Zum Interview in der Morgenpost vom 4.7.2005

http://morgenpost.berlin1.de/ausgabe/2005/07/04/feuilleton/764406.html

Fragesteller: Das Konzept hat sich bisher nicht herumgesprochen.

von Boddien: Das liegt unter anderem daran, daß uns das wichtigste Instrument unserer Öffentlichkeitsarbeit noch nicht genehmigt wurde: […]

Lieber Herr von Boddien, woran liegt es denn noch, daß sich das Konzept noch nicht herumgesprochen hat? Sie eröffnen Ihre Begründung mit der Fügung "unter anderem". Ja, na woran liegt es denn noch? Ich dachte, daß da noch mehr käme, aber i wo, Pustekuchen! Sie lassen sich darüber aus, daß der böse böse Senat immer noch die Infobox verhindert. Mehr nicht? Hängt alles an von der Errichtung des Kastens ab? Und wie ist das mit der Buddelei nach Trümmern?

Dazu folgende Feststellungen meiner bescheidenen und wohlwollenden Persönlichkeit:

1) Schloßladen in unmittelbarer Nähe zum Schloßplatz. Dürfte auch für den Ortsunkundigsten nicht schwer zu finden sein, vor allem dann nicht, wenn man sich fürs Schloß begeistert, da nimmt man doch den Umweg in Kauf, oder nicht? Karten zu lesen wird ja wohl jeder gelernt haben.

2) Befindet sich direkt am Schloßplatz diese komischen Infodinger, inkl. der Schloßzeitung

3) Direkt am Zaun vorm Palast sind auch noch mal Infodingsbumse drangehangen (hat schon jemand gesehen, daß dort auch Infos zum Palast drankleben? Wundert mich, daß die keiner abmacht.)

4) War und ist Propaganda rund ums Schloß ziemlich umfassend. Dasselbe Interview befindet sich in der "Welt" (Dreckszeitung-meine Meinung) und in der Morgenpost (auch Dreckszeitung-meine Meinung). Im Stern gibt’s auch einen Artikel. Schaue ich mir den Pressespiegel auf dieser Seite an, ist der auch ziemlich üppig.

5) Geisterbusse mit Schloß-Propaganda

6) Irgendwas war mit der Wall AG.

7) Disneyland anno 1993, als die Attrappe aufgezogen wurde.

Man kann also nicht gerade behaupten, daß sich das Konzept noch nicht herumgesprochen habe. Oder niemand davon wüßte, daß das Schloß aufgebaut werden solle. Wie nennt man so was? Manipulation? Bewußte Irreführung? Verschleierung der Tatsachen?

Oder liegt es nicht ganz einfach daran, daß man bereits Schloßmüde ist? Immer und immer wieder der gleiche Mist zum Schloß. Immer sind nur die anderen schuld, Verzögerung Palastabriß, keine Infobox, kein politisches Bekenntnis zum Aufbau, usw. Halten Sie doch die Menschen nicht für dümmer als sie sind.

"Alle Parteien bekennen ja, daß sie in Wissenschaft und Bildung investieren wollen."

Was haben Volksfeste, G8-Gipfel (die man wohl besser irgendwo draußen organisiert), Hochzeiten, Wohnungen für die Schönen und Reichen, überteuerte Freßbuden im Schloß bitte schön mit Wissenschaft und Bildung zu tun? Und wer kein Bock hat nach Dahlem rauszufahren oder zu dumm dafür ist, den Weg zu finden, der soll es halt bleiben lassen. So wichtig kann Dahlem ja dann auch wieder nicht sein, hä? Dahlem wird dadurch nicht aufgewertet, daß die Doofen die Exponate nun mitten in der Stadt bewundern und dann feststellen dürfen wie heruntergekommen und schäbig die eigene deutsche Kultur ist.

"Und aus der Kenntnis und dem Respekt vor anderen Kulturen könnte sich auch ein Selbstbewußtsein für unsere eigene Kultur entwickeln. Die Deutschen tun sich ja schwer, diesen Dialog auf Augenhöhe zu führen."

Ja, unterstellen Sie nur weiter Minderwertigkeitskomplexe. Die werden am besten mit einer Hohenzollernresidenz behoben und geheilt.

Genau, Ihr laßt nur rein Deutsche Arbeiter das Schloß bauen, stilisiert den Aufbau zum nationalen Kraftakt ganz Deutschlands hoch, denn wir müssen wieder wer sein in der Welt! Da dürfen deutsche Soldaten auch ruhig im Kampf gegen afghanische Drogenkartelle krepieren. (Kriegen ja auch genung Kohle dafür, so ist’s ja nicht.) Oder andere Länder feige mit Kampfbomber überfallen.

Als ob "Respekt vor anderen Kulturen" erst dadurch entsteht, daß die Hohenzollernresidenz der preußischen Menschenschinder und Menschenhasser aufgebaut wird.

Weiter behaupten Sie auf die Frage " Und dabei soll das Schloß helfen?" -> " Das wird im Ausland von vielen so gesehen."

Welches Ausland denn? Sind wir in Europa nicht alle Inland? Fragen Sie doch mal die Polen, was die von der Idee halten, die hohenzollernsche Residenz wiederaufzubauen? Preußen hat sich ja auch mächtig an Polen vergriffen, hä? Meinen Sie nicht, daß im Interesse der Völkerverständigung der Aufbau der Residenz der Hohenzollern in der Mitte der Hauptstadt genau das falsche rückwärtsgewandte Signal darstellt? Dasselbe trifft auch auf die Garnisonskirche in Potsdam zu.

