„Humboldt Forum wird im September 2020 eröffnet“

26.06.2019  Berliner Morgenpost

Auf den neuen Eröffnungstermin des Humboldt Forums einigte man sich nach einer dreistündigen Krisensitzung.

Von Isabell Jürgens

Das Humboldt Forum im Berliner Schloss wird im September 2020 eröffnen – ein Jahr später als ursprünglich geplant. Bei der sogenannten Eröffnungs-Choreografie in drei Etappen soll es aber bleiben. Demnach wird das Gebäude auf dem Schloßplatz in Mitte erst um die Jahresmitte 2021 komplett zugänglich sein. Das ist das Ergebnis der dreistündigen Krisensitzung, das Helmut Dorgerloh, Generalintendant des Humboldt Forums, am Mittwochnachmittag verkündete. Zuvor hatten sich der Stiftungsrat der Stiftung Humboldt Forum mit Vertretern des Bundesamtes für Bauordnung und Raumwesen (BBR) getroffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Ein konkretes Eröffnungsdatum nannte Dorgerloh nicht. „Auch der erste Eröffnungsschritt im September 2020 kann nur dann erfolgen, wenn es im August kommenden Jahres eine Betriebsgenehmigung gibt“, sagte der Generalintendant. Im ersten Schritt sollen das Erdgeschoss und die erste Etage mit der Berlin-Ausstellung und den Flächen, die die Humboldt-Universität nutzt, eröffnet werden.

Im Erdgeschoss soll es dann zwei Sonderausstellungen geben, unter anderem die bereits angekündigte und mit der Eröffnung verschobene Elfenbeinausstellung. Zum Jahreswechsel 2020/21 sollen dann die zweite und die dritte Oberetage der sogenannten Westspange mit dem Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst folgen.

Für die Jahresmitte 2021 ist dann die letzte Teileröffnung in den oberen Etagen mit fünf Wechselausstellungen vorgesehen. „Wir sind froh, dass wir an diesem Szenario festhalten können, das wir bereits im Dezember vergangenen Jahres vorgestellt haben – nur eben etwas nach hinten verschoben“, sagte der Generalintendant. Eine zwischenzeitlich diskutierte Variante mit erst späterer kompletter Eröffnung wurde vom Stiftungsrat verworfen.

Nicht auf der Baustelle des Humboldt Forums im Berliner Schloss, sondern im Arcotel am Auswärtigen Amt hatte das Krisenmanagement getagt, doch zur Verkündung der Entscheidung war man eigens ins Schloss hinübergewechselt. Offenbar auch, um den versammelten Medienvertretern aus dem In- und Ausland zu zeigen, dass auf der Baustelle allen Unkenrufen zum Trotz fleißig gearbeitet wird.

Denn daran hatte es zuletzt immer lautere Zweifel gegeben, seit vor zwei Wochen vom mit der Bauleitung beauftragten Bundesamt bekannt gegeben werden musste, dass es mit der geplanten Eröffnung des Humboldt Forums in diesem Jahr nichts mehr wird, weil es Probleme mit der Klimatechnik und dem Brandschutz gibt. „Doch wir kommen gut voran, die Klimaanlage ist aufgeschaltet und läuft gut“, versicherte Stiftungs-Sprecher Bernhard Wolter.

Bauarbeiter klettern trotz Gluthitze auf der Schlosskuppel herum

Trotz der Gluthitze kletterten am Mittwochnachmittag Bauarbeiter auf der Schlosskuppel herum und brachten die Kupferplatten auf. Im Inneren des Gebäudes ist ein weiterer Trupp damit beschäftigt, die Fußbodenabdichtung in der Passage aufzubringen. Wie viele Bauarbeiter tatsächlich am und in dem riesigen Gebäude zugange sind, lässt sich schwer schätzen. „Definitiv sind Berichte falsch, wonach auf der Baustelle nur 380 Arbeiter am Werk sind“, dementiert Stiftungs-Sprecher Bernhard Wolter einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Mittwoch. Tatsächlich seien es derzeit 550 Bauarbeiter. Und die Soll-Zahl betrage auch nicht 800, sondern 650. „Ich weiß nicht, woher die Zeitung ihre Zahlen nimmt, aber sie sind falsch“, versicherte Wolter.

