„Was wird aus der Liebesinsel, wenn das Einheitsdenkmal kommt?“

24.07.2018  B.Z. Berlin

Von Thomas Kittan

B.Z.-Reporter Tomas Kittan über einen romantischen Ort im Herzen der Stadt und die einsamste Eiche Berlins.

Jeder Baum erzählt seine Geschichte. Die Historie dieser Eiche ist eine ganze besondere. Es ist eine deutsche Eiche, 18 Meter hoch, etwa 80 Jahre alt und mit einer runden Krone von zehn Metern Durchmesser.

Sie wächst im Herzen Berlins zwischen Humboldtforum, DDR-Staatsratsgebäude, Außenministerium und Bauakademie – und ist der wohl einsamste Baum unserer Stadt. Immer wieder bin ich, der B.Z.-Reporter, an dieser Eiche vorbeigefahren oder sah sie beim Spazierengehen. Jetzt wollte ich ihre Geschichte erfahren.

Die Eiche befindet sich auf einer kleinen grünen Halbinsel im Spreekanal. Die Schleusen-Brücke führt direkt an ihr vorbei. Offiziell ist es das Schleusengärtchen.

Die Liebesinsel soll Teil des Einheitsdenkmals werden

Im Volksmund nennt man sie Liebesinsel, weil sich früher Verliebte getroffen und verlobt haben. Sogar Kinder sollen im Schatten der Eiche gezeugt worden sein, erzählen sich alteingessene Berliner.

Ende der 30er Jahre wurde sie gepflanzt. Anders als viele Bäume, die nach dem Zweiten Weltkrieg für Brennholz gefällt wurden, blieb sie aufgrund ihrer noch kleinen Größe stehen und überstand auch die Mauerzeit – mit Blick auf den Palast der Republik.

Seit vielen Jahren ist aber der Zugang zu diesem Berliner Eigengewächs samt Liebesinsel gesperrt. Dabei wird das idyllische Fleckchen gar nicht für den Schlossneubau gebraucht. Noch gehört die Eiche zu den 27.000 Bäumen, die das Bezirksamt Mitte betreut.

Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (51, Grüne) wollte die grüne Oase schon zur Chefsache machen und wieder für jedermann öffnen… Dazu waren Uferbefestigung und Sicherheitsgitter angedacht.

Doch das nur 200 qm große Örtchen auf der Spree wird bald an den Bund verkauft, weil es Teil des neuen Einheitsdenkmals werden soll. Im September könnte der Haushaltsausschuss des Bundestages die finanziellen Mittel für den Bau der Einheitswippe freigeben. 325.000 Euro soll das gesamte Grundstück kosten.

Nun ist die Zukunft der Eiche also wieder ungewiss. Immerhin habe ich ihre Rinde einmal berühren dürfen, die stattliche alte Dame umarmt und ihre Geschichte aufgeschrieben. Vielleicht schafft sie ja noch ein paar Jahre – dann nicht mehr allzu einsam? Fortsetzung folgt, B.Z. bleibt dran!

 

Quelle: B.Z. Berlin, 24.07.2018

 

 

 

2 Kommentare zu “„Was wird aus der Liebesinsel, wenn das Einheitsdenkmal kommt?“

  1. Mit allen Mitteln muß die Verunstaltung der Shlossumgebung verhindert werden. Nichts gegen die Wippe, aber sie gehört hier nicht hin. Stellt sie vor den Reichstag, dann ist sie auch näher an den ersten Mauerdurchlässen, die im Herbst 1989 geöffnet wurden. Zusätzlich könnte die Wippe vor dem Tagungsort des Bundestages auch die Schwankungen symbolisieren, die ein demokratischer Staat aushalten muß.
    Die Eiche auf der Liebesinsel darf der Wippe nicht geopfert werden, falls das die Einheitswippenplaner etwa vorhaben sollten.

  2. Dieses „Denkmal“ ist Ausdruck der völligen Kulturlosigkeit der Verantwortlichen aus der alten BRD. Siehe Kassel „Dokumenta“ und ihre Kunstverhöhnung jahrzehntelang. Siehe Architekturszene, mit Ausnahmen.

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