„Neue Mittel, alte Fragen“

08.02.2017  Süddeutsche Zeitung

 

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat riesige Aufgaben zu schultern: Sanierungen hier, Neubau von Humboldt-Forum und Moderne-Museum dort. Unklar ist, ob die Finanzierung reicht – und wie sich das Land Berlin verhält.

Von Jens Bisky

Der Geldmangel wird in diesem Jahr weniger drückend. Die Gesamtausgaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz steigen von 290 auf 331 Millionen Euro. Der Bund und das Land Berlin haben ihre Zuschüsse erhöht, zudem konnte die Stiftung 26,8 Millionen Euro einnehmen und 27,5 Millionen einwerben. So konnte der Präsident der Stiftung, Hermann Parzinger, auf der Jahrespressekonferenz in Berlin die Zahlenkaskaden gut gelaunt kommentieren und heiter auf künftige Projekte hinweisen. Zu der Stiftung gehören dutzende Häuser und Einrichtungen: die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek, das Geheime Preußische Staatsarchiv, das Ibero-Amerikanische Institut, das Staatliche Institut für Musikforschung.

Die Baustellen der Stiftung aufzuzählen, wäre eine abendfüllende Beschäftigung. Und es kommen immer neue hinzu, neben dem Humboldt-Forum nun auch das Museum der Moderne am Kulturforum. Damit gehen strukturelle Probleme einher, über die rasch gesprochen werden muss. Die Stiftung ist immer noch strukturell unterfinanziert. Die Zweifel wachsen, ob dies im bisherigen Rahmen zufriedenstellend geändert werden kann. Die neue Berliner Landesregierung will sich laut rot-rot-grünem Koalitionsvertrag für eine Deckelung der Berliner Zuschüsse an die Stiftung einsetzen. So keck, wie es da formuliert ist, will es nun keiner mehr angehen, noch haben Verhandlungen darüber nicht begonnen. Aber mit dem Wunsch Berlins ist klar, dass man über die Stiftungsfinanzen insgesamt wird reden müssen.

Das wird nicht einfach. Die Kompromisse, auf denen der jetzige Zustand beruht, sind schwer genug gefallen. Anfangs zahlten nur wenige Länder und der Bund für die Stiftung, seit 1975 sind alle Bundesländer beteiligt, seit 1992 auch die „neuen“. Ein 1996 geschlossenes Abkommen legt fest: der Bund zahlt 75 Prozent des Betriebshaushaltes, die Länder 25 Prozent. Das gilt aber nur für einen Sockelbetrag von etwa 120 Millionen Euro. Was darüber hinausgeht, wird zu 75 Prozent vom Bund und zu 25 Prozent vom Land Berlin übernommen. Das erklärt den Berliner Wunsch nach Deckelung. Mit dem Humboldt-Forum und dem Museum der Moderne entstehen neue Institutionen, deren Kosten vorab nicht genau zu kalkulieren sind. Man kann sie auch nur sehr entfernt mit dem ursprünglichen Zweck der Stiftung erklären, nämlich das kulturelle Erbe des größten deutschen Einzelstaats, des 1947 aufgelösten Preußen, zu pflegen. Die Baukosten trägt seit 2003 allein der Bund.

Sanierungen, neue Museen – es ist viel zu tun in Berlin

Zweifelsohne profitiert das „Sitzland“ Berlin am meisten. 3,65 Millionen Besuche hat man in den Museen der Stiftung 2016 gezählt. Das waren etwa 149 000 weniger als davor, was nicht überrascht, denn die Neue Nationalgalerie wird saniert, das Pergamonmuseum, dessen Hauptattraktion derzeit nicht zu sehen ist, ebenso, und die Dahlemer Museen ziehen nach Mitte um.

Es konnte rasch viel Geld für die neuen Häuser bereitgestellt werden. Dass aber im Alltag etwa der Hamburger Bahnhof auf einen Sonderzuschuss angewiesen ist oder die Staatsbibliothek der Uraufgabe von Bibliotheken, dem Erwerb, nur dank zusätzlicher Mittel nachkommen kann, dass Tarifsteigerungen und höhere Energiekosten regelmäßig zum Problem werden, erscheint kulturpolitisch unvernünftig. Wenigstens fünfzig Millionen Euro jährlich werden wahrscheinlich für den Betrieb des Humboldt-Forums fällig. Wie dessen Struktur aussehen wird, ist noch nicht ganz klar. Alle warten auf die Vorschläge der Gründungsintendanten.

Anlässe zum Streit finden sich dabei genug. Sollen das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst weiter zur Stiftung oder doch zum Humboldt-Forum gehören? Soll dieses als eine Art nachgeordnete Behörde der Staatsministerin für Kultur firmieren? Bevor der Haushaltsausschuss des Bundestages wieder Millionen für Stadtraummöblierung mit wilhelminischen Kolonnaden oder Ähnlichem zur Verfügung stellt, wäre das zu klären. Noch in diesem Frühsommer will die Stiftung ein Konzept für die Nutzung der frei werdenden Museumsgebäude in Dahlem vorstellen. Auch diese neuen Vorschläge werden etwas kosten.

 

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 08.02.2017

 

4 Kommentare zu “„Neue Mittel, alte Fragen“

  1. Es wäre schön, wenn das linksgrüne Berlin seinen inneren Schweinehund überwindet und sich zu seiner historischen Mitte bekennt.

  2. Wenn man bedenkt, 12,5 Mio für die alte Münze abgelehnt, 10Mio für den Neptunbrunnen abgelehnt, 18,5 Mio für die Kolonnaden abgelehnt . Und die Linke fühlt sich vom Bund erpresst. Sehr verzehrtes Weltbild haben die Senatoren da. Es werden ja nichtmal Debatten geführt, es wird einfach ausgeschlagen… Bei den Kolonaden verstehe ich es noch, bei der Alten Münze verstehe ich überhaupt nicht und den Neptunbrunnen hätte man wenigstens sanieren können…
    Naja, die Bauakademie wird wenigstens wieder aufgebaut. Immerhin etwas.

  3. Links Grün macht Politik für sich und eigene Klientel. Denen ist alles historische ein Greul. Kalt, Egoistisch, Selbstgefälligkeit, Endsolidarisiert, das ist das Grüne Weltbild.

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