„Neptunbrunnen vor dem Rückzug“

25.11.2015    Berliner Abendblatt

Von Ulf Teichert

Das Wasserspiel vor der Marienkirche: Viele Berliner wollen, dass es an diesem Standort bleibt. Doch jetzt hat der Bund zehn Millionen Euro für den Rückzug des Brunnens vor das Stadtschloss bereit gestellt.

Es war Anfang Juni dieses Jahres, als Wilhelm von Boddin ernst machte. Bei einem Pressetermin zur Gestaltung des Umfeldes des Humboldtforums forderte der Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss e. V. unter anderem, dass neben den Rossebändigern, die aktuell im Kleistpark vor sich hin gammeln, auch der Neptunbrunnen an seinen angestammten Platz zurückkehren möge. Noch braust dort der Verkehr über die Breite Straße, aber so ganz unmöglich scheint das Vorhaben jetzt nicht mehr zu sein. Zur Überraschung aller Beteiligten verständigte sich der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nämlich darauf, zehn Millionen Euro für den Rückzug des maroden Brunnens auf den Schlossplatz bereit zu stellen. Während nun Boddin allen Grund hat, zufrieden zu sein, zeigten sich andere am Schlossbau beteiligte Partner höchst irritiert. Zumal sie sich durch die Bereitstellung der Mittel ganz offensichtlich unter Druck gesetzt fühlen. So begrüßte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel zwar das finanzielle Engagement des Bundes in Berlin, wies jedoch zugleich darauf hin, dass „wir uns mitten in einer stadtweiten Debatte über die Zukunft des Rathausforums“ befänden. „So lange dieser bürgerschaftliche Prozess nicht abgeschlossen ist, steht eine Versetzung des Neptunbrunnens nicht zur Diskussion“, erkläre Senator Geisel. Und er stellte klar, dass Berliner Stadtentwicklung in Berlin und nicht im Haushaltsausschuss des Bundestages gemacht werde.

Immenser Aufwand

Was den Rückzug des Neptunbrunnens allerdings zusätzlich beschleunigen könnte, ist der Umstand, dass das Wasserspiel komplett marode ist und für viel Geld saniert werden muss. Das betrifft nicht nur das von Reinhold Begas geschaffene und 1891 eingeweihte bronzene Figurenensemble, sondern vor allem auch seine unterirdischen Anlagen. Diese sind in einem so heruntergewirtschafteten Zustand, dass ihr Betrieb nur noch mit immensem Aufwand zu gewährleisten ist. Und noch ein Umstand setzt dem Brunnen zu: Vor allem jüngere Menschen nutzen den Brunnen in den heißen Sommern als Quell der Erfrischung und sorgen mit ihren Klettereien zusätzlich für Schäden. Denkmalschutz-Experten gehen davon aus, dass Neptun als Teil des Schlossensembles wesentlich mehr Respekt entgegengebracht werden würde und plädieren schon deshalb für einen Wegzug vom Rathausforum.

So ungewiss das Schicksal das Neptunbrunnens ist, so sehr scheint der Traum von einem Terrassenrestaurant auf der Nordwestecke des Humboldtforums Realität werden zu können. Fünf Millionen Euro bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestages für dieses Vorhaben. Spätestens 2020 sollen die Besucher dort ihren Kaffee genießen können.

 

Quelle: Berliner Abendblatt, 25.11.2015

 

 

31 Kommentare zu “„Neptunbrunnen vor dem Rückzug“

  1. Die Wiederherstellung des Historisches Umfeld des Schlosses ist das wichtigste, statt moderne Projekte. Der Terrassrestaurant kann natürlich angenehm sein aber er darf nicht der Umzug der Neptunbrunnen wrtschaftlich gefärhden.

  2. Ich halte die Entscheidung des Bundes für richtig! Auch für die Vermittlung von Schönheit und historischem Kontext sollten (auch heute noch) Mittel aufgewandt werden.

  3. Die Berliner Sollen lieber mal den Platz zwischen Fernsehturm und Schloss gestalten, statt den Brunnen als Turngerät für unausgelastete Partygänger und Pool im Sommer zu nutzen…

  4. Ist so typisch Presse, es wird immer verallgemeinert. Ick bin ein Berliner und bin dafür, das der Neptunbrunnen an sein historischen Standort vor dem Berliner Schloss zurückkehrt.

  5. Die Berliner haben genug andere Brunnen!!!!!Die sollten sie mal nutzen und der Neptun-Brunnen ist keine Party_Location.Bitte mehr Respekt vor Kunstwerken im öffentlichen Raum.

  6. Es gibt keine Alternative als dass der Brunnen wieder zurück auf den Schlossplatz zieht. An seinem jetzigen Standort wird das neobarocke Kunstwerk langsam aber sicher zerstört. Mal ganz davon abgesehen, dass es in seiner barocken Formensprache viel besser zum Schloss passt als zu dem sozialistisch gestalteten Umfeld, auf dem er sich jetzt gerade zwangsbefindet.

  7. Der Brunnen gehört vors Schloß. Als Ausgleich könnten ja Marx und Engels ein paar Meter weiterziehen vors Rathaus. Das wäre doch mal ein Kontrast.

  8. Wer ‚viele‘ schreibt, weiß genau, dass er eine Minderheit meint. Für die Heimkehr des Schlossbrunnens auf den Schlossplatz, der gegenwärtig noch eine abstrakte Vorstellung ist bei all den Baucontainern, dürfte es eine klare demokratische Mehrheit geben.

  9. Hallo Berliner Politiker,

    Augen auf! Es gibt auch Geld von der EU für die Restaurierung und Instandsetzung des Brunnens, wie z.B. in Hamburg geschehen bei  der Restaurierung des Brunnens auf dem Platz der Republik in Altona. Wäre gut, wenn das Hick-Hack um den Brunnen endlich ein Ende fände!

  10. hmh…noch ein Stürmchen im Wasserglas gefällig ? Das Standbild des St. Georg im Nikolaiviertel befand sich ursprünglich im Schlüterhof……Diskussion erwünscht……

  11. „Viele Berliner wollen, daß es an diesem Standort bleibt..“ – ja… und noch MEHR wollen, daß der Brunnen an seinen alten Standort zurückkehrt! DIESE Aussage hat Gewicht, nicht das Gequatsche der weitgehend gleichgeschalteten System-Presse!

  12. ja, typisch Mainstream-Medien; gewissen Kreisen immer treu zu Diensten… in diesem Fall den Beton-Köppen im Berliner Senat und der Stadtverwaltung.

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