„Joachim Mühlen – als Steinbildhauer am Berliner Stadtschloss und in der Region gefragt“

15.08.2017  Osthessen News

Skulptur in Hofaschenbach wird enthüllt

Joachim Mühlen – als Steinbildhauer am Berliner Stadtschloss und in der Region gefragt

Von Gudrun Schmidl

Auf dem Hof lagert der Torso einer Jesusfigur und wartet auf die anstehende Restaurierung. Der Kopf dazu hat es schon in die Werkstatt von Joachim Mühlen geschafft, der sich als Steinmetz und Steinbildhauermeister auch auf die Restauration von alten Kunstwerken spezialisiert hat. Die Wiederherstellung des Hochkreuzes gehört zu seinen aktuellen Aufträgen genau wie die Neuanfertigung von Hochkreuzen und Bildstöcken. In dem kleinen Haunetaler Ortsteil Mauers hat Joachim Mühlen einen Hof erworben und das Fachwerkhaus in ein Schmuckstück verwandelt. Angrenzend befindet sich sein Atelier, in dem er sich mit handwerklichem Geschick, ruhiger Hand, Geduld, Gefühl und geübtem Auge anspruchsvollen Steinbildhauerarbeiten widmet.

Dieser Beruf wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Als Sohn eines katholischen Pfarrers in Nüsttal-Rimmels geboren und aufgewachsen, wusste er nach der Schulzeit nicht so richtig, was er beruflich machen sollte. Es war sein Vater, der ihm „aus einem Gefühl heraus“ vorschlug, eine Ausbildung als Steinmetz und Steinbildhauer zu absolvieren. Es war ein guter Rat, fast schon eine Vorahnung, denn Joachim Mühlen ist in seinem Beruf erfolgreich, hat von 2014 bis zur Bezugsfertigkeit in diesem Jahr als freier, leitender Steinbildhauer im Auftrag der in Bamberg ansässigen Firma Hermann Graser Natursteinwerkstatt an dem ehrgeizigen Wiederaufbau des neuen Berliner Stadtschlosses mitgewirkt. Nach dem Einzug der Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Humboldt-Universität sowie der Landes- und Zentralbibliothek Berlin soll es voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2019 eröffnet werden. Mit den Fassaden des Berliner Stadtschlosses wird die historische Mitte Berlins in alter Schönheit endlich wieder hergestellt.

In den vergangenen drei Jahren hat der inzwischen 55-Jährige mit wenigen Unterbrechungen in Berlin, aber auch in der Bamberger Natursteinwerkstatt gearbeitet. Hier hat Joachim Mühlen als „Vorreiter“ für das Großprojekt in der Hauptstadt verschiedene Prototypen gefertigt. Dafür ist er vorab ein halbes Jahr lang eigens in die barocke Bildhauerlehre in die Werkstatt von Andreas Artur Hoferick in Berlin-Weißensee gegangen, denn nur erfahrene Steinbildhauer, die sich zuvor mit der Kunst des Barock intensiv auseinandergesetzt haben, bekamen diesen Vertrauensvorschuss.

„Ohne solche Modelle wäre der Wiederaufbau des Schlosses in der erwarteten hohen Qualität nicht erreicht worden, da am Modell aus Ton noch schöpferische Retuschen vorgenommen werden konnten, am Sandstein später aber nicht mehr“, erklärt Joachim Mühlen die Vorgehensweise. Die Tonmodelle wurden nach ihrer künstlerischen Abnahme in Gips abgegossen, diese Abgüsse waren dann die eigentliche Vorlage für den Steinbildhauer, der sie in Sandstein in der Tradition seines über 600 Jahre alten Gewerbes kopierte. Eine große Herausforderung für den Steinbildhauer aus Mauers war in einer Gemeinschaft von Bildhauern aus ganz Deutschland die Herstellung der 40 Adlerkapitelle, jedes ein individuelles Original. „Diese wurden zwar vorgefräst, waren aber durch die Modellvorgaben sehr filigran und die Gestaltung dadurch sehr zeitintensiv“, betont Joachim Mühlen.

Bis zu seiner Verpflichtung als Steinbildhauer am Berliner Schloss war es ein langer Weg. Seine dreijährige Ausbildung absolvierte er in dem damaligen Steinmetzbetrieb Kramer in Fulda, wo er noch acht Jahre als Geselle arbeitete. In der Zeit wurde er mit ganz klassischen Steinmetzarbeiten wie das Verlegen von steinernen Bodenbelägen, die Herstellung und den Einbau von Treppen oder Fensterbänken, aber auch die Gestaltung und das Setzen von Grabsteinen beschäftigt. Erste Restaurierungsarbeiten kamen hinzu, die seinen weiteren beruflichen Weg prägten. Für die Firma Kramer in Hamburg hat er anschließend deutschlandweit Restaurierungen durchgeführt. Von 1997-99 besuchte er die Meisterschule Wunsiedel (Bayern) und seit seinem erfolgreichen Abschluss arbeitet er als selbständiger Steinmetz und Steinbildhauermeister. Als junger Meister wurde Joachim Mühlen mit dem bayerischen Staatspreis für Gestaltung ausgezeichnet. Weitere Höhepunkte in seinem Berufsleben waren sein Mitwirken als leitender Steinmetz am Potsdamer Stadtschloss und dem Museum Barberini in Potsdam.

Aber auch hier in der Region wird die Arbeit des Künstlers geschätzt. Seine Aufträge bekommt er von Privatleuten, Vereinen, Kirchengemeinden oder Kommunen. Joachim Mühlen arbeitet bevorzugt mit Sandstein. Auf seinem Hof lagern Sandsteinblöcke aus den Vogesen, aber auch Friedewalder Sandstein, der aktuell verarbeitet wird. Der Heimatverein Hofaschenbach hat ihn beauftragt, eine Skulptur zu erschaffen, versehen mit dem Spruch, der das Leitmotiv des Dorfjubiläums 2015 wurde: „Hofaschenbach, bo´s de decke Quatsche gitt, drei Stöck e Doasch vohl – Hofaschenbach, wo es die dicken Zwetschgen gibt, drei Stück eine Tasche voll“. Genau wie im Text beschrieben wird das Kunstwerk aussehen, das am Sonntag, 20. August 2017, nach der Messe gegen 10.45 Uhr nahe der Kirche in der Dorfmitte im Beisein des Künstlers feierlich enthüllt wird.

Joachim Mühlen kann sich gut vorstellen, für Städte und Gemeinden nicht nur Skulpturen aus eigener Herstellung zu liefern, sondern verschiedene Plätze in ihrer Ganzheit nach eigenen Entwürfen zu gestalten, denn neben seinem Anspruch, Altes zu erhalten, Traditionen und Objekte zu pflegen, ist er gleichermaßen begeistert, Neues zu erschaffen!

 

Quelle: Osthessen News, 15.08.2017

 

 

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