„Man braucht die Kolonnaden nicht“

30.11.2016   Der Tagesspiegel

Der Bund gibt für das Schlossumfeld viel Geld aus. Die Idee ist umstritten. Und was will die neue Bausenatorin Lompscher?

Von Ralf Schönball
Im Jahr 2019 wird es feierlich eröffnet: das Schloss – und Millionen werden kommen, um den Vorträgen und Konzerten zu lauschen, die Cafés stürmen oder auch die Sammlungen im Humboldtforum, das den Kulturen der Welt gewidmet ist. Wird vor dem Eingang dann das Einheitsdenkmal nach Plänen von Johannes Milla stehen oder die Kolonnaden, die früher mal das Kaiser-Wilhelm-Denkmal einrahmten und mit dem Schlossbrunnen an der Südfront ein Ensemble bildeten?

Das Geld für die historische Rekonstruktion hat der Bund bereitgestellt durch den Haushaltsausschuss. Voraus ging ein Gespräch zwischen den Ausschussvorsitzenden Johannes Kars (SPD) und Rüdiger Kruse (CDU) mit der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sowie den Gründungsintendanten des Humboldtforums, Neil MacGregor und Horst Bredekamp. Während die einen von bestem Einvernehmen berichten, stellte Grütters danach klar, dass es in ihrem Hause „erhebliche Vorbehalte gegen einen weder in der Öffentlichkeit noch in der Politik sowohl des Landes und des Bundes diskutierten Wiederaufbau der Kolonnaden gibt“.

Ein Schloss mit Kolonnaden in einer Stadt, deren Baupolitik künftig die Linke diktiert? Was sagt die designierte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher dazu?

Ich finde es schön, wenn Berlin Geld geschenkt bekommt, aber trotz der möglichen Zuwendungen eine öffentliche Diskussion auszublenden, das geht an dieser Stelle vor dem Humboldtforum nicht.

Dann lieber das Einheitsdenkmal, das Wolfgang Thierse vor dem Schloss fordert?

Eine große Anhängerin des Freiheits- und Einheitsdenkmals war ich schon früher nicht, zumal es weder authentisch daherkommt, noch im historischen Zusammenhang mit diesem Ort in der Stadt steht und letztlich eine Überschreibung des Nationaldenkmals mit einem futuristischen Objekt wäre. Deshalb muss man jetzt aber andererseits nicht restaurativ rangehen. Zumal der Denkmalsockel noch nach einer neuen Bestimmung sucht. Der Sockel hat einen wunderbaren Gewölbe-Bereich, den man nutzen und einbeziehen kann. Die Mosaiken sind zwar bedauerlicherweise ausgebaut, aber die kann man ja wieder einbauen. Die Gestaltung sollte man nicht über das Knie brechen, sondern stattdessen die Debatte in sinnvolle Bahnen lenken. Sicher ist, man braucht die Kolonnaden nicht, um das Umfeld des Humboldtforums angemessen zu gestalten

Als Linke und aus dem Osten – da müssen Sie ja schon qua Amt und Herkunft gleich doppelt gegen das Schloss wettern, oder?

Ich bin nicht ideologisch verbohrt, sondern als pragmatische Linke bekannt und das Schloss steht nun jetzt mal da. Außerdem bin ich sehr gespannt auf die Uffizien von Berlin als auch auf die Nord-Süd-Passage und ob dieser Durchgang tatsächlich neue Beziehungen innerhalb den Zentrums schafft oder nicht. Das ist eine Innovation und verbindet die Breite Straße mit dem Lustgarten. Im Übrigen muss man die Mitte in ihrer Gesamtheit betrachten, also nicht nur das Humboldtforum, sondern auch dessen Umfeld.

Bei deren Betrachtung sich auch die Frage aufdrängt, was muss rekonstruiert werden, damit sie überhaupt wieder sichtbar wird und nicht nur erratische Solitäre…

Deshalb freue ich mich über das Geld für die Bauakademie, diese hat schließlich der oberste preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel geplant. Deren Rekonstruktion stand im Koalitionsvertrag. Mit der Finanzierungszusage des Bundes gibt es die großartige Chance, diese zu einem herausragenden öffentlichen Ort zu machen – statt zu einer exklusiven privaten Veranstaltung. Das hätte sonst ja gedroht. Da bin ich sehr gerne kurzfristig bereit, mit dem Bund und anderen über dieses Zukunftsprojekt zu reden. Bisher steht ja nur die Finanzierungszusage.

