Tilgung der DDR-Geschichte?

Herr Bas, glauben Sie ernsthaft, dass es primär darum geht DDR-Geschichte auszulöschen? Ich lebe in Berlin und verfolge auch diese/s Diskussion/Geschehen seit geraumer Zeit und habe keinen Anlass zu solchen Mutmaßungen.
Ginge es primär darum, hätte man dann nicht unlängst andernorts ansetzen müssen?
Der Berliner Fernsehturm beispielsweise, weithin sichtbar, die sozialistische Prachtmeile Karl-Marx-Allee, die Wohnhochhäuser der Leipziger Strasse, deren Fensterausrichtung in Nord-Süd-Richtung angelegt wurden um einen ungehinderten Blick hinüber in den Westen zu erschweren und die Sicht auf den Komplex des Verlagsviertels, Standort Kreuzberg, zu vermeiden. Von den unzähligen sozialistischen Bauten in der Innenstadt ganz zu schweigen. Und dann das ins Leben gerufene DDR-Museum vis à vis des Berliner Doms.
Spuren nationalsozialistischer Architektur gibt es ebenfalls noch in unserer Stadt. Das Olympiastadion, der ehemalige Flughafen Tempelhof, der Fehrbelliner Platz usw. Hat man all dies weitestgehend original stehen lassen um nicht an diese Zeit zu erinnern?
Die Reichskanzlei ist auf wessen Betreiben abgerissen worden? Aha.
(Möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich keine Parallele zur DDR herstellen möchte!)
Bei der Frage um die Bebauung des Schlossplatzes in Berlin ging und geht es eben um sehr viel mehr.
Auch die Frage der Ästhetik spielte hier sicher eine entscheidende Rolle, geboten auch durch das umliegende historische Erbe.
Grüße aus Berlin, auch an Ihre Frau:-)

2 Kommentare zu “Tilgung der DDR-Geschichte?

  1. Primär sicher nicht, doch wird es sekundär sicher auch in vielen Köpfen eine Genugtuung gewesen sein den Palast als Symbol der DDR verschwinden zu sehen.
    Aber wie Sie selbst angesprochen haben, man hat sich in Berlin bisher halbwegs seiner Geschichte gestellt, dies ist nicht immer optisch "schön" aber wichtig. Darum ist es umso bedauerlicher das man hier die Chance vertan hat diese Tradition weiterzuführen. Man hätte den PdR weiterentwickeln müssen. Spätere Generationen werden uns dafür fragend anschauen.

  2. Ich sehe ich mich außer Stande das zu kommentieren. Just für mich ging und geht es nicht darum bauliche Spuren der DDR-Diktatur auszulöschen. Ob sich das für Dritte so verhält kann ich nicht beurteilen. Und ob uns spätere Generationen"fragend"anschauen werden vermag ich ebenso wenig zu beurteilen. Das stelle ich allerdings in Frage. Aber erleben werde ich auch die späteren Generationen noch und lasse dies auf mich zukommen. Sicher, ich empfinde es auch als einen wichtigen Umstand Geschichte zu konservieren und im Gedächtnis wach zu halten. Und man kann nun wahrlich nicht behaupten, dass dies in diesem Land nicht geschieht.
    Und in Berlin schon mal gar nicht. Nur, neben dem Aspekt der Erhaltung von Geschichte gibt es eben auch andere Aspekte, die mindestens ebenso gewichtig sind. Die Argumente dazu sind hinlängst ausgetauscht worden. Gerade deshalb auch, ist die Errichtung des Humboldt-Forums in der Gestalt des Stadtschlosses wichtig und in meinen Augen eine gute Entscheidung. Der städtebauliche Zusammenhang und vorallem der gewachsene Zusammenhang gebietet das geradezu, mehr als in jeder anderen Metropole. London, gerade besucht, ist gut ohne den Buckingham Palast vorstellbar. Paris auch ohne den Louvre oder eines der anderen herausragenden Bauten. Einen aufkommenden Historismus kann ich dabei beim besten Willen nicht erkennen. Oder gibt es etwa einen ähnlichen Hype das ehemalige Schloss Monbijou zu rekonstruieren? Stellen wir uns doch einmal der Frage weshalb sich der Mensch (ich) nach solchartigen Gebäuden, in dem Fall das Stadtschloss, sehnt?
    Ich habe es nie stehen sehen, denn zum Zeitpunkt meiner Geburt lag das Berliner Stadtschloss bereits seit fast dreißig Jahren begraben. Und dennoch erahne ich die Leaderfunktion dieses Gebäudes in diesem architektonischen Ensemble, und auch darüber hinaus…Ich behaupte, dass es keine Wiederaufbaubestrebungen gegeben hätte, wenn man nach dem Krieg all die Ruinen des Schlossplatzumfeldes abgetragen hätte und durch Neubauten ersetzt hätte.
    Als ein historisch rekonstruietes Solitärgebäude inmitten sozialistischer Bauten hätte man das ehemalige Stadtschloss sicher nicht wieder errichtet. Hier geht es doch auch um einen nicht zu unterschätzenden Wohlfühlmoment. Der Wunsch nach Ausstrahlung von Harmonie, welche auch über ein Stadtbild vermittelt werden sollte. Das ist ein Urwunsch des Menschen…, auch!
    Ich wiederhole mich gerne, mich vermag die bauliche Sprache vergangener Epochen(Gotik, Barock, Klassizismus, Renaissance)mehr in all meinen menschlichen Facetten zu inspirieren als es die Nachkriegsarchitektur vermag!
    Was die Zukunft bringt wird sich zeigen.
    Ich bleibe offen und gespannt.
    Und auch offen für weitere Rekonstruktionen. In meinen Augen gibt es noch eine Menge an architektonisch unhaltbaren Orten in Berlin. Beispielsweise der Mehringplatz, der Ernst-Reuter-Platz, der Breitscheidplatz, Kurfürstenstrasse, An der Urania usw., um nur einige zu nennen.
    Mit besten Grüßen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert