„Auf Storchenbeinen – Die James-Simon-Galerie eröffnet 2019“

11.01.2018   Berliner Morgenpost

 

Die James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel hat einen Säulengang mit 110 Betonstützen. 2019 soll der Chipperfield-Bau eröffnen.

Von Gabriele Walde

Wenn die Bundeskanzlerin aus ihrem Wohnungsfenster am Kupfergraben schaut, fällt ihr Blick auf die James-Simon-Galerie, benannt nach Berlins größtem Mäzen. Vielleicht ist sie enttäuscht, wer weiß das schon, weil sie vor sich einen Betonriegel sieht, bestehend aus einem neun Meter hohen Sockel, auf dem 110 Säulen stehen. Neun Meter hoch und dünn wie Storchenbeine.

Doch das neue zentrale Eingangsgebäude der Museumsinsel hat noch ein anderes, sehr offenes Gesicht mit Blick auf den Lustgarten und den Boulevard Unter den Linden. Wenn Angela Merkel also auf der großzügigen Freitreppe steht, oben am Haupteingang, wird sie vor sich das wiederaufgebaute Berliner Schloss und linker Hand den „Rücken“ des Alten Museums sehen, zur Linken fällt ihr Blick auf die West-Fassade des Neuen Museum mit der Nofretete.

Alexander Schwarz vom verantwortlichen Büro Chipperfield steht genau an diesem Punkt und schwärmt von der großen „Eingangsgeste“, von der „Gastfreundschaft“, die dazu einlädt, die Sammlungen zu sehen, vielleicht auch nur um hier reinzukommen, um auch nur die Stadt anzuschauen.“ Oben auf der breiten Treppe ist die Perspektive wirklich neu.

Die Museumsinsel benötigt diesen Verbindungsbau, als Entree für die vier benachbarten Museen, die über eine unterirdische Archäologische Promenade miteinander verbunden werden. Hier können täglich 8000 Besucher, vor allem große Gruppen, durch die Häuser „gelenkt“ werden, der Service steht bereit: vom Café, den Garderoben, den Ticketschaltern bis zum 300 Quadratmeter großen Museumsshop ist alles da. Und das lichte Restaurant mit den überdachten Hochkolonnaden und der Terrasse dürfte sicher nicht unter Gästemangel zu leiden haben. Ein Museumsbetrieb im 21. Jahrhundert braucht diese Infrastruktur, die in den historischen Museen keinen Platz findet. Mit über drei Millionen Besuchern jährlich rechnet die Preußenstiftung auf der Museumsinsel, die Hälfte, so die Kalkulation, wird via James-Simon den Weg in die einzelnen Museen finden.

Das Material: außen Beton mit Marmor, innen Ortbeton

Die andere Hälfte, so die Prognose, wird lieber die historischen Eingänge der Museen nutzen. Sie bleiben offen und auch dort wird es noch Garderoben geben.

Im Sockelgeschoss wird die Geschichte des Ortes eingerichtet: Daten und Fakten zur Museumsinsel, ihre Entwicklung von der Kunstkammer bis zu den einzelnen Häusern.

Wer dieser Tage die Baustelle betritt, nimmt die James-Simon-Galerie als Labyrinth wahr. Was daran liegt, dass beispielsweise der Haupteingang noch ein Brettverschlag ist, es also „Schleichwege“ ins Innere des Betonbauches gibt. Vom Hauptzugang wird der Besucher einmal direkt zum Pergamonmuseum kommen. Wir aber stehen irgendwann mittendrin im kleinen Kolonnadenhof mit tollen Durch-und Ausblicken. Links von uns das Neue Museum, hinter uns liegt die Archäologische Promenade auf der unteren Ebene. In Zentrum wird es einen Brunnen geben mit „schlichtem Wasserspiel“ (Schwarz), keine Vegetation, dafür Bänke, damit alles an einen Hof der Renaissance erinnert. Von hier führen neue Kolonnaden hinauf zu den historischen Kolonnaden von Stüler am Neuen Museum.

Im tiefgelegten Auditorium gibt es künftig Platz für 300 Personen, dazu mehrere Übersetzerkabinen. Der akustische Deckensegel besteht aus schönstem französischen Nussbaumholz. Der Sonderausstellungsraum umfasst rund 700 Quadratmeter und bekommt eine Lichtdecke.

In der James-Simon-Galerie dominiert ein typisches, reduziertes Chipperfield-Material: außen Beton mit Marmor versetzt, innen hochwertiger, strukturierter Ortbeton. Dazu gibt es Muschelkalkböden und Marmor auf Glas marmoriert, das bringt ein gewisses Licht und auch Wärme. Farblich schließt der Beton an die verschiedenen Kalkstein-, Sandstein- und Putzfassaden der historischen Häuser auf der Museumsinsel an. Natürlich ist auch viel vorhanden. Selbst die Streben, die sogenannten Glasschwerter, für die Glasfassaden sind transparent, um den Blick auf die Stadt wie ein Panorama zu öffnen.

Im Laufe des Jahres soll der fertige Bau der Stiftung übergeben werden, danach folgt die Innenausstattung. Mit der Eröffnung ist 2019 zu rechnen. Optimismus tut jetzt gut. Ursprünglich war sie für 2013 geplant. Schlammiger Baugrund trug zur Verzögerung bei. Dabei stiegen die Baukosten von 71 auf 134 Millionen Euro. Noch Fragen?

 

Quelle: Berliner Morgenpost, 11.01.2018

 

 

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