Die Fragen stellt Ralf Schönball.

 

Quelle: Der Tagesspiegel, 30.11.2016

 

 

80 Kommentare zu “„Man braucht die Kolonnaden nicht“

  1. Eine Steigerung könnte nur noch zu Stande kommen, wenn die Befürworter einer historischen Ost-Fassade des Schlosses dieselben Leute wären, die für eine moderne Einheitswippe am Schloss kämpfen. Zum Schloss gehören Brunnen, Rossebändiger und Kolonnaden. Das wichtige Denkmal für die Deutsche Einheit gehört vor den Reichstag.

  2. hat jemand eine Ahnung wann die Laterne auf die Kuppel aufgesetzt wird ? – und natürlich gehören die Kollonaden wieder hin – sie sind Teil des historischen Ensembles. Häßliche moderne Gebäude gibt es in Berlin genug – da braucht es nicht noch eine neue Skateboard-bahn – als etwas Anderes würde das Einheitsdenkmal vor dem Schloss sowieso nicht betrachtet werden. – Überlegt Euch auch einmal wie dieses Denkmal in 10 Jahren aussehen würde: grau, bröselnd und mit Graffiti vollgeschmiert (vermutlich ganz im Sinne unserer Linken um das Schloss möglichst wieder zu verschandeln…)

  3. Sie sieht es halt etwas pragmatisch. Wir sollten ihr durchaus eine Chance geben.
    -Sie ist gegen die Wippe
    -Sie will das Gewölbe erhalten
    -Sie möchte die Mosaike zurück
    -Sie ist nicht für die Kolonnaden, aber das ist auch eine Ansichtssache.
    Sie hat recht wenn sie sagt, dass man auch ohne Kolonnaden das Umfeld attraktiv gestalten könnenl, doch letztlich will sie das durch eine Diskussion entscheiden lassen.
    Also ich kann ihren Standpunkt verstehen, man muss ihn ja aber nicht teilen.

  4. Achim Steudter Entweder, er hat verstanden, dass wir anderen über ihn lachen und lacht aus Verzweiflung oder er checkt es so gar nicht und lacht aus Verzweiflung. Beides tragisch.

  5. Das Einheitsdenkmal würde – nach erfolgtem Umzug des Neptunbrunnens an den ursprünglichen Platz vor dem Humboldt Forum – ganz hervorragend auf den dann freien Platz am Alexanderplatz passen. Als modernes Ensemble würde es einen ganz hervorragenden, modernen Kontrapunkt zu Schloss, Dom und Museumsinsel bilden.

  6. Doch, man braucht die Kolonnaden eben doch. Das Berliner Stadtschloss wird äusserlich (weitgehend) historisch korrekt wiederhergestellt; und dazu gehören eben auch die Kolonnaden mitsamt Mosaiken. Dies ist weder Ausdruck von einer Preussen-Nostalgie, noch von Reaktionismus oder Nationalismus, sondern lediglich von einem Willen zu einer positiven Restrukturierung des durch Krieg und DDR-Architektur teilweise ziemlich missratenen Berliner Stadtbildes. Berlin ist deutsche Hauptstadt und Weltstadt und sollte sich dementsprechend auch wieder vermehrt um Ästhetik und architektonische Harmonie bemühen. Ein Einheitsdenkmal lässt sich auch an anderen Orten in der Stadt errichten, wie z.B. vor dem Reichstag oder auf dem Alexanderplatz. Genügend Platz und eine passende architektonische Kulisse sind dort mehr als gewährleistet.

  7. In der neuen Berliner Koalition sind jetzt genau die politischen Kräfte einhellig versammelt, die den Wiederaufbau des Schlosses aus ideologischen Gründen mit allen Mitteln zu verhindern suchten. Selbstredend, dass diese Herrschaften alles in ihrer Macht stehende unternehmen werden, um jede historisch aufwertende Ergänzung des Schloss-Umfeldes zu sabotieren!

  8. also, ich verstehe diesen ganzen Wirbel und Wind um das sog. Einheitsdenkmal echt nicht mehr…..es gibt es doch schon: und das ist das Brandenburger Tor…stand einst verschlossen an der Nahtstelle zwschen Ost und West…und jetzt ist es schlichtweg frei passierbar und offen…besser gehts doch nicht ??

  9. jaha…ich hab ne kleine Ahnung: das Kreuz auf der Laterne wurde bereits von einer freundlichen Frau mit 1 Mio finaniert…..die Laterne selbst wartet noch auf freundliche Spender…mit 5 Mios nach meiner Kenntnis sind wir dabei…..