Weiß man sich halt nicht weiterzuhelfen, so suggeriert man einfach, daß das Ausland schon sehnsüchtig aufs Schloß warte. So ist das halt mit der eigenen Kultur, man schaut lieber ins Ausland, aber bloß nicht in die eigene Kloake.

"Das sagen die Russen."

Das sagen wohl eher die, mit denen Sie gesprochen haben. Also mal auf dem Teppich bleiben.

"Derzeit sind 65 Prozent für Kultur und Bildung und 35 Prozent für eine kommerzielle Nutzung festgeschrieben. "

Danke, ich verneige mich vor Ihnen. Derzeit also schon 65/35, bleibt ja noch viel Zeit für die weitere Absenkung des Kulturanteils. Im Bundestag sprach man noch von 80/20. So schnell geht das.

"65 Prozent für die Kultur halte ich für die absolute Untergrenze. Berlin hat genug Kommerz."

Der Meinung bin ich auch. Fairerweise sollten Sie doch mal sagen, wie die offizielle Position des Vereines ist, wenn der Anteil noch weiter abgesenkt wird. Was dann? Dann kann sich doch die Elite, die Reichen und Schönen ihr Schlößchen selbst bauen, ohne Spenden, ohne Verein. Wie sehen das die Spender?

6 Kommentare zu “Zum Interview in der Morgenpost vom 4.7.2005

  1. Kannst du eigentlich nur meckern?
    Ein schönes Gebäude soll wieder aufgebaut werden. Und dieses Denkmal einer Diktatur verschwinden.
    Sei den Menschen dankbar die Ihre Freizeit dafür hergeben.

  2. "Kannst du eigentlich nur meckern?" – ja, herr Höfer scheint darin schon recht gut zu sein… (-;
    "Ein schönes Gebäude" – ???, wie gesagt, das ist Ansichtssache
    "soll wieder aufgebaut werden. Und dieses Denkmal einer Diktatur verschwinden." – noch einmal: für was genau steht nochmal der Kölner Dom? Für was der Flughafen Tempelhof? Für was der Kaiserpalast in Peking? Für was der Tower of London? Für was das Pentagon? Für die diktatorische Komponente der DDR gibt es, glaube ich, sehr gute und viele Denkmale. Der Palast stünde schon für etwas anderes und ließe sich vor allem auch sehr gut für das Ende der DDR mit dem Volkskammerbeschluß zum Beitritt zur BDR interpretieren, wenn Sie unbedingt wollen.
    "Sei den Menschen dankbar die Ihre Freizeit dafür hergeben." – und zum dritten mal: warum soll man für etwas dankbar sein, dessen Sinnhaftigkeit äußerst fragwürdig ist und das ich darüberhinaus für falsch halte. In der Ökonomie gibt es den Begriff der Oportunitätskosten, die in etwa die Kosten gegenüber möglichen Alternativen relativieren – "was könnte man für diesen Preis / diesen Aufwand alles andere schönes machen". Wieviel besser könnte also diese Welt sein, wenn das Engagement dieser vielen, mit unter hochgebildeten und gut situierten Menschen, in vernünftige und humane / humanitäre Projekte anstatt diese Schloßaktion fließen würde?

  3. Wie zum Beispiel für Tsunami spenden.

    Schon gehört, dass bereits über 100 Millionen Euro an Spendengeldern in Indonesien unauffindbar versickert sind? Klar, wenn das Geld gleich auf den Schweizer Konten der Potentaten landet.

    Merke: reiner Idealismus bringt auch nichts, man muss an alles mit ziemlichem Realitätsinn herangehen. Wie die vom Schloss an ihr Projekt!

  4. "Wie zum Beispiel für Tsunami spenden. "

    Das sagen Sie mal bitte nicht zu laut. Sie sind doch gewiß kein Menschenfeind, nicht? Also ich habe für Tsunamis nun gar nichts übrig. Die Toten werden’s Ihnen danken! tz tz tz

    "Merke: reiner Idealismus bringt auch nichts, man muss an alles mit ziemlichem Realitätsinn herangehen. Wie die vom Schloss an ihr Projekt!"

    Richtig richtig richtig. Nur fehlt den Hohenzollernfreaks jeglicher Realitätssinn.

    "Wie die vom Schloß an ihr Projekt".

    Außerdem wird doch ständig in die Welt geblasen, daß das nicht deren Projekt ist, sondern eine nationale Kraftanstrengung – ergo uns alle was angeht. Deshalb weiß ja auch jeder, wieviel Spendengelder in €€€€ der Verein schon hat…

    Aber Sie haben das schon nichtwollend wollend richtig erkannt: Es ist nicht unser Projekt, es ist schlicht und ergreifend DEREN Projekt. Eine verschwindend kleine Truppe rückwärtsgewandter Gesinnungsgenossen bastelt an ihrem unauslöschlichem Denkmal.

    von Boddien & Truppe – retter deutscher Kultur und Tradition.

    WBUHAHWHAHHAHAHAHAH AHAHAHAHHAHAAAHAHA

  5. Leider muß ich mich jetzt für eine Weile verabschieden, denn in der geschlossenen Anstalt wird jetzt der PC fortgesperrt und ich auch…

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