Welche Kostensteigerungen mit der Bauverzögerung verbunden sind, lasse sich derzeit noch nicht genau beziffern“, ergänzte der Bauvorstand des Humboldt-Forums, Hans-Dieter Hegner die Angaben des Generalintendanten. Nach Einschätzung von Branchenkennern steige die auf rund 600 Millionen Euro veranschlagte Bausumme allein durch die Verschiebung noch einmal um mindestens 20 Millionen Euro.

Dass hinter den barocken Schlosskulissen derzeit heftig um die Kostenfrage gestritten wird, wurde jedoch in den anschließenden Statements der verschiedenen Schlossnutzer deutlich. „Wir sind heute Morgen darüber informiert worden, dass sich die Eröffnung um mindestens zehn Monate verzögern wird“, sagte Moritz van Dülmen. Der Chef der Kulturprojekte Berlin GmbH organisiert im Auftrag des Senats die Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum. „Wir haben bereits jede Menge Arbeitsverträge abgeschlossen – wir werden sehen, wer diese Kosten nun übernehmen wird“, sagte van Dülmen. Ähnlich formulierte es Sabine Kunst, die Präsidentin der Berliner Humboldt Universität (HU). Ob sich Bund und Berlin einvernehmlich über die Aufteilung dieser Kosten einigen werden, blieb am Mittwoch noch offen, zumal Kulturstaatsministerin und Stiftungsratsvorsitzende Monika Grütters nicht mit zur Baustelle gekommen war.

Als Ursachen für die Verschiebung hatte das zuständige BBR vor zwei Wochen Mängel und Verzögerungen bei einzelnen Gewerken vor allem der Klima- und Lüftungstechnik benannt Außerdem seien bei den Funktionsprüfungen einzelner Haustechnikanlagen Mängel in der elektronischen Steuerungstechnik aufgetreten, die derzeit behoben würden, hieß es damals, Für Ende August 2020 ist im neuen Terminplan die bauaufsichtliche Freigabe zur Nutzung vorgesehen – die Voraussetzung für die Eröffnung für das Publikum im September 2020.

 

 

Quelle: Berliner Morgenpost, 26.06.2019

 

Ein Kommentar zu “„Humboldt Forum wird im September 2020 eröffnet“

  1. In der FAZ vom 26.06.2019 schreibt der Feuilleton-Redakteur Andreas Kilb folgendes: „Um die zweite Variante durchzusetzen, muss Grütters mit einem Kabinettskollegen verhandeln, der bislang nicht durch besonderes Interesse für die Brüder Humboldt und die preußische Aufklärung aufgefallen ist. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung nämlich untersteht dem CSU-Innenminister Horst Seehofer.“ Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, daß der Minister ein Jahrhundertbauwerk unter seiner Mitverantwortung bewußt boycottiert. Was sollte übrigens ein Bayer gegen Preußen haben? Ohne die Intervention Friedrichs des Großen wäre Bayern von Österreich unter Kaiser Joseph II. geschluckt worden. Da wäre eher Dankbarkeit am Platze. Aber vielleicht weiß Seehofer infolge des allgemeinen Bildungsnotstandes und speziell der Geschichtsvergessenheit hierzulande gar nichts davon? Auf der anderen Seite fiel das Feuilleton der FAZ schon zu der Zeit, als ich die Zeitung abonniert hatte, durch penetrante Linkslastigkeit auf. Kann man dem Redakteur, der sich offensichtlich bei den Soll- und Ist-Zahlen der eingesetzten Bauarbeiter geirrt hat, trauen?

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