  10. Wiederhole mich gerne, ganz klares ja für das historische Umfeld und die Rückführung des Neptunbrunnens der Rossbändiger und der Kolonnaden!

  11. Die Frau hat kein Sinn und Gespür… Schrecklich! Die Kolonade ist das beste was passieren kann weil es optisch mehr her macht! Es passt zu 100% zum Schloss!

  12. Was ist schon „notwendig“ und was „braucht man“ in der Stadt, Frau Lompscher?
    Ist eine schöne Perlenkette am Hals einer Frau „notwendig“? Sind schöne Bilder und Möbel in einer gepflegten Wohnung „notwendig“? Und  im Stadtraum? sind shön gestaltete Plätze , kunstvolle und ästhetisch gestaltete Denkmäler zum „Nach-Denken“ und zum Verweilen „notwendig“ oder nur Abfallkörbe, Verkehrszeichen und eine granitgepflasterte Einöde? Geben Sie sich doch einen Ruck für die Kolonnaden!

  13. aber sicher brauch man die Kolonnaden, alles andere wäre wieder Müll aber seit wann entscheiden die Politiker im Namen des Volkes?!

  14. Man könnte doch soviele Kosten sparen wenn man mehrere Teile maschinell oder vielleicht doch nicht 100%ig originalgetreu wiedererstellen würde – dieses meine ich auch bzgl. der Fassade. Das Geld könnte dann verwendet werden um einige Innenräume wieder zu rekonstruieren – oder die immens scheußliche Ostfassade wieder abzureißen – Für mich ist dies die größte Verschandelung an dem ganzen Gebäude

  15. Es sind aber nur die Gigantentreppe und der Schweizer Saal als Reko zum entsprechenden Zeitpunkt vorgesehen. Ich würde schon auf eine möglichst originalgetreue Reko hoffen. Sonst lehnen sich die Kritiker nur noch mehr auf. Die ostfassade ist jetzt nuneinmal da, sie wird auch nicht so schnell verschwinden. Die barockmauern dagegen müssen so getreu wie möglich kommen. Nur so erreicht man Authentizität!

  16. Was für ein Unsinn! Die Linke hat mit allen Tricks den Erhalt des Palastes der Republik betrieben Wowereit selbst war jahrelang ein Gegner des Wiederaufbaus. Das Verhindern der Rückkehr von Rossebändigern und Schlossbrunnen an die historisch angestammten Plätze am Schloss geht ebenfalls auf das Konto von Verantwortlichen dieser Parteien!

  17. 1. Die Architektur der Kolonnaden ist in Stil und Anordnung exakt auf das Eosanderportal ausgerichtet.
    2. Städtebaulich bestehen direkte Bezüge zum Neptunbrunnen (auch von Begas), zum Alten Museum und zu den Kolonnaden der Museumsinsel.
    3. Historisch ist das Nationaldenkmal mit Kolonnaden, Fundament und Mosaik von Bürgern gespendet worden – aus Freude über die deutsche Einheit von 1871.
    4. Denkmäler sind Dokumente deutscher Geschichte. Sie sollten nicht zerstört, nicht umgedeutet und nicht mit Granit „überpflastert“ werden.
    5. Die Finanzmittel zur Rekonstruktion der Kolonnaden sind vom Finanzausschuss des Bundestages bereitgestellt.

    Ist es dann noch notwendig, Frau Lompscher, über die „Notwendigkeit“ der Rekonstruktion zu philosophieren? Starten Sie doch lieber bald die Planung!

  18. Alexander Landsberg nun ja, jede Menge an aufwändigem Kunsthandwerk ist erforderlich, um die Laterne originalgetreu zu rekonstruieren….und sowas ist eben zeit- und kostenintensiv……

  19. Arn Praetorius  Perfekt formuliert! Alle, die ein Wort mit zu reden haben , sollten sich danach richten!  Sehr gut formuliert!!

  20. Was mich wahnsinnig macht ist, dass offenkundig Ideologie bestimmt, ob und wie das historische Zentrum Berlins gestaltet wird. Alleine verfolgt zu haben, wie versucht wurde, die historische Kuppel des Schlosses zu verhindern – selbst als der Wiederaufbau beschlossen war – ist grotesk.

