„Einheitsdenkmal wird nicht bis zum Mauerfall-Jubiläum fertig“

27.05.2018  Berliner Morgenpost

2019 feiert Berlin den 30. Jahrestag des Mauerfalls. Das dafür seit 2007 geplante Monument wird aber nicht rechtzeitig fertig.

Von Andreas Abel

Das Einheits- und Freiheitsdenkmal „Bürger in Bewegung“ kann nicht mehr wie geplant zum 30. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November 2019 fertiggestellt werden. Das bestätigte der Stuttgarter Gestalter Johannes Milla der Berliner Morgenpost. Sein Planungsbüro ist mit dem Bau des Denkmals beauftragt. Doch bislang hat der Bund kein Geld freigegeben, deshalb konnte Milla noch nicht mit den Arbeiten beginnen.

Sein Entwurf, mit dem er sich 2011 in einem Wettbewerb durchgesetzt hatte, sieht eine große begehbare Waage vor. Sie soll vor dem künftigen Humboldt Forum auf dem Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals aufgestellt werden. Sowohl die Gestaltung als auch der Standort sind umstritten. Allerdings gibt es mehrere Bundestagsbeschlüsse zum Bau des Denkmals.

Senat hat Bundesregierung vor einem Jahr zum Handeln aufgefordert

Zuletzt hatte das Parlament vor einem Jahr, am 1. Juni 2017, mit großer Mehrheit die Bundesregierung aufgefordert, den Siegerentwurf „Bürger in Bewegung“ zu realisieren. In dem Beschluss hieß es auch, der Bau des Denkmals solle noch vor der Bundestagswahl veranlasst werden, eine Einweihung zum 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution im Herbst 2019 sei anzustreben.

Zuständig für den Bau des Denkmals ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Doch nach dem Beschluss geschah erst einmal monatelang nichts. Im November 2017 wurde schließlich ein Vertrag zwischen der Bundesregierung und dem Büro Milla & Partner geschlossen. Das „aktualisierte und detaillierte Finanzierungskonzept“, das der Bundestag in seinem Beschluss ebenfalls eingefordert hatte, liegt indes noch nicht vor.

Grundstücksfrage verzögert Planung des Einheits-Denkmals

Dafür müsse erst die Grundstücksfrage zwischen Berlin und dem Bund geklärt sein, hieß es überraschend zu Beginn dieses Jahres. In allen Jahren zuvor hatte dieser Punkt keine Rolle gespielt. Inzwischen ist der Verkauf des Grundstücks vom Land Berlin an den Bund weitgehend abgeschlossen.

Es seien aber noch nicht alle Fragen in diesem Zusammenhang geklärt, teilte Grütters‘ Sprecher Hagen Philipp Wolf mit. Erst dann könne dem Haushaltsausschuss des Bundestages das Finanzierungskonzept vorgelegt werden.

Wann das geschieht und wann sich der Haushaltsausschuss damit befasst, ist offen. Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2018 sieht zwar Mittel für den Bau des Denkmals vor, doch vorläufig sind sie gesperrt. Folglich heißt es bei der Kulturstaatsministerin, dass „die Frage nach dem Termin der Fertigstellung gegenwärtig nicht abschließend beantwortet werden kann“. Klar ist aber nun, dass es zum Mauerfall-Jubiläum im November 2019 nichts mehr wird, denn für Planung und Bau benötigen Milla & Partner mindestens 20 Monate.

Gestalter des Denkmals: Institutioneller Schwergang hat Termin zerstört

Milla kann seine Enttäuschung und Verärgerung kaum verbergen. „Seit dem Bundestagsbeschluss vor einem Jahr habe ich immer gesagt, dass eine Fertigstellung zum 30. Jahrestag des Mauerfalls möglich ist, sofern Bauherrin und beteiligte Institutionen schnell, lösungsorientiert und zielstrebig arbeiten“, sagte Milla der Berliner Morgenpost.

