„Da kannste nicht meckern“

27.05.2016   Hohenzollerische Zeitung

Eine Ausstellung, die sich den Anfängen und der künftigen Nutzung des Berliner Schlosses widmet, ist im Torturm der Burg Hohenzollern zu sehen.

Von Stephanie Apelt

Am Anfang war eine Idee. Was folgte, war ungeheure Tatkraft, gepaart mit (erzwungenermaßen) viel Geduld: Im Herzen Deutschlands, mitten in der Bundeshauptstadt, entsteht derzeit Deutschlands wohl größtes Kulturprojekt: das Berliner Schloss. 2015 wurde Richtfest gefeiert, am 14. September 2019, pünktlich zum 250. Geburtstag Alexander von Humboldts (deutscher Naturforscher, Begründer der Geographie als empirische Wissenschaft, 1769 – 1859) soll alles fertig sein.

Eine Sonderausstellung auf der Burg Hohenzollern veranschaulicht die wechselvolle Geschichte und den (nicht immer unumstrittenen) Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses. Mit der Rekonstruktion soll zudem unter dem Namen Humboldt-Forum ein neues Kultur-, Museums- und Kommunikationszentrum entstehen.

Eine Wanderausstellung der Humboldt-Stiftung, die ständig aktualisiert wird, machte schon in großen Städten im In- und Ausland Station, eine kleinere, dennoch vollständige Variante wird im Torturm der Burg präsentiert. „Die Ausstellung ist plakativ, Besucher sind in 20 Minuten durch“, verspricht Kurator Wilhelm von Boddien.

Boddien war es, der den Gedanken an den Wiederaufbau des Berliner Schlosses forcierte, als alle anderen das noch für eine verrückte Idee hielten, und der als Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss das Bauprojekt seit Anfang an begleitet. „Es war der Ritt auf der Rasierklinge, wenn es schief gegangen wäre, würde ich heute nicht so fröhlich vor Ihnen sitzen“, meinte er bei der Vorstellung der Ausstellungskonzeption am Mittwoch. „Wir bauen dieses Schloss nur auf, um der Stadt wieder ihre Bezüge zurückzugeben“, sagt Boddien. 50 000 Berliner waren – mit zunächst teils skeptischen Mienen – beim Richtfest; mit typischer Berliner Untertreibung dann zu hören, „da kannste nicht meckern“, hat Boddien bestärkt.

Es ist „das erste Schloss, das freiwillig vom Volk bezahlt wird“, freut er sich. Denn neben dem Bund (mit 590 Millionen Euro) und dem Land Berlin (32 Millionen) will der Förderverein über Spenden weitere 105 Millionen Euro beitragen. 46 Millionen fehlen noch.

Boddien zweifelt nicht daran, dass der Betrag zusammenkommt. Seine einfache Rechnung: Wenn nur 115 000 Menschen jeweils 400 Euro spenden (einmalig und steuerlich absetzbar), wäre die Summe ja schon beisammen. Gerne werden natürlich auch kleinere Beträge entgegen genommen. Ab 50 Euro gibt es einen Baustein.

Dafür, dass in den kommenden dreieinhalb Jahren tatsächlich so viele Spenden fließen, will unter anderem Karl-Klaus Dittel, langjähriger Chef der Unfallchirurgie in Stuttgart, sorgen. Dittel, dessen Großvater übrigens drei Jahre lang als Koch im damaligen Stadtschloss arbeitete, engagiert sich im Freundeskreis Baden-Württemberg für das Berliner Schloss.

Wie Boddien ist auch Dittel überzeugt: Je mehr das Schloss Gestalt annimmt, desto größer ist die Unterstützung. Bestes Beispiel sei die Dresdner Frauenkirche: Auch da seien zwei Drittel der Spenden erst im letzten Drittel der Bauphase eingegangen. Es sei eben alles nur eine Frage des Marketings.

Inzwischen gibt es reichlich zu sehen. „Die Außenfassaden werden Tag für Tag mehr“, erklärt Johannes Wien, Vorstand und Sprecher der Stiftung Humboldt Forum. Er ist voll des Lobes über „das bürgerschaftliche Engagement“.

„Wir sind gut im Zeitplan und gut im Kostenplan“, versichert Hans-Dieter Hegner, Vorstand Bau der Stiftung Humboldt Forum, so etwas ist in Berlin ja selten. „Es ist die transparenteste Baustelle, die Deutschland bieten kann.“ Georg Friedrich Prinz von Preußen ist „froh und stolz“, dass das Schloss wieder aufgebaut wird, „weil es einfach in die historische Mitte Berlins passt“. Das Schloss sei im Grunde „immer schon ein öffentliches und belebtes Gebäude gewesen“.

Künftig soll das Berliner Schloss – und was es an Ausstellungen und Veranstaltungen beinhaltet – helfen, fremde Länder zu verstehen. Das wäre in heutigen Zeiten der Migration zu begrüßen. Oder wie Boddien den Forscher Alexander von Humboldt zitiert: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, die die Welt nie angeschaut haben.“

Info „Berliner Schloss – Der Wiederaufbau“, Sonderausstellung im Torturm der Burg, zu den üblichen Burgöffnungszeiten, der Eintritt in die Ausstellung ist im regulären Burgeintritt bereits enthalten.

 

 

Quelle: Hohenzollerische Zeitung, 27.05.2016

 

 

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