„Stadtschloss-Skandal: Baden-Württemberg durfte nicht für das Schloss spenden“

16.03.2017   Berliner Zeitung

 

Von Nikolaus Bernau

Der Nachbau der Berliner Schlossfassaden werde, behauptet die Schloss-Propaganda, ein gesamtdeutsches Projekt. Deswegen soll er mit Spenden bezahlt werden. 105 Millionen Euro hat der Schlossverein Wilhelm von Boddiens dafür zugesagt. 63 Millionen hat er nach eigenen Angaben schon.

Es könnten bereits 68 Millionen sein. Oder auch mehr. So viel wollten Industrielle aus Baden-Württemberg sammeln. Einzige Bedingung: Ein (!) Saal im Humboldtforum solle nach dem Bundesland benannt werden. Doch das Fundraising-Dinner am 7. März – eingeladen hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann, wahrlich keiner Preußenkulte verdächtig – wurde überraschend abgesagt. Denn die Vertreter der Bundeskulturstaatsministerin im Berliner Kuratorium haben die Saal-Namensgebung abgelehnt. Und zwar offenbar ohne Widerspruch von den Nutzern oder vom Land Berlin.

Inzwischen ist der Berliner Zeitung der Tathergang von mehreren Seiten bestätigt. Es solle kein Bundesland bevorzugt werden. Hallo!? Es sind bereits große Flächen im Humboldtforum nach einem Bundesland benannt, für die Hauptstadt-Huldigung „Welt.Stadt.Berlin“ nämlich. Und wohlgemerkt: Der Saal sollte nicht den Namen eines Großspenders oder einer Firma erhalten.

Politisch korrekter geht es kaum. Aber es heißt ja auch, die Weltoffenheit des Projekts verbiete eine solche Namensgebung. Noch mal: Hallo!? Firmen im Süden und Südwesten agieren weltweit, dort weiß man, wie man die Kultur und die Wissenschaften auskömmlich finanziert und den Museen einen Ankaufsetat garantiert. Im Vergleich zu den kulturellen Langfristfolgen von, sagen wir, Heidelberg oder Ulm ist Berlin immer noch ein Newcomer.

Diese Entscheidung gehört mit der kniefälligen Bitte um Entschuldigung zurückgenommen. Ansonsten wird noch der so schon schwer entflammbare Enthusiasmus für dieses nun wahrlich nicht unumstrittene Projekt endgültig abgewürgt. Viel besser wäre es, die Anregung aufzunehmen und auch die anderen Bundesländer zu Saal-Patenschaften zu überreden. Vielleicht begeistert man ja auch die europäischen Nachbarn noch dafür.

So, wie sie einst beim Wiederaufbau des Berliner Tiergartens geholfen haben, könnten sie sich nun beim Humboldtforum einbringen. Was spricht dagegen, einen Bremer Saal zu haben, in dem Schiffe gezeigt werden, einen Mecklenburger Saal mit Masken aus jenen Regionen des Pazifik, die einst Neu-Mecklenburg hießen, oder gar einen Dänischen Saal für die Arktis-Kulturen? Nichts. Außer Berliner Kleingeisterei.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 16.03.2017

 

 

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