Sein Büro habe immerhin seit November 2017 einen Vertrag, seit mehreren Jahren eine Baugenehmigung und stehe „sozusagen mit dem Spaten in der Hand“ bereit. „Doch der institutionelle Schwergang und die so plötzlich nach zehn Jahren aus der Tiefe hervorgeholte Grundstücksbesitzfrage, die längst hätte geklärt sein können, haben diesen Termin zerstört“, so Milla.

Haushaltsausschuss des Bundestages stoppte Projekt 2016

Die Frage des Preises, zu dem der Bund das Grundstück vor dem Humboldt Forum vom Land Berlin kauft, ist nur die jüngste Hürde in einem beispiellosen politischen Hin und Her. Bereits 2007 hatte der Bundestag den Bau des Denkmals beschlossen. 2008 wurde der Beschluss bestätigt und der Standort festgelegt. 2011 folgte der Wettbewerb, aus dem Millas Entwurf einer großen begehbaren Waage als Sieger hervorging.

2016, noch vor Baubeginn, stoppte dann der Haushaltsausschuss des Bundestages das Projekt und argumentierte mit einer vermeintlichen Kostensteigerung von zehn auf 14,5 Millionen Euro. Doch der Bundestag bekannte sich am 1. Juni 2017 erneut zum Bau des Denkmals.

Bundestag muss erst den Haushalt 2018 verabschieden

Bauherrin ist die Bundesstaatsministerin für Kultur und Medien (BKM), Monika Grütters (CDU). Sie soll dem Haushaltsausschuss ein detailliertes Finanzierungskonzept vorlegen. Dazu müsse erst klar sein, welche Miete die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) der BKM in Rechnung stellt, um den Kaufpreis zu refinanzieren, sagte ein Sprecher Grütters‘. Wann sich der Haushaltsausschuss mit dem Konzept befasst, ist unklar.

Zudem muss das Bundesfinanzministerium das Projekt „haushaltsmäßig anerkennen“ und der Bundestag den Haushalt 2018 beschließen. Erst dann können Mittel fließen. Inzwischen belaufen sich die Kosten auf 15 Millionen Euro. Zum einen haben Milla & Partner zusätzliche Leistungen und Risiken übernommen, zum anderen sind wegen der langen Verzögerung die Fertigstellungskosten gestiegen.

 

Quelle: Berliner Morgenpost, 27.05.2018

 

12 Kommentare zu “„Einheitsdenkmal wird nicht bis zum Mauerfall-Jubiläum fertig“

  1. Das Denkmal ist am falschen Ort. Am Ort hätte man ein Revolutionsdenkmal bauen können. Aber ein Einheitsdenkmal, das ist da am falschen Platz. Die Wippe gehört vor den Bundestag.

    Außerdem fände ich es kool das historische Denkmal am Ort wiedererstehen zu lassen, als Zeichen der Berliner Leichtigkeit und weil ja wichtige Teile erhalten sind. Wir sind heute von der Kaiserzeit so weit entfernt, dass man ohne politisches Zähneklappern oder ideologische Brillen das Denkmal wiedererrichten könnte. Außer Herrn Thierse fährt auf das Nationaldenkmal ja auch keiner einen Film.

    Dass der Senat es richtig falsch machen kann, sieht man am viel zu kleinen Sockel für das Lutherdenkmal vor der St. Marienkirche nebenan.

  2. An diesem so histhorischen Platz, an dem die alten Fundamente und Unterbauten noch erhalten sind, wäre es sehr schade eine moderne Wippe darauf zu stellen . Moderne Denkmale brauchen auch ein passendes Umfeld, wir brauchen keinen Kaiser mehr aber wir müssen auch nicht alles für immer beseitigen was der Krieg nicht geschafft hat aber Den Berlinern ein Anliegen ist.

