„Hohe Erwartungen an Merkel und Macron“

18.04.2018  Heilbronner Stimme

Die Kanzlerin empfängt den französischen Präsidenten in Berlin. Hauptthema dürften die EU-Reformpläne sein. FDP-Fraktionsvize erhofft sich Fortschritte bei den Themen Migration und EU-Haushalt.

Von Hans-Jürgen Deglow

Emmanuel Macron bei einem seiner letzten Besuche in Berlin. Foto: Archiv/dpa Foto: dpa (dpa)
Monatelang haben nicht nur die Bundesbürger auf die Bildung einer Regierung warten müssen. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit Spannung verfolgt, ob weiterhin Angela Merkel seine Gesprächspartnerin in europäischen Fragen sein wird. Macron hatte inzwischen im vielen Reden für seine Vision einer vereinten und vor allen einigen Kontinenta geworben. Umstritten sind allerdings die Pläne des Franzosen für eine neue europäische Finanzarchitektur.

Nun ist es also so weit, Merkel regiert weiter, und an diesem Donnerstag empfängt sie Emmanuel Macron zu Beratungen über Details der umstrittenen EU-Reformpläne. Beim Treffen im Kanzleramt in Berlin dürften beide nach Wegen suchen, wie trotz Bedenken in der Union vor allem gegenüber Macrons Reformvorstellungen für die europäische Finanzarchitektur wie geplant bis zum EU-Gipfel Ende Juni substanzielle Reformfortschritte erzielt werden können.

Unterschiedliche Ansätze in Umsetzungsfragen

Zwar stehen beide Seiten etwa den Plänen für eine Bankenunion oder einen Umbau des Euro-Rettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungsfonds grundsätzlich positiv gegenüber. Unterschiedliche Ansätze gibt es aber in Umsetzungsfragen. Einigkeit könnte es schon eher bei Themen wie einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik und der Sicherung der EU-Außengrenzen geben.

Klare Erwartungen an das Treffen formuliert der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff. Er erhofft sich deutliche Fortschritte bei den Themen Migration und EU-Haushalt. Lambsdorff sagte der Heilbronner Stimme auf die Frage, wo er Verständigungsmöglichkeiten zwischen der Kanzlerin und Frankreichs Staatschef sehe: „Ein gemeinsames Vorgehen ist zuallererst in der Frage der Migration nach Europa notwendig. Wir brauchen ein gemeinsames System mit einem gerechten Verteilungsschlüssel. Einzelne Mitgliedstaaten sollen aber das Kontingent der ihnen zugeteilten Flüchtlinge reduzieren können, wenn sie sich etwa verstärkt bei der Kontrolle der EU-Außengrenzen einbringen.“

Alexander Graf Lambsdorff: Zeitfenster bis zur Europawahl nutzen

Lambsdorff sagte weiter, Merkel und Macron sollten sich zudem auf eine Reform des EU-Haushalts verständigen. „Auch aufgrund des Brexits muss die Zuteilung der Mittel aus den Kohäsions- und Strukturfonds reformiert werden. Dabei muss dann auch auf die Einhaltung unserer rechtsstaatlichen Werte geachtet werden. Und um private Investitionen in Europa voranzubringen, muss die Europäische Investitionsbank (EIB) weiter gestärkt werden.“
Der FDP-Außenexperte hofft auf neuen Schwung in der Europapolitik. Präsident Macrons Plan, bis zur Europawahl 2019 konkrete Reformabsprachen zu treffen, sei ambitioniert, aber nicht unmöglich. „Dieses Zeitfenster muss genutzt werden, um neuen Schwung in die Europapolitik zu bringen.“

Gespräch auch über Syrien und Trump

Bewegung erhoffen sich Beobachter nicht nur in der Frage der EU-Reform. Auch die Lage in Syrien und der Umgang mit den USA und Russland dürften eine wesentliche Rolle bei dem Gespräch spielen. Kommende Woche sind Merkel und Macron übrigens zu Gast bei US-Präsident Donald Trump in Washington. Während Macron von Trump am Montag zu einem dreitägigen USA-Besuch empfangen wird, wird Merkel am Freitag zu einem eintägigen Kurzbesuch in Washington erwartet. Merkel und Macron dürften versuchen, vor dem Besuch eine einheitliche Linie etwa im Handelsstreit mit den USA oder in der Syrien-Politik zu finden.

Vor den politischen Gesprächen will Merkel Macron die Baustelle des Humboldt Forums im Berliner Stadtschloss zeigen. Dort soll nach der für 2019 geplanten Eröffnung in einem internationalen Ideenaustausch nach neuen Erkenntnissen bei Themen wie Migration und Globalisierung gesucht werden.

 

Quelle: Heilbronner Stimme, 18.04.2018

 

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