„Streit um die Gestaltung des Schloss-Umfeldes“

29.11.2016   Der Tagesspiegel

Der Bund stellt Geld für die Versetzung des Neptunbrunnens und der Kolonnaden neben das Schloss zur Verfügung. Aber so einfach ist es nicht.

Von Ralf Schönball

Historisch, autogerecht oder steinern? Mit Wippe oder Kolonnaden? Mit oder ohne Brunnen? Über die Gestaltung der Freiflächen rund um das Schloss wird wieder heftig gestritten, seitdem der Bund nun schon zum zweiten Mal mit dem Scheckbuch seine Präferenzen deutlich zum Ausdruck gebracht hat: Das Geld für die Versetzung der Kolonnaden und des Neptunbrunnens an ihren ursprünglichen Platz neben das Schloss steht zur Abrufung bereit – der Senat muss nur noch wollen.

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heißt es auf Anfrage, dazu könne sich nur die neue Leitung des Hauses äußern. Die ist aber noch nicht im Amt. Pläne für die Gestaltung des Schloss-Umfeldes gibt es allerdings schon und die haben mit der historischen Ästhetik wenig zu tun. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hatte vor drei Jahren einen Wettbewerb ausgelobt, aus dem die Landschaftsarchitekten „bbz“ als Sieger aus der Konkurrenz mit 40 Wettbewerbern hervorgingen. Unumstritten war das Votum allerdings nicht, acht Stimmen für, fünf gegen den Entwurf hatte es gegeben – denkbar knapp.

Vor allem die Gestaltung des Schlossplatzes, also der Fläche vor der Südfassade, wenig Grün und viel Beton, hatten dem Entwurf den Spitznamen „steinerner Garten“ eingebracht. Die Jury hatte seinerzeit empfohlen, die Pläne zu überarbeiten. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es nun, dies sei auch erfolgt. Einer Realisierung rückten die Entwürfe damit trotzdem nicht näher.

Amüsanter Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern

Das erinnert an das Schicksal der Entwürfe für die Wettbewerbe zur Gestaltung der Leerstelle, aus der nun das Schloss emporwächst. Auch dazu waren viele Beiträge zeitgenössischer Architekten eingegangen, ohne dass einer wirklich zu überzeugen vermochte. Kommt aus einer ähnlichen Verlegenheit nun die Rekonstruktion des Schloss-Umfeldes nach historischem Vorbild?

Dem steht noch Widerstand von den Aktivisten für das Freiheits- und Einheitsdenkmal um Wolfgang Thierse entgegen. Wie berichtet haben diese in einem Offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten noch einmal die „handstreichartige“ Entmachtung des Parlamentsbeschlusses zugunsten des Denkmals nach Plänen von Johannes Milla beklagt und klar gestellt, warum von der Kostenexplosion, mit der das Vorhaben gestoppt worden war, keine Rede sein könne.

Ganz fair ist es tatsächlich nicht, Kosten für die Sanierung des historischen Sockels, auf dem frühere Kaiser Wilhelm thronte und der nun der „Einheitswippe“ tragen soll, dem Denkmal-Projekt zuzuschreiben – denn diese fallen ohnehin an, egal welches Szenario Realität wird.

Der Denkmal-Sockel und das historische Erbe in dessen Umfeld führte nun auch zu einem amüsanten Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern des Denkmals. Die Staatsministerin für Kultur Monika Grütters hatte im Tagesspiegel erklärt, die Mosaike unter dem Sockel des Denkmals hätten entfernt werden müssen, denn diese seien „kontaminiert“: Wappen von Ländern wie Elsass-Lothringen, Pommern und Schlesien seien abgebildet, kurzum von vergangenen geschichtlichen Gebilden, und das sei „nicht vereinbar mit der Botschaft von Freiheit und Einheit heute“.

Stadthistoriker: Es geht um Ästhetik, nicht um Politik

Die scharfe Replik des Gegners der Kolonnaden-Rekonstruktion und Befürworters des Einheitsdenkmals Florian Mausbach: Solche „geschichtsfälschende Retuschen an historischen Darstellungen“ seien „sonst nur aus Staaten unter Parteidiktatur bekannt“ und folgten der Logik einer „political correctness“, die auch Frauengestalten wie die Weichsel aus dem Schlossbrunnen entfernen lassen müssten, weil diese preußische Flüsse darstellten und damit Ausdruck seien „preußisch-deutschen Germanisierungsbestrebungen Westpolens“.

Absurd seien Grütters Einlassungen zumal sie andererseits mit den Kolonnaden ein „Denkmal zur Huldigung von Obrigkeit und Untertanengeist“ fordere.

Befürworter von Rekonstruktion wie Stadthistoriker Benedikt Göbel halten politische Begründungen für müßig, wo der Einsatz doch nur ästhetisch sei. In dieser Hinsicht aber sei es mit Kolonnaden und Brunnen nicht getan, auch die „Rossebändiger“ müssten vom Preußischen Kammergericht am Kleistpark zurück zum Schloss. Diese beziehen sich auf Dachfiguren des Alten Museums und verstärken die Blickbeziehungen.

