„Gestatten: Antinous aus Gamburg“

13.06.2017    Mannheimer Morgen

Einige Wochen hat Bildhauer Wojciech Rostocki an dem drei Meter großen Koloss gearbeitet, gestern war es soweit: Im Beisein der Bauherren aus Berlin wurde die Statue des Antinous enthüllt.

Von Heike Barowski

Gamburg/Niklashausen/Berlin. Als Hans-Dieter Hegner, Vorstand Bau der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, und die Frau des Geschäftsführers, Renate Hofmann, die Statue enthüllten, herrschte für einen kleinen Moment Stille im Werk in Niklashausen. Dann brandete Applaus auf. Alle zückten ihre Kameras und Handys. Das typische Tick-Tick-Tick, wenn der Bildhauer arbeitet, ist an diesem Tag dem Klicken der Kameras gewichen.

Recht zügig ging der Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss, Wilhelm von Boddien, auf die Statue zu. „Er ist wirklich gut gelungen“, freute sich von Boddien. Seine Begeisterung für den drei Meter großen Koloss steckte alle Anwesenden an.

Am Hauptsitz der Firma Hofmann in Gamburg erkärte von Boddien schon eine Stunde vorher seine „leicht euphorische Stimmung“, wie er selbst sagte, die eindeutig mit Antinous zusammenhängt. „Wenn man ihn so sieht, kann man verstehen, warum sich Kaiser Hadrian in diesen Mann verliebte. Dieser Junge war ein Hammer“, schwärmte er. Anhand von diversen Dias zeigte von Boddien nicht nur verschiedene Antinous-Statuen, die als Vorbild dienten, sondern bebilderte auch die Geschichte des Stadtschlosses und das wechselvolle Schicksal einiger Statuen aus dem Schlüterhof des Schlosses. „Das ist mal ein richtiger Schluck aus der Pulle“, sagte von Boddien anerkennend über die großzügige Spende der Firma Hofmann.

Vorgeschwärmt hat im Anschluss auch Landrat Reinhard Frank den Berliner Gästen etwas über den Main-Tauber-Kreis und über das nahe Kloster Bronnbach. Im gerade eröffneten Klostergarten habe man erfahren, dass solche Figuren tatsächlich das Sahnehäubchen der Architektur seien, so Frank. In markigen Worten wandte er sich direkt an die große Abordnung aus Berlin. „Wir haben nicht wie Sie 48 Figuren, sondern 24, aber im Gegensatz zu Ihnen alles Originale“, scherzte er. „Die Arbeit der Firma Hofmann in Berlin ist auch Werbung für uns als Standort. Und wenn der schönste Jüngling der Antike in Kürze nach Berlin geht, dann ist er ein Botschafter aus dem Taubertal „, so Frank.

„In Berlin nimmt mit dem Stadtschloss ein Projekt Gestalt an, das seinesgleichen in der Welt sucht“, Vorstand Hans-Dieter Hegner wies auf die Einzigartigkeit der Rekonstruktion des Berliner Schlosses hin. Das 620 Millionen Euro teure Projekt liege laut dem Vorstand als einziges Großbauvorhaben in Deutschland bisher sowohl im Zeit- als auch im Finanzplan. Die Kosten für die Fassade bezifferte Hegner auf rund 80 Millionen Euro. Zu dieser Fassade gehören nicht nur Gesimse und Fensterstürze, sie umfasst auch 2825 figürliche Darstellungen, die alle originalgetreu nachgebildet werden. Der Wiederaufbau des Schlosses sei ein besonderes Vorhaben mit besonderem Anliegen, so Hegner weiter. Denn statt eines hochherrschaftlichen Sitzes – das Schloss war unter anderem Sitz der preußischen Regierung – soll es nach seiner Eröffnung im Jahr 2019 ein Haus sein, dass jederzeit und für jeden Besucher geöffnet ist, erklärte Hegner.

Wenn zum Tag der offenen Baustelle, am 23. Juni, das erste Stück Fassade enthüllt wird, werden die Herzen der Berliner dem Schloss zufliegen, da ist sich auch Geschäftsführer Heinrich-Georg Hofmann ganz sicher. Der Geschäftsführer weiß wovon er spricht. Immerhin hat die Firma unter anderem die Fassade des Braunschweiger Schlosses wieder hergestellt.

In Berlin hat sich Hofmann einen guten Namen gemacht durch Fassadenbauten beispielsweise am Brandenburger Tor, am Leipziger Platz, dem Hotel „Waldorf Astoria“, dem „Ritz Carlton“, diversen Botschaften und nicht zuletzt dem Innenministerium. Die großzügige Spende für das Berliner Stadtschloss sieht Heinrich-Georg Hofmann folgerichtig als „einen Beitrag zur Baukultur Berlins, den wir gerne zurückgeben möchten.“ Auch Johannes Georg Hofmann, Mitglied der Geschäftsleitung, sieht das so: „Wir sind seit 2014 am Aufbau der Fassade des Stadtschlosses beteiligt. Diese Antinous-Statue bildet für uns die Kür und den vorläufigen Abschluss der Arbeiten in Berlin“, betonte er.

„Dynamik in einem rotzfrechen Gesicht“, „lassziver Ausdruck“ oder „weich und füllig das Gesicht“, „eine besondere Leichtigkeit“ – das alles waren Beschreibungen, welche für den drei Meter großen Antinous gefunden wurden. Hätte die Statue gelebt, wäre sie sicher rot geworden – nicht wegen der Nacktheit, sondern auf Grund der zahlreichen Komplimente. Und die wird Antinous aus Gamburg sicher auch in Berlin erhalten, wenn er dort in Zukunft im Schlüterhof zu sehen sein wird.

 

Quelle: Mannheimer Morgen, 13.06.2017

 

 

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