„Der Schlossplatz – Berliner Tummelplatz Nr. 1“

16.07.2018  Berliner Zeitung

Von Martina Adam-Tkalec

Das ist der Schlossplatz, südlich der Hohenzollernresidenz gelegen, mit einer Öffnung zur Breiten Straße hin, flankiert von Marstall und Staatsratsgebäude.

Man muss das betonen, denn gegenwärtig gibt es ja einiges Durcheinander um die Ortsbezeichnung – da soll auch die Schlossfreiheit, also die Fläche vor dem Eosanderportal, Schlossplatz heißen.

Um die Verwirrung zu komplettieren: Von 1951 bis 1994 sollte man die nach dem Schlossabriss hinterbliebene   Riesenbrache Marx-Engels-Platz nennen. Von 1973 nahm dann der Palast der Republik einen Teil der Fläche ein. Der Rest diente der SED-Führung als Aufmarschplatz für Großkundgebungen. Ansonsten bot die Asphaltplatte viel Platz für parkende Autos.

Hier aber soll es um den eigentlichen Schlossplatz gehen, der seine lebhafteste Zeit nach 1537  hatte. Da diente er als Anlage für Ritterspiele – Riesenspektakel für den Hof und die Berliner – vergnügungssüchtig seit eh und je.

Das damals dort stehende reizende Renaissanceschloss bot dem adeligen Publikum Logen für den besten Blick auf Ritter, Pferde und Lanzen auf der Stechbahn.

Auf der westlichen Seite des Platzes stand die Kirche des Dominikanerklosters (wegen der schwarzen Kutten der Mönche im Gegensatz zum „Grauen Kloster“ der Franziskaner „Schwarzes Kloster“ genannt).

Auch nach dem 1699 in Angriff genommenen Bau des neuen Barockschlosses, das gerade wieder mit zu großen Teilen originalen Fassaden entsteht, blieb der Schlossplatz  ein bevorzugter Ort königlicher Feiern.

Hochbeliebt war der Weihnachtsmarkt,  der sich von seinen Ursprüngen in der Breiten Straße im Laufe der Zeit über den Schlossplatz ausbreitete.  Ab 1873 dehnte er sich bis zum Lustgarten aus.

Zum Schauplatz blutiger Kämpfe wurde der Schlossplatz währender 1848er Revolution. Am 18. März sollen 10.000 Menschen auf den Platz geströmt sein – ein Teil wollte Zugeständnisse des Monarchen feiern, ein anderer wollte weitere Zugeständnisse fordern,  wieder andere waren gänzlich unzufrieden.

Dazu die unvermeidlichen Schaulustigen. Immer mehr Menschen drängtenan jenem Tag bis ans Schlossportal. In Panik schossen die Wachen und töteten zwei Menschen. Dann brachen Kämpfe aus.

In der Breiten Straße errichteten Aufständische eine Barrikade. Über zweihundert Zivilisten kamen ums Leben –  die Märzgefallenen. Auf Seiten der königlichen Truppen fielen 50 Soldaten. Friedrich Wilhelm IV. gelang die Deeskalation, er zog den Hut vor den Toten.

1891 errichtete das Berliner Bürgertum auf dem Schlossplatz seinem Monarchen zur Freude den Schlossbrunnen. Heute harrt er im Nachkriegsexil vor dem Roten Rathaus auf seine Rückkehr an den ursprünglichen, wohlbedachten Standort.

Das heutige Berlin hat noch nicht ansatzweise eine Haltung zu dem einstigen Stadtraum voller von Jubel und Trubel gefunden. Der 2013 gekürte Siegerentwurf des Wettbewerbs zur Gestaltung der Außenanlagen rund um das  Schloss (Humboldt-Forum) sieht Sitzbänke aus Stein auf Kleinsteinpflaster vor.

Härter geht’s nimmer. Da ist nicht das letzte Wort gesprochen.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 16.07.2018

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert