„Dürfen Museen belastete Kunst ausstellen?“

28.02.2018  Rheinische Post

Bei dieser Veranstaltung waren Paris und Berlin zu Gast in Düsseldorf. „Konzeptionen für ein modernes Museum der Weltkulturen: Musée du quai Branly, Paris und Humboldt Forum im Berliner Schloss“ war der Abend im Haus der Universität betitelt. Die Veranstalter, der Freundeskreis Düsseldorf im Förderverein Berliner Schloss und das Institut Français, hatten zwei renommierte Experten eingeladen. Blandine Sorbe ist stellvertretende Direktorin des „Musée du quai Branly – Jacques Chirac, das vor 12 Jahren im Herzen von Paris eröffnet wurde. Mit seinen Beständen ist es das nationale französische Museum für außereuropäische Kunst. Für das noch unfertige Berliner Humboldt-Forum, dem ein ähnliches Konzept zugrunde liegt, war Hermann Parzinger angereist, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Von Claus Clemens

Beide Redner zeigten in ihren Vorträgen und bei der im Anschluss von RP-Kulturchef Lothar Schröder moderierten Diskussion viele Parallelen zwischen den beiden Museen auf. Im Fokus standen aber vor allem Fragen der Provenienz und Restitution. Für die französische Seite beschrieb Blandine Sorbe die aktuell hochemotional geführte Debatte, die Präsident Emmanuel Macron losgetreten hat. Bei seinem ersten offiziellen Besuch auf dem afrikanischen Kontinent erklärte er im November letzten Jahres in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso: „Ich will, dass man innerhalb der nächsten fünf Jahre die Bedingungen schafft für eine zeitweise oder dauerhafte Restitution des afrikanischen Kulturerbes.“

Zwei Jahre vorher hatte der damalige Außenminister Jean-Marc Ayrault noch formuliert, dass alle Kulturgüter der Museen, egal welcher Herkunft, zum „unveräußerbaren“ Besitz des Staates gehörten und somit eine Restitution nicht möglich wäre. Blandine Sorbe kann das juristische Dilemma nachvollziehen, das je nach Ausgang gravierende Folgen für ihr Museum hätte: „Vielleicht gelingt es ja, die verzwickte Rechtslage auf eine neue Grundlage zu stellen.“

Auf der deutschen Seite sieht sich Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Gründungsintendant des Humboldt-Forums, mit einem ganz anderen Problem konfrontiert: nämlich der Vermischung der Debatte um Raubkunst aus jüdischer Provenienz und den Vorwürfen, ethnografische Bestände seien belastet mit „Blut, geflossen in kolonialer Zeit“.

Hermann Parzinger und seine Mitstreiter planen, durch gemeinsame Projekte und Forschungsarbeiten mit Wissenschaftlern außereuropäischer Länder die Lage zu versachlichen. Auch deshalb, weil – so der Gast aus Berlin – „die meisten Objekte aus Kulturen anderer Länder, auch die der zeitweise kolonisierten, durch frühere Forschungsreisen oder Kauf in deutschen Besitz gelangt sind.“

Ende 2019 soll das Humboldt-Forum im Berliner Schloss eröffnet werden, zunächst für drei Jahre bei freiem Eintritt.

 

Quelle: Rheinische Post, 28.02.2018

 

 

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