Schloss, auf dem Sockel des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals zu Ehren der ersten deutschen Einheit und auch an einem Ort, der 1848, 1918 und 1989 Revolutionsgeschichte schrieb.

In der neuen alten Hauptstadt bildet das wieder errichtete Berliner Schloss mit dem Freiheits- und Einheitsdenkmal den Fluchtpunkt der Prachtstraße Unter den Linden, die, begleitet von historischen Denkmälern und Kultur- und Wissenspalästen, ihren Anfang nimmt am Brandenburger Tor mit dem benachbarten Holocaust-Mahnmal. Es äußert sich baulich und symbolisch darin auch die politische und moralische Entwicklung Nachkriegsdeutschlands zur heutigen Berliner Republik.

Man kann wahrhaftig darüber streiten, ob in diesem Ensemble ein Flussbad seinen Platz hat. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat es erreicht, dass die Museumsinsel als Weltkulturerbe davon verschont bleibt. Gegen die Bedenken des Denkmalschutzes und des Landesdenkmalrates wird nun, von Ihrem Haus mit vielen Millionen gefördert, das Flussbad vor dem Berliner Schloss und dem Freiheits- und Einheitsdenkmal geplant. Simulationen zeigen nur einsame zwei Schwimmer. Wer Berlin kennt, kann sich das zu erwartende tägliche und nächtliche Getümmel zu Wasser und zu Lande leicht ausmalen.

Dass nun auch noch der von der Partei der Linken geführte Stadtentwicklungssenat vor das Denkmal der Friedlichen Revolution Fahrradständer für die Besucher des Humboldt Forums in zwei großen sperrigen Batterien platzieren will, stärkt den Verdacht, dass Die Linke es immer noch nicht verwinden kann, dass sie hier im ehemaligen Machtzentrum der SED ihre Herrschaft verloren hat.

Sehr geehrter Herr Minister Seehofer, Sie haben es in der Hand, diese bauliche Misshandlung eines der vornehmsten Orte der Republik zu verhindern.

Es wäre schon ein Gewinn, wenn das Flussbad weiter nach Süden verschoben würde, dorthin wo hinter dem Staatsratsgebäude gegenüber dem Auswärtigen Amt bereits eine weitere Flussbadtreppe geplant wird. Vielleicht schaut der Außenminister mit seinen Diplomaten und auswärtigen Staatsgästen gern dem spaßigen Treiben und Wasserplanschen zu.

Das Mindeste aber wäre, den Aufzugsturm der Flussbadtreppe aus dem Blick auf das Freiheits- und Einheitsdenkmal heraus nach Norden zu verschieben. Angesichts der vielen von Ihrem Hause für das Flussbadprojekt gezahlten Millionen sollten die Mehrkosten für die Umplanung keine Rolle spielen. Besser noch wäre ein einfacher Treppenlift!

Am besten aber wäre es, statt weitere Millionen in den Spreekanal lieber das Flussbad selbst zu versenken.

Hochachtungsvoll,

Florian Mausbach Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung 1995-2009 Berlin, 2. Juni 2021

 

Quelle: Berliner Morgenpost, 11.06.2021

 

 

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