  21. Stellen Sie sich vor die derzeitigen Politiker schaffen es am Ort des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals die Wippe, Kolonnaden oder sonst etwas anderes zu errichten und Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzlerin Merkel u.v.a. wie auch Herr Thierse (SPD) erscheinen zur Einweihung.  Das wird etwa 2021 sein —- —– und keinem dieser Leute würde einfallen, dass dann vor ziemlich genau 150 Jahren die Reichsgründung stattfand, die das ursprüngliche Denkmal symbolisiert ??? Würden alle diese eingeladenen Herrschaften dieses Datum in ihren Reden ignorieren ???

  22. Ich frage mich schon wem nützt das Schloß? Dem Bürger? sicherlich nicht er wird es bis zum Lebenende subventionieren. Dem Berliner auch nicht, denn jeder Berliner ist bis zum Kragen verschuldet durch seine Stadt. Mit wäre lieber gewesen sie hätte für die vielen Millionen Kitas und Schulen renoviert oder neu gebaut.

  23. hmh…schwierig, Äpfel mit Birnen zu vergleichen…nach deiner Argumentation hätte man auch den Stuttgarter Fernsehturm abreissen müssen anstatt ihn für etliche Mios zu sanieren…wem nützt Kultur ? Wem nützt ein geheiltes Stadtbild ? Fragen über Fragen, die jeder für sich selbst beantworten muss……

  24. Wollte nur mal etwas hinterfragen, der Fernsehturm ist ja noch nutzbar, aber ein zerfallenes Schloß wieder aufbauen, da frage ich mich schon, ob das Sinn hat

  25. Johann Kreiter da steckt ne ganze Menge mehr dahinter, denn das Schloss wurde aus ideologischen Gründen von Ulbricht gesprengt und dann kam unter Honecker der Palast der Republik….und das Rad der Geschichte dreht sich weiter……

  26. machte es Sinn, das im Krieg ausgebrannte Karlsruher Schloss wieder aufzubauen ? Macht es Sinn, historische Gebäude um ihrer selbst willen, um Historie zu bewahren, zu rekonstruieren ?

  27. Johann Kreiter es kommt auf den Standpunkt des Betrachters an….grad gabs im SWR 1 die Meldung, das in 2015 in BaWü 3,8 Mio Menschen Museen und Schlösser besuchten…..

  28. Michael ich schreib von Wiederaufbau von Ruinen und nicht vom Erhalt alter Bausubstanzen. Venedig lebt vom Tourismus ist benötig das. Berlin hat genügend „Oldies“ rumstehen. Irgendwann kommt noch so ein AfD Arsch auf die Idee und läßt den „Führerbunker“ restaurieren um dem braunen Gesindel eine Kultstätte zu geben…

  29. ne, nee….der Campanile war eingestürzt und wurde rekonstruiert….das Stadtschloss in Warschau, die Stadt in Danzig….darum geht es…..

  30. Was die in Polen und Italien machen ist mir egal, aber wenn man in Deutschland kein Geld für sozialen Wohnungsbau (Bauflächen dazu) Schulen und Kitas hat, dann ist es mir nicht egal. Dann finde ich es eine Frechheit den Bürgern gegen über. Wenn Eltern in die eigene Tasche greifenn müssen um Renovierungsarbeiten aus zu führen dann werde ich zum Wutbürger. Berlin kostet uns ehe schon ne Menge Geld, dazu kommen nochj so Sinnlosigkeiten BER, S21, Elbphil und anderer Scheiss.

  31. Johann Kreiter schon ok…und ich verstehe deine Wut über sinnlose Geldverschwendung…aber bei diesem kulturellen Projekt bin ich seit 1993 engagiert und habe seither nen hohen 5-stelligen Betrag gespendet….und das ist gut so….

  32. Sehr geehrter Herr Kreiter,  Der Mensch strebt nun mal nach höherem genannt Kultur — Fortpflanzung, Kinderbetreuung in Kitas usf. genügt ihm nicht. Dann gäbe es auch keinen Fortschritt. Das Humboldt-Forum im Schloss wird eine Art Schule sein — auch für Sie. Im Übrigen werden hohe Beträge, über die Sie sich mal informieren sollten, von Privatpersonen gespendet, wenn nicht geopfert.

  33. Wer sich Rot-Rot-Grün in die Regierung wählt, braucht sich dann über nichts mehr wundern oder gar empören. Lompscher plus Lüscher !! – Noch Fragen ?

  34. Noch viel schlimmer ist, daß nun wohl endgültig nicht einmal das Heilig-Geist-Viertel wieder entstehen soll ! Diese häßliche Ostfassade und dann ein gähnend leeres, zerfließendes Gegenüber !

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