Viele Sprösslinge machen den Wald

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Es gibt wohl kaum jemanden unter uns Aktiven der Ebene 1 der Humboldt-Box, der diese kleine, wenig auffällige alte Dame nicht kennt. Erst nach mehreren ihrer Besuche wurde ich auf sie aufmerksam. Sie steht lange an dem großen Fenster und schaut auf die Lustgartenseite des Baukörpers. Eine noch graue massige Wand mit den leeren Fensteröffnungen.

Ohne sich zu setzen, verfolgt diese Besucherin die Bilder und Erläuterungen der einzelnen Filme, sicher zum x-tenmal und mischt sich zuhörend unter die Gruppen unser Gäste vor dem schönen Modell des historischen Zentrums unserer Stadt. Und wenn sie sich völlig unbeobachtet fühlt, steckt sie schnell einen zusammengefalteten Geldschein in die Kleinspendenbox. Auf einem der Stühle im Gipsmodellbereich nimmt sie dann Platz. Mittlerweile biete ich ihr zu diesem Zeitpunkt unseren Kaffee an, der ja auch eine freundliche Spende der 5. Etage für uns ist. Einen farbigen Spendenbeleg lehnt sie kategorisch ab. „Was soll ich mit den vielen Blättern“, sagt sie und fügt hinzu, „machen sie nicht so viel Aufhebens mit mir.“ Den Kaffee aber nimmt sie, mit Milch.

Ich wünsche meiner unbekannten Freundin viel Gesundheit und ich denke dabei nicht an ihre heimlichen, kleinen Zuwendungen. Ich würde sie so gerne im fertigen Humboldtforum an die Hand nehmen und ihr die Vielfalt dieses „Ersatzschlosses“ zeigen. Wer, wenn nicht sie, verdiente es!

(Von Winfried Henschel)

4 Kommentare zu “Viele Sprösslinge machen den Wald

  1. „Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, damit dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ Mt 6, 3-4

  2. Ich habe die Dame auch Schon gesehen und kurz mit ihr gesprochen…..einfach nur eine tolle Frau,die einen großen Traum hat

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