 

Quelle: Der Tagesspiegel, 29.11.2016

 

 

23 Kommentare zu “„Streit um die Gestaltung des Schloss-Umfeldes“

  1. In dem Artikel geht manches wüst durcheinander, und diverse Vokabeln zeugen von grotesker Unsachlichkeit, z. B. mit dem Vorwurf, Ministerin Grütters fordere ein ,,Denkmal  zur Huldigung von Obrigkeit und Untertanengeist“. Selbst politische Korrektheit wird mit politischer Inkorrektheit verwechselt, wenn der (politisch-korrekte) Kolonnadengegner die (politisch-korrekte) Entfernung der Mosaiken der Wappen von Elsass-L., Pommern und Schlesien, deren Erhaltung politisch-inkorrekt wäre, als ,,geschichtsfälschende Retusche“ bezeichnet. Nebenbei, es gibt auch heute in der BRD noch ein Stück bzw. Land Pommern, Mecklenburg-Vorpommern, und eine Ecke Schlesien. (In Indien gibt es analog den Bundesstaat West-Bengal, dessen früherer Osten heute Bangladash ist).  In dem Begriff ,,preußisch-deutsche-Germanisierungsbestrebungen Westpolens“ hat man gleich alles heute politisch-korrekt Verhasste zusammengepackt: preußisch, deutsch, germanisch. Deutscher Selbsthass, deutsch Selbstzerstörung, wie in dem Aufruf ,,Bomber Harris do it again!“  Man erkennt das Ausmaß an geistiger Kontamination bei solchen heutigen deutschen Politikern und Journalisten. Mit solchen Leuten zu diskutieren ist unsinnig. Nebenbei: Ich bin (politisch-inkorrekt) für den Wiederaufbau der Kolonnaden!

  2. Ich habe nichts Grundsätzliches gegen kurzlebige, Zeitgeist-getriebene Humoresken wie diese Wippe – aber bitte nicht ein in sich schlüssiges und homogenes historisches Ensemble wie die Museumsinsel mit Schloss dadurch dauerhaft verunstalten! Dafür gibt es doch bestimmt ein passenderes Umfeld, beispielsweise einen Parkplatz zwischen einem Einkaufszentrum, einer Tankstelle und einer Turnhalle.

  3. Ja, und in ein Provinznest werden unsere schöne Stadt die Pläne von rot-rot-grün verwandeln. Leute holt die Forken ausm Schuppen und laßt Sie uns vertreiben!

  4. Diese unwürdig und nicht anhaltende Diskussion um die Gestaltung des Schlossplatzes ist einfach nur noch zum kotzen!!! Da werden in einer beeindruckenden Aktion Spenden für den Wiederaufbau der historischen Fassade von der Bevölkerung gesammelt, das ist eine ganz klare Aussage auch für die Wiederherstellungdes Umfeldes! Großer Fehler das das eine ohne das andere entschieden wurde!

  5. Du findest es also legitim, gegen die demokratische Mehrheit in Berlin mit Forken vorzugehen? Von so jemandem will man ja nicht mal bestattet werden..

  6. So unwürdig wie in dieser Stadt mit Erhalt, Rekonstruktion, Archhitketurfragen usw. umgegangen wird, sind wir sschon längst Provinz. Tiefste!#

  7. Das historische Umfeld wird in seiner Gänze wiedererschaffen werden. Das wird auch die rrg Chaosregierung in Berlin nicht abwenden können. Den Kollonaden wird es ergehen, wie vor einiger Zeit dem Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz: Auch der Kaiser kommt zurück. :-):-) Die geneigten Bedenkenträger werden zunächst aufheulen, aber dann herrscht darüber Ruhe und Zufriedenheit. Siehe EK in der Quadriga am Brandenburger Tor.

  8. Eine Steigerung könnte nur noch zu Stande kommen, wenn die Befürworter einer historischen Ost-Fassade des Schlosses dieselben Leute wären, die für eine moderne Einheitswippe am Schloss kämpfen. Zum Schloss gehören Brunnen, Rossebändiger und Kolonnaden. Das wichtige Denkmal für die Deutsche Einheit gehört vor den Reichstag.

  9. Als Demokratischer und aufgeklärter Bürger kann man sicher mit dem Denkmal des ehemaligen Kaisers gut leben !
    Jedoch Kommunisten scheinen noch immer noch zu verstehen das die DDR nicht mehr existiert !

  10. Warum so viel Geld für ein veraltetes und nicht zeitgemässes Gebäude? So bedeutungsschwanger kann das gar nicht sein. Denkmalpflege ist wichtig aber wenn ein Denkmal zerstört ist sollte man über Weiterentwicklung nachdenken.

  11. Ideologisch vermintes Gelände – erdrückend dieser elitär-totalitäre Mief im trief-roten Berlin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert