„Kiste mit Südseeboot ist angekommen“

29.05.2018  Berliner Zeitung

 

Von Torsten Harmsen

Einige Dutzend Leute, ausgestattet mit Bauhelmen und gelben Warnwesten, standen am Dienstagmorgen auf der Schlossbaustelle in Mitte und blickten gespannt auf eine riesige Kiste, die im Foyer des Humboldt-Forums langsam nach oben schwebte, in einem speziell dafür errichteten Gerüst mit Hebeanlage.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte das Signal „Hebt an!“ gegeben. Mit ihr blickte alles in die Höhe, was beim Projekt Humboldt-Forum Rang und Namen hat – vom Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, über die Gründungsintendanten Neil MacGregor und Horst Bredekamp, bis zum künftigen Schlossherrn, dem Generalintendanten Hartmut Dorgerloh, der im Juni sein Amt antreten wird.

Restaurierung in Dahlem

„Wir sind da. Wir sind angekommen“, sagte Parzinger, bevor die 16 Meter lange und 2,50 Meter hohe Kiste langsam durch eine extra freigelassene Wandöffnung in den künftigen Ausstellungssaal im 1. Obergeschoss geschoben wurde. In der Kiste: das erste Großobjekt des Humboldt-Forums, ein fast 130 Jahre altes Südseeboot von der Insel Luf, das später mit anderen Booten und Häusern im Rahmen der Ozeanien-Ausstellung gezeigt werden soll.

Bisher hatte sich das Boot so wie Tausende anderer Ausstellungsstücke, die ihm jetzt nach Mitte folgen sollen, im Ethnologischen Museum in Dahlem befunden. Dort sind Spezialisten in weißen Schutzanzügen seit Monaten damit beschäftigt, die Objekte zu reinigen, zu restaurieren und zu verpacken. Mehrere Restaurierungsstraßen seien in Dahlem entstanden, sagte Parzinger.

In einer Entwesungsanlage wurden Objekte wochenlang in Stickstoff eingehüllt, damit keine Bakterien, Insekten und Pilze mit ins neue Quartier geraten. Eine Wand wurde durchbrochen, um die riesigen Kisten aus dem Museum transportieren zu können. In der Nacht zum Dienstag fuhr nun ein Spezialtransporter die 16 Meter lange Kiste des Luf-Bootes, wie es genannt wird, von Dahlem zur Schlossbaustelle – in einer Geschwindigkeit von 15 bis 35 Kilometern pro Stunde.

Das Boot hat bereits eine lange Geschichte hinter sich. Gebaut worden war es 1890 auf der Insel Luf, einer der westlichen Inseln, die heute zu Papua-Neuguinea gehören. Es konnte eine Besatzung von bis zu 50 Mann aufnehmen, wie Parzinger ausführte. Mit solchen Booten fuhren die Männer von Luf im 19. Jahrhunderten auf See, trieben Handel, führten Krieg. Doch dieses konkrete Boot wurde aufgrund des Bevölkerungsrückgangs auf der Insel nie zu Wasser gelassen. Es blieb im Bootshaus, bis es 1903 eine deutsche Handelsfirma erwarb. 1904 gelangte es ins Museum für Völkerkunde in Berlin.

Auch Häuser reisen ins Schloss

Mit dem Einzug der Großobjekte gehe die Bauphase zu Ende, sagte Monika Grütters am Dienstag. Nun stehe man vor dem Beginn des Kulturbetriebs. Einen Umzug solchen Ausmaßes habe es in der Geschichte der Staatlichen Museen noch nie gegeben. Wie Sammlungsleiter Lars-Christian Koch ausführte, folgen weitere Großobjekte – nicht nur Boote, sondern auch „Häuser aus Ozeanien, etwa das große Palau-Haus“. Die Objekte würden nun in ihren Kisten verbleiben, bis die Wände hinter ihnen verschlossen, das notwendige Klima und die musealen Bedingungen hergestellt seien, sagte Parzinger. Dies werde erst im Laufe des kommenden Jahres sein.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 29.05.2018

 

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