„Wer soll das bezahlen? Streit um freien Eintritt im Schloss“

14.04.2019  Berliner Morgenpost

Der Zugang zum Humboldt Forum soll kostenlos sein. Berlin fordert vom Bund die Erstattung des Einnahmeausfalls.

Von Isabell Jürgens

Der Zugang zum Humboldt Forum auf dem Schloßplatz in Mitte soll in den ersten drei Jahren kostenlos sein. Das hatte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) Anfang des Jahres offiziell verkündet und als Pilotprojekt bezeichnet. Doch hinter den Kulissen wird gerade heftig darum gerungen, wer die großzügige Geste bezahlen soll.

Ausgerechnet die Berlin-Ausstellung im ersten Obergeschoss – immerhin 4000 Quadratmeter groß – steht dabei im Mittelpunkt des Finanzierungsstreits. „Das Land Berlin hat über freien Eintritt noch nicht final entschieden“, sagt Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der landeseigenen Kulturprojekte Berlin GmbH, die diese Ausstellung im neuen Schloss betreut. Bislang sei es eine einseitige Bundesentscheidung, die Dauerausstellungen kostenfrei zu stellen. Berlin gerate dadurch in Zugzwang. „Bei freiem Eintritt fehlen uns die Einnahmen, das muss irgendwie kompensiert werden“, so van Dülmen weiter.

Doch offenbar ist man beim Bund nicht gewillt, die durch den Einnahmeausfall entstehenden Mehrkosten für die Hauptstadt-Schau aus der eigenen Kasse zu begleichen. „Berlin kann sich nicht entziehen, muss aber mit dem Bund hart verhandeln, denn ein bis zwei Millionen Euro weniger im Kulturetat müssen ja an anderer Stelle eingespart werden“, fordert Daniel Wesener, Sprecher der Grünen-Fraktion für Kultur im Berliner Abgeordnetenhaus.

Das sieht man im Hause von Kulturstaatsministerin Grütters ganz anders. „Da gibt es nichts zu verhandeln. Berlin hat sich dazu bereit erklärt, freien Eintritt zu gewähren“, so Hagen Philipp Wolf, Sprecher der Kulturstaatsministerin auf Anfrage der Berliner Morgenpost. Da sei es selbstverständlich, dass Berlin dies zusätzlich zu seinem Anteil an den Betriebskosten finanziert.

Betriebskosten betragen insgesamt 15 Millionen Euro

Aus der Budgetplanung für das Humboldt Forum geht hervor, dass die Betriebskosten mit mehr als 15 Millionen Euro im Jahr veranschlagt werden. „Berlin wäre je nach Verbrauch demnach mit knapp zwei Millionen Euro beteiligt, das ist so vereinbart“, sagt Wolf. Von den insgesamt 40.000 Quadratmetern Nutzfläche im Humboldt Forum nutzt das Land ein Zehntel für die Berlin-Schau. Zudem muss es für 1000 Quadratmeter zahlen, die die Humboldt-Universität für ihren Ausstellungsbereich nutzen wird.

Das Geschachere um die Berliner Beteiligung am freien Eintritt stößt bei der Kulturstaatsministerin auch deshalb auf Unverständnis, weil „Berlin ja bereits dauerhaft um zwei Millionen Euro jährlich entlastet wird“, so Wolf. Immerhin sei im Hauptstadtkulturvertrag vereinbart, dass der Bund dauerhaft die Kosten für die Flächen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) übernimmt, dem größten Nutzer im Humboldt Forum. Berlin ist zu 25 Prozent an der SPK beteiligt. Ebenfalls entlastet sei die Hauptstadt auch von den Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro für den Umzug der Museen aus Dahlem nach Mitte.

„Zudem ist Berlin ohnehin größter Nutznießer des Humboldt Forums, weil die Strahlkraft dieser einzigartigen Kulturinstitution für Besucher aus aller Welt vor allem der Stadt und seiner Steuerkasse selbst zugutekommt“, sagt Wolf weiter. Und er wird dann noch deutlicher: „Berlin verbrennt jährlich 157 Millionen Euro für den nicht fertiggestellten Flughafen BER. Da sollte sich der Senat bitte ernsthaft überlegen, ob zwei Millionen Euro für den freien Eintritt in die eigene Ausstellung des Landes Berlin im Humboldt Forum ernsthaft als Problem angesehen werden.“

In Berlin sieht man Grütters Pilotprojekt ohnehin mit gemischten Gefühlen entgegen. Ein Humboldt Forum, das seinen Besuchern drei Jahre kostenfreien Eintritt in seine Dauerausstellungen garantiere, sei ein Risiko, weil offen sei, wie sich das auf die benachbarten Häuser auf Berlins Museumsinsel und ihre Besucherzahlen auswirke. Zudem dürfe ein Verzicht auf die Einnahmen durch Besucherbeiträge nicht dazu führen, „dass noch weniger Geld für Ausstellungen, die Erforschung der eigenen Sammlungen oder die Vermittlungsarbeit zur Verfügung stehe“, so Grünen-Politiker Wesener.

FDP: Für Kultureinrichtungen sollen die Nutzer aufkommen

Noch kritischer bewertet die FDP das Vorhaben. Er sei zwar prinzipiell gegen freien Eintritt in Kultureinrichtungen, denn diese sollten die Nutzer und nicht der Steuerzahler tragen, sagt Florian Kluckert, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus. „Beim Humboldt Forum finde ich es aber richtig, wenn am Anfang für einige Ausstellungen freier Eintritt möglich wäre“, so der Liberale weiter. Immerhin sei sehr viel Steuergeld in das Projekt geflossen. „Einen dauerhaften kostenlosen Eintritt lehne ich aber ab, die ersten ein bis zwei Wochen sollten reichen.“

 

Quelle: Berliner Morgenpost, 14.04.2019

 

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