„Wer wird neuer Direktor der Schlösserstiftung?“

05.10.2018  Der Tagesspiegel

 

Einer der wichtigsten Posten im Kulturleben der Hauptstadtregion wird vergeben. Im Rennen sind Berlins Landesarchäologe und der Chef der Hamburger Kunsthalle.

Von Thorsten Metzger und Peer Straube

Es ist einer der wichtigsten Posten im Kulturleben der Hauptstadtregion: Der Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung Berlin-Brandenburg (SPSG) wacht über 30 Museumsschlösser wie Sanssouci und Charlottenburg, achthundert Hektar Parkanlagen und 100.000 Einzelkunstwerke.
Es geht um eine Kulturlandschaft, die zum Unesco-Welterbe gehört und zu den bedeutendsten in Deutschland zählt. Nachdem der bisherige Generaldirektor Hartmut Dorgerloh an die Spitze des Humboldt-Forums wechselte, nach 16 Jahren für die Stiftung eine Zäsur, will der Stiftungsrat am 1. November über die Nachfolge entscheiden.
Es wird spannend

Die Schlussrunde wird spannend. Im Finale stehen noch zwei Bewerber: Neuer Herr der Preußenschlösser soll nach Tagesspiegel-Informationen entweder Christoph Martin Vogtherr, derzeit Chef der Hamburger Kunsthalle, werden – oder Matthias Wemhoff, Direktor des Berliner Museums für Ur- und Frühgeschichte und in Personalunion auch Landesarchäologe Berlins.

Diese zwei, beide profilierte Kunsthistoriker und Kulturmanager, haben es von insgesamt 27 Bewerbern in die Endrunde geschafft: Vogtherr und Wemhoff, nur sie sollen sich am 1. November im Stiftungsrat präsentieren. Danach will das neunköpfige Gremium unter Vorsitz der brandenburgischen Kulturministerin Martina Münch (SPD) entscheiden, wer neuer Generaldirektor der Schlösserstiftung und ihrer 550 Mitarbeiter wird. Und damit das Erbe von Dorgerloh antritt, der auf dem Posten als Institution galt, was die Personalie nicht leichtmachte.

Beide haben einiges vorzuweisen

Beide Kandidaten bringen beachtliche Erfahrungen und Referenzen mit. Vogtherr, 53 Jahre, ist seit 2016 Chef der Hamburger Kunsthalle (160 Mitarbeiter), des größten Museums der Hansestadt. Er hat Kunstgeschichte, Mittelalterliche Geschichte und Klassische Archäologie in Berlin, Heidelberg und Cambridge studiert und seine Dissertation über die Gründung der Berliner Museen (1797-1835) geschrieben. Die Stiftung ist ihm vertraut. Er hat bereits von 1998 bis 2007 hier gearbeitet, ehe er nach England ging, von 2011 die Londoner Kunstsammlung „Wallace Collection“ leitete.

In Hamburg war er etwa Kurator der auch überregional beachteten Ausstellung mit erstmals in Deutschland gezeigten Werken des englischen Malers Thomas Gainsborough (1727 – 1788). Aktuell hat Vogtherr allerdings keine leichte Phase in Hamburg. Im laufenden Jahr hat die Kunsthalle, die 2019 ihr 150-jähriges Jubiläum feiert, gerade mit sinkenden Besucherzahlen und statt der erhofften schwarzen Null einem Zwei-Millionen-Defizit in der Kasse zu kämpfen.

Matthias Wemhoff, 54 Jahre, schon in Berlin, verbucht dagegen gerade einen großen Erfolg. In seiner Regie entstand die viel gelobte, aktuelle Ausstellung „Bewegte Zeiten“ im Martin-Gropius-Bau, die anhand der spektakulärsten archäologischen Funde der letzten 20 Jahre in Deutschland die Migration als Motor der Menschheitsgeschichte aufzeigt. Wemhoff ist seit 2008 Direktor des Museums für Ur- und Frühgeschichte und Landesarchäologe Berlins.

Er hat in Bamberg und Freiburg Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit sowie Kirchengeschichte studiert und seit 1992 das Museum der Kaiserpfalz in Paderborn geleitet. Dort verantwortete er 1999 eine große Ausstellung über die Karolingerzeit, mit Leihgaben von 180 Museen aus aller Welt. Bekannt ist auch, dass Wemhoff in Potsdam lebt, wo sich nahe dem Eingang vom Schlosspark Sanssoucis auch der Dienstsitz des Generaldirektors befindet.

Eine gute Bewerberlage

Im Stiftungsrat ist man jedenfalls erleichtert, dass die Bewerberlage insgesamt gut war. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) äußerte sich bereits so. Wer von beiden am Ende das Rennen machen wird – einen Ruhejob kann er nicht erwarten in der Schlösserstiftung, einer „Institution von höchster, ja von deutscher Komplexität“, wie es Neil MacGregor, der frühere Gründungsintendant des Humboldtforums mal formulierte.

So muss das Sonderinvestitionsprogramm, mit dem 550 Millionen Euro in die Sanierung maroder Preußenschlösser bis 2030 fließen sollen, klug gemanagt werden. Und auch die Millionen Gäste, die jedes Jahr in die Schlösser und Parks der Preußenkönige pilgern, wollen sich gut behandelt wissen.

Einer wird’s machen.

 

Quelle: Der Tagesspiegel, 05.10.2018

 

 

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