„Raffiniertes Spendensystem soll 105 Millionen einbringen“

18.01.2017   Berliner Zeitung

 

Mal wirbt er im Seniorenheim um Spenden, mal in Rotary- und Lions-Clubs – Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss, ist angetrieben von einem Ziel: Er will 105 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses sammeln. Eine ausgeklügelte Strategie hilft ihm dabei.

Von Ulrich Paul

„Wir liegen jetzt bei annähernd 67 Millionen Euro“, sagt der 74-Jährige. „Etwas mehr als 38 Millionen fehlen noch.“ Wenn in den nächsten drei Jahren bis zur Fertigstellung des Schlosses so viel gespendet werde wie im vergangenen Jahr, sei der nötige Betrag zusammen. Im vergangenen Jahr seien rund 13 Millionen Euro in die Kasse gekommen.

Von Boddien hat seine Spendenkampagne so aufgebaut, dass er seinen Unterstützern nicht nur Geld abknöpft, sondern ihnen zugleich etwas gibt. Er lässt sie Schlossbausteine und Schmuckelemente „kaufen“. In einem Spendenkatalog können sich die Interessenten aussuchen, für welches Bauteil in der Fassade sie Geld geben möchten. 250 Euro „kostet“ ein einfacher Schlossbaustein, 1450 Euro eine Säule in der Dachbalustrade, 19.900 Euro eine Fensterumrahmung mit einer Lorbeergirlande. Schon ab 50 Euro ist ein Teilbaustein zu bekommen.

Individuelle Ehrung

„Damit können sich die Spender mit ihrem Baustein für immer identifizieren“, sagt von Boddien. Wer Geld für ein bestimmtes Stück der Fassade spendet, dem wird genau dieses Teil gewidmet – in einem speziellen Stifterbrief, der wie eine Urkunde aussieht.
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Auf die Idee, die Spender so zu würdigen, kam von Boddien vor einigen Jahren. „Mich hat ein sehr wohlhabender Unternehmer gefragt, was er eigentlich davon hätte, wenn er mir eine halbe Million gibt“, erinnert sich von Boddien. „Da habe ich gesagt, materiell kann ich nichts geben, aber wir könnten ihnen ein Fassadenteil widmen.“

Das reichte dem Unternehmer völlig aus. „Da war ich platt, dass er so schnell zufriedenzustellen war, und fragte ihn, warum“, berichtet von Boddien. Der Unternehmer habe daraufhin gesagt, er habe keine Kinder, durch die Ehrung sei er nach seinem Tod doch „mehr als nur ein Grabstein auf dem Zentralfriedhof.“ Daraufhin, so von Boddien, habe er den Katalog aufgelegt.

Vielen ist das Stadtschloss wichtig

35.000 Spender hat der Förderverein bisher namentlich erfasst. Die meisten von ihnen zahlen kleine Beträge. „80 Prozent der Spender haben 20 Prozent des Geldes gespendet, die übrigen 20 Prozent haben 80 Prozent des Geldes aufgebracht“, berichtet von Boddien. Jeder bringe nach seinen Möglichkeiten finanzielle Opfer.

So habe ihm beispielsweise eine 84 Jahre alte Rentnerin einen Brief geschrieben und sich darin sehr erfreut über den Wiederaufbau des Schlosses gezeigt. Sie habe leider nur 950 Euro Rente im Monat, deswegen könne sie nichts spenden, habe sie bedauernd geschrieben. Aus dem Briefumschlag sei dann aber doch ein 50-Euro-Schein herausgefallen. „Das geht ans Herz“, sagt von Boddien.

Eine Million Euro für die Benennung eines Saals

Die Geldgeber erhalten nicht nur einen Stifterbrief, sie sollen später auch im neu errichteten Schloss geehrt werden, sofern sie dies möchten. Im Durchgang unter dem Kuppelportal werden die Namen aller Spender, die einen Betrag von 50 Euro und mehr gezahlt haben, von einem elektronischen Projektor an die Decke des Tonnengewölbes geworfen. In kurzen Abständen unterbricht der Projektor den Namensstrom und stellt einen beliebigen Spender groß heraus. Wer will, kann seinen Namen beim Besuch des Schlosses über eine Tastatur auch direkt anwählen – und, so das Kalkül, seine Freunde oder Verwandten damit beeindrucken.

Geldgeber, die 100.000 bis 999.999 Euro spenden, sollen auf repräsentativen Namenstafeln im Schloss geehrt werden. Wer eine Million und mehr gibt, nach dem wird sogar ein repräsentativer Raum, ein Saal oder ein Foyer benannt. Manche Geldgeber richten ihre Spende bewusst danach aus. So sei vor einiger Zeit ein Herr zu ihm gekommen, der die im letzten Jahr montierte Sandsteinskulptur der „Großen Wappenkartusche“ mit einer Spende finanzieren wollte, berichtet von Boddien. Der Herr habe gefragt, was die Skulptur koste. Rund eine Million Euro, habe er geantwortet. Daraufhin habe der Herr gefragt, wann die Spender mit der Benennung eines Saals geehrt würden. Er habe ihm daraufhin gesagt, ab einer Million Euro. „Vier Tage später hatten wir eine Million und einen Euro auf dem Konto“, so von Boddien.

Wenige Prominente bekannt

Neben den vielen kleinen Spendern sind nur wenige Namen von prominenten Geldgebern bekannt. Doch es gibt sie. Dazu gehört die Unternehmerin Inga Maren Otto. Die Frau des im Jahr 2011 verstorbenen Gründers des Otto-Versands und Berliner Ehrenbürgers Werner Otto ließ dem Projekt 2015 eine „Großspende“ zukommen. Die Höhe des Betrages wurde zwar nicht genannt, doch gelten beim Wiederaufbau des Berliner Schlosses Beträge in siebenstelliger Höhe als Großspenden.
Mit der Zuwendung Ottos soll das Kuppelkreuz finanziert werden, heißt es. Geld für das Schloss kommt auch aus dem Nachlass des verstorbenen Opernregisseurs Nikolaus Lehnhoff. Er ließ dem Projekt eine Spende von einer halben Million Euro zukommen. Viele prominente Geldgeber wollen öffentlich nicht genannt werden, weiß von Boddien. Grund: „Sie fürchten sich vor Bettelbriefen.“

Quelle: Berliner Zeitung, 18.01.2017

 

 

4 Kommentare zu “„Raffiniertes Spendensystem soll 105 Millionen einbringen“

  1. Wenn es einer schafft, dann Wilhelm von Boddien! Er hat es auch mehr als verdient – viel Erfolg weiterhin!U0001f4b6U0001f4b7U0001f4b0

  2. Ein bewundernswerter Mann, der Herr von Boddien! Ohne ihn würde es das gesamte Projekt so nicht geben. Ich habe mich am Tag der offenen Schlossbaustelle mit ihm unterhalten; ein Mann mit Charisma, unendlicher Geduld und einem festen Ziel für das er mit geschickten und intelligenten Herangehensweisen kämpft. Mein vollster Respekt!

  3. hmhh…ich würde weniger von Raffinesse als von Effizienz sprechen wollen…..riesengrosses „Dankeschön“ und weiter so an Herrn v. Boddien….Chapeau…!!!

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