„Ein Schloss schmückt sich“

05.04.2017  Märkische Oderzeitung

Die Bauarbeiten am Berliner Schloss kommen gut voran. Der architektonische Innenausbau läuft auf Hochtouren. Mithilfe von mittlerweile 81 Millionen Euro Spenden ist die Rekonstruktion der barocken Fassaden bereits weit vorangeschritten.

Von Maria Neundorff

Noch werden die Sandsteinfiguren von riesigen Werbeplakaten verhüllt. Doch wer genau hinschaut, sieht zwischen den Baugerüsten zig Adler, Reiterkartuschen sowie Engel und Löwenköpfe hervorlugen. Nicht zu übersehen sind dagegen die großen barocken Portalfenster, die seit wenigen Tagen die Nordfassade erhellen.

Ja, der Berliner mag es kaum glauben: Aber es geht voran beim größten Kultur-Bauprojekt Deutschlands. „Wir sind im Zeit- und Kostenrahmen“, freut sich Bernhard Wolter, Sprecher des Humboldtforums, wie sich die Hohenzollern-Schloss-Kopie nach der Eröffnung 2019 nennen will.

Um die Fortschritte des 590-Millionen-Projekts zu sehen, können Bürger in die Humboldtbox nebenan spazieren und mit dem Lift in den fünften Stock fahren. Von der Terrasse des dortigen Cafés kann man auf die noch unverputzte Lustgartenfront mit ihren neuen und alten Schätzen sehen. Da ist zum Beispiel „Eosanders Eckkartusche“. Kindliche Engel helfen, das Wappenschild Friedrichs des I. an der Fassade zu befestigen, während zwei weibliche Figuren des Königs Ruhm und seine Friedfertigkeit mit Fanfaren in die Welt posaunen.

Das mehrere Meter hohe und 63 Tonnen schwere Ensemble aus 13 Figuren nachzubauen, habe allein eine Million Euro gekostet, erzählt Horst Köhler. Der ehrenamtliche Helfer vom Förderverein Berliner Schloss führt Besucher gerne zu einem kleineren Modell im ersten Stock der Infobox. Dort kann man Gipsabdrücke aus der Nähe betrachten. Auf Eosanders Eckkartusche draußen an der Fassade fehlt einzig noch die preußische Königskrone. „Aus Sicherheitsgründen wird die ganz zum Schluss draufgesetzt“, erklärt der 69-Jährige. „Es kann ja sein, es fällt noch ein Hammer vom Dach.“

Schon sein Vater hat Köhler Schloss-Geschichten erzählt. Richtig Feuer gefangen hat der Mann aus Lichtenrade, als er 1993 die Linden entlang spazierte und die markante Schloss-Simulation sah. Wilhelm von Boddin hatte damals den zum Abriss freigegebenen Palast der Republik mit einer bemalten Schloss-Plane verhängen lassen. „Plötzlich wurde klar, was für eine Lücke die Sprengung 1950 im Stadtbild hinterlassen hatte“, erinnert sich Köhler.

Das letzte Stück dieser Scheinplane kann nun in der Humboldtbox ersteigert werden: Mindestgebot 500 Euro. Schließlich muss der Förderverein die 105 Millionen Euro für die Rekonstruktion der drei äußeren Barockfassaden, des Schlüterhofs, der Innenportale sowie der Kuppel selbst zusammentragen. 81 Millionen Euro sind bis jetzt zusammengekommen. Von den 34 Millionen, die noch fehlen, muss unter anderem die historische Laterne in der Kuppel bezahlt werden, die sich jetzt schon weithin sichtbar über dem Rohbau wölbt.

Insgesamt 2838 Figuren wurden in der Schlossbauhütte in Spandau nachgebaut. Dazu kommen einige wenige noch im Original vorhandenene, bis zu 300 Jahre alte Sandsteinfragmente. Den Abriss einst überstanden hat auch „Prinz Moritz von Oranien-Nassau“. Ein geschichtsbewusster Bürger hatte das übermannsgroße Standbild zu DDR-Zeiten in seinem Garten in Bernau versteckt und nach der Wende im Museum Potsdam abgegeben. Dank der Niederländischen Botschaft konnte Moritz saniert werden. Bis auf eine Hand und einen Finger ist noch alles dran.

Etwas verloren bewacht der Oranien-Prinz nun den Eingang der Infobox. Er kann aber nur Teil des Ensembles werden, wenn die Stadt genehmigen würde, auch das Schlossumfeld zu rekonstruieren, erklärt Köhler und zeigt auf historische Bilder, die Moritz an einem Steinzaun um das alte Schloss zeigen. „Auch die zwei steinernen „Rossebändiger“ mit ihren wilden Pferden seien noch erhalten, weiß der Experte.

Sie bewachen seit Jahrzehnten den Kleistpark in Schöneberg. „Dort werden sie eher selten von Touristen bewundert“, sagt Köhler. „Dafür aber regelmäßig mit Graffiti beschmiert.“

 

Quelle: Märkische Oderzeitung, 05.04.2017

 

 

2 Kommentare zu “„Ein Schloss schmückt sich“

  1. Wie kann man dann dieStadt DAZU BEWEGEN,das Schlossumfeld den Leuten zu überlassen,die dazu kompetent wären , es auch so zu gestalten,daß es zum wiederaufgebauten Gebäude passt.Die Thierse -Wippe schwebt ja schon wie ein Alptraum über der ganzen Umgebung.

  2. Spricht eigentlich rein sachlich irgend etwas dagegen, das Schlossumfeld unter Verwendung erhaltener Originale zu rekonstruieren? Es sah schon damals gut aus, es wäre historisch korrekt, es würde moderne Bausünden verhindern – was will man mehr?

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