„Es kann losgehen“ war gestern

Die Außenflächen des Schlosses schieben sich Ziegel um Ziegel nach oben. Am Kitt, der die ausgestellte Welt im Innern zusammenhält, arbeiten die Gründungsintendanten Neil MacGregor, Horst Bredekamp und Hermann Parzinger. Seit dem 15. März steht ihnen dabei die Humboldt Forum Kultur GmbH zur Seite.

Von Silvia Faulstich

Die drei Intendanten sind nun eigentlich vier: Für das Land Berlin wird nun auch der neue Direktor der Stiftung Stadtmuseum, Paul Spies, mit eingebunden. (v.l.: Paul Spies, Neil MacGregor, Hermann Parzinger, Horst Bredekamp)

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat ihr Intendanten-Triumvirat erstmals im Mai 2015 vorgestellt. Seitdem feilen der Kunsthistoriker Horst Bredekamp, Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und der ehemalige Direktor des British Museum, Neil MacGregor, an den großen Konzeptlinien des Humboldt Forums. Im Januar 2016 hat MacGregor, der den „GIs“, wie sie sich selbst nennen, vorsteht, auch offiziell seine Arbeit in Berlin aufgenommen. Und jetzt kommt auch Bewegung ins institutionelle Ganze. Damit die Intendanz auch institutionell und rechtlich handlungsfähig ist, steht ihr seit dem 15. März die Humboldt Forum Kultur GmbH zur Seite. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss und wird von der Kulturmanagerin Lavinia Frey geleitet. Die neue Geschäftsführerin der GmbH ist zugleich Kulturvorstand der Stiftung. Die gebürtige Hamburgerin und studierte Historikerin, Theaterwissenschaftlerin und Tänzerin arbeitete als Theaterregisseurin und Choreografin an verschiedenen Häusern in Deutschland und in der Schweiz. Zuletzt führte sie gemeinsam mit Karin Graf die Kultur- und Konzeptagentur Graf & Frey. Gemeinsam mit den Intendanten wird sie den kulturellen Betrieb aufbauen und das Veranstaltungsprogramm des Forums konzipieren.

Fine Tuning für die Ausstellungs- und Programmflächen
Akademisch-besonnen, publikumsnah und wild darf dieses Angebot im Erdgeschoss des Schlosses sein, wenn es nach Horst Bredekamp geht. Hier wird es Raum für temporäre Ausstellungen geben, aber auch für Kinofilme, Konzerte, Diskussionsrunden und Performances. In den Stockwerken darüber haben in den vergangenen Monaten die Flächen Berlins, der Humboldt-Universität und des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Stiftung Preußischer Kulturbesitz weiter an inhaltlicher Kontur gewonnen. Dass das alles gut aufeinander abgestimmt sein will, dessen sind sich die Intendanten bewusst: Die Planungen der Museen sind schon weit fortgeschritten, die ersten Objekte umzugsfertig. Nun sei es daran, dass das Haus auch vertikal zusammenwachse; dass nicht nur die Grenzen zwischen den Sammlungen verschwimmen, sondern auch zwischen den Gebäudeebenen, so Hermann Parzinger. Auch Berlins neuer Import hat das verinnerlicht. Paul Spies, vormals Leiter des Amsterdam Museum und seit Februar 2016 Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin, zieht zwar mit eigenen Exponaten in das Schloss, sucht aber auch den Kontakt zu den außereuropäischen Sammlungen und zu den großen Themen der globalisierten Gegenwart. So sieht er die Hauptstadtflächen eben nicht als Ort für eine reine Lokalgeschichte.

Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Dass sie aber nicht allein die Welt erklären können und wollen, machen die Gründungsintendanten klar. Vielstimmigkeit und Kooperation sind die Worte der Stunde: Seit Jahren suchen die Dahlemer Museen den Kontakt zu den Regionen, aus denen ihre Sammlungen einst stammten. Im Dialog mit Experten und Kulturschaffenden unterschiedlicher Länder versuchen sie, die Geschichten der Kulturgüter aus verschiedenen, auch ungewohnten Perspektiven zu erzählen. Anfang Februar trafen sich deshalb MacGregor und Parzinger in Johannesburg mit Experten aus Togo, Tansania, Kenia, Senegal, Angola und Südafrika. „Unseren Kollegen war es sehr wichtig, dass wir auch die Entwicklung Afrikas vor und nach dem Kolonialismus beleuchten“, betonte Parzinger nach dem Treffen in Südafrika. Die Beteiligung zeitgenössischer Perspektiven aus den Herkunftsgesellschaften sei unabdingbar. Aktuelle Debatten sind also nicht nur Thema im Erdgeschoss. Die Gegenwart schwingt auch in den Ausstellungen mit. Jetzt wollen die Gründungsintendanten und Paul Spies den Vorhang der Öffentlichkeit wieder zuziehen und sich der konzeptionellen Arbeit für die Gesamtdramaturgie des Humboldt Forums widmen. Im Herbst soll das Drehbuch dann vorliegen.


„Wenn Gewinn an die Stadt gehen soll, höre ich wieder auf.“
Paul Spies, ehemaliger Leiter des Amsterdam Museum und vom 1. Februar an Direktor der Stiftung Stadtmuseum sowie künftiger Chefkurator des Humboldt Forums, in der „Zitty“ über sein Vorhaben, sämtliche Einnahmen aus den Museen in neue Projekte zu stecken.

Foto: © SPK/Birgit Jöbstl

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