„Herr Schloss-Chef, war es ein Fehler, den Palast der Republik abzureißen?“

30.12.2018  B.Z. Berlin

Von Michael Zöllner

Im Dezember 2019 öffnet das Humboldt-Forum endlich seine Türen und präsentiert seine ersten Ausstellungen. Die Erwartungen sind hoch, klugerweise versucht Hartmut Dorgerloh (56), Intendant des Humboldt-Forums, sie zu dämpfen. B.Z. traf ihn zum Gespräch.

B.Z.: Herr Dorgerloh, wie zufrieden sind Sie mit den Eröffnungsplanungen?

Dorgerloh: Sobald der Bau fertig ist, beginnt die Eröffnung. Trotz Hochkonjunktur in der Bauwirtschaft bin ich hoffnungsvoll, dass wir das in den vorgesehenen Etappen schaffen – wenn alle am gleichen Strang ziehen. Aber da gibt es auch einiges, das wir nicht selber steuern können, wie etwa den andauernden Ausbau der U5 oder das geplante Einheits- und Freiheitsdenkmal, das auch wieder eine Baustelleneinrichtung braucht. Die Fertigstellung der Außenanlagen wird also nicht so weit sein, wie wir uns das wünschen. Bis zum Jahr 2021 ist noch etwas Improvisationstalent nötig.

In welchen Etappen werden Sie denn nun eröffnen?

Nach jetzigem Stand soll das Humboldt-Forum in einem Jahr, also ab Dezember 2019, für alle zugänglich sein. Zunächst erfolgt die Eröffnung mit dem Erdgeschoss, als nächstes die erste Etage mit der Berlin Ausstellung und den Flächen der Humboldt-Universität, dann die zweite und dritte Etage mit den außereuropäischen Sammlungen. Ende 2020 soll dann alles dauerhaft zugänglich sein, vom Archäologischen Keller bis zum Restaurant auf dem Dach.

Wie soll sich denn die Aufmerksamkeit über ein Jahr halten?

In dem aber schon das große Potenzial des Humboldt-Forums zu erleben sein wird, unter anderem mit Schlüterhof, Geschichte des Ortes und erster Sonderausstellung. Ich bin grundsätzlich für eine etappenweise Eröffnung. Das Angebot ist so divers, der Reichtum der Themen so groß – das erschließt sich besser über einen längeren Zeitraum hinweg. Es wird etwas dauern, bis das Haus seine volle Wirkung entfalten kann.

Sie wollen überall im Haus an das alte Schloss erinnern, auch an den Palast der Republik. Aber einen wiederhergerichteten Schloss-Raum mit Möbeln etc. wird es nicht geben. Warum nicht?

Weil es damals richtigerweise so beschlossen wurde. Es ist wichtig, die Historie des Ortes zu erklären und das werden wir auch ausführlich tun. Wer aber preußische Schlösser sehen will, hat in und um Berlin eine große Auswahl. Da kenne ich mich bestens aus.

Wie stehen Sie zu der Einheitswippe?

Der Bundestag hat sich dreimal für das Denkmal ausgesprochen, somit hat der Souverän entschieden, auch wenn ich manche Bedenken von denen, die die Wippe nicht befürworten, nachvollziehen kann.

Welche denn?

Zum Beispiel ob der Sockel des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf der Schlossfreiheit überhaupt der richtige Standort ist. Oder ob die Wippe das richtige Symbol dafür ist, dass man etwas gemeinsam in Bewegung gebracht hat.

War es ein Fehler, den Palast der Republik abzureißen?

Ich glaube, dass es ein Trugschluss ist zu glauben, dass wenn man etwas abreißt, es damit auch aus der Welt ist. Das hat 1950 in der DDR auch nicht funktioniert. Das Schloss ist ja heute, wenn auch nur teilrekonstruiert, wieder voll präsent. Und auch der Palast der Republik ist noch gegenwärtig – zumindest in den Erinnerungen. Es ist jetzt unsere Aufgaben, auch ihn im neuen Haus zu thematisieren.

Sie setzen sich zurzeit auch mit dem kolonialen Erbe auseinander. Gibt es bezüglich der für das Haus geplanten Exponate schon Restitutionsforderungen?

Bisher liegen nicht viele Rückgabeforderungen vor. Es gibt einige Ankündigungen und vor allem bereits einige Vereinbarungen, Exponate zurückzugeben. Andere Exponate wiederum wollen Herkunftsgesellschaften zwar hier belassen, allerdings mit Einschränkungen, was die Präsentation betrifft. Es gibt sehr unterschiedliche Erwartungen.

Was hören Sie denn aus den Herkunftsländern?

Wichtig ist vor allem, was wir von den Communities in diesen Ländern hören. Dort wird die Rückgabe an Nationalstaaten etwa, was wir hier in Europa gerade diskutieren, teilweise als problematisch gesehen. Insbesondere die Rückgabe an Länder, wo Minderheiten, von denen wir hier in Berlin Exponate haben, unterdrückt werden. In solchen Fällen müssen wir erst die Community fragen und mit ihr entscheiden. Von anderen Communities hören wir, ihre Zeremonial-Lieder seien nicht für unsere Ohren bestimmt, oder gewisse Objekte dürfen nicht von Frauen gesehen werden. Das müssen und werden wir natürlich respektieren.

 

Quelle: B.Z. Berlin, 30.12.2018

 

 

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