  3. Warum tun wir uns so schwer, Ästhetik, Baustil und Geschichte in Einklang zu bringen?
    1. Das zerstörte Reiterdenkmal Kaiser Wilhelm I vor dem Eosanderportal, errichtet anlässlich
    der Reichsgründung 1871, wurde ähnlich wie das Schloss, aus ideologischen
    Gründen zerstört. Das war Vandalismus. Wenn an dieser Stelle ein Denkmal auf vorhandenem Sockel, mit vorhandenen Mosaiken wieder entsteht, so könnte das nur das Nationaldenkmal für das Einigungsjahr 1871 sein. Die Reiterstatue mit reichem neobarocken Beiwerk als volle Rekonstruktion wäre wohl entbehrlich.
    2. Jetzt ein neues, modernes Denkmal für 1990 als stilfremden Fremdkörper darüberzustülpen, ist Geschichtsfälschung und respektlos gegenüber denen, die aus Freude über die gewonnene Einheit 1871 und in Loyalität zum frisch gebackenen Kaiser gespendet hatten.
    3. Die Kolonnaden wieder aufzubauen, wäre zu begrüßen. Sie sind – unabhängig von
    der historischen Symbolik – stilistisch am besten geeignet, das Schloss wieder
    in ein ästhetisch und bauhistorisch abgestimmtes Umfeld einzubetten.
    4. Ein modernes Denkmal der Deutschen Einheit könnte vor dem Deutschen Reichstag stehen, dort wo die Einheit zwar nicht errungen, aber in einer eindrucksvollen Weise
    abschließend verwirklicht wurde.

  4. Die vielen Bauverzögerungen mit immer neuen Begründungen lassen vermuten, dass auch auf politischer Seite die Wippe als Fehlentscheidung erkannt wird. Den Weg zurück durch diverse Entscheidungsgremien gibt es vermutlich nicht. Vielleicht wäre es am besten, Herr Milla steigt aus dem Vertrag aus und fordert maßvoll Entschädigung, die sofort gezahlt werden kann.

  5. Ich stimme fast vollständig Arn Praetorius zu. Es sollte aber doch erwogen werden, auch das Reiterstandbild auf seinem Sockel wiederherzustellen – aus Spendenmitteln natürlich. Was entbehrlich ist, sind die Tiere rings um das Standbild („Wilhelms I. Zoo“). Wilhelm I. verdient ein Denkmal in Berlin, übrigens auch Friedrich III.; lässt sich sein Reiterstandbild auf der Monbijoubrücke wiederherstellen? Nochmals: kein Steuergeld – Spenden würden, glaube ich, ausreichend hereinkommen.

    1. Wir können froh sein, dass Honecker das Denkmal Friedrichs des Großen wieder aufstellen ließ! Die heutigen Politiker hätten das vermutlich nicht gemacht und sind nicht bereit, ihre Entscheidungen zu überdenken. Wer das Kaiser-Denkmal zurückwünscht, sollte vielleicht immer wieder auf Honecker verweisen.

  6. Diese seltsame „Wippe“ wird immer ein Fremdkörper an dieser Stelle sein. Es wäre ein Stilbruch sondergleichen! Da würde etwas zusammengefügt, was nicht zusammen gehört. Nicht an dieser Stelle.
    Und das alles nur aus Angst vor der Geschichte.Typisch Berlinokratie!

  7. Ich kann den Herren nur Recht geben. Als vielfacher Schloss-Spender fühle ich mich geradezu beleidigt mit diesem Standort für die Wippe. Ich wollte den Schlossbau unterstützen. Daraus wurde ein Humboldforum – i O. aber nun noch die Wippe – dass ist zu viel.

  8. Wann zieht endlich jemand den Stecker richtig raus und kippt die Wippe, dieses dusselige Monstrum, das außer Herrn Thierse sowieso keiner will. Ich stelle mir schon lange vor, wie dieses komische Ding, das ohnehin schon bald nicht mehr wippen würde, in kürzester Zeit total zerkratzt mit Nachrichten aller Art, Graffiti etc. wäre — und dann ein echter Schandfleck neben dem wunderbaren Stadtschloss – Humboldt-Forum. Und alle würden sich fragen, warum dieses Ding eigentlich niemand rechtzeitig verhindert hat. Noch haben wir die Gelegenheit, diese Dummheit zu stoppen, nutzen wir sie!!
    Aber im Regierungsviertel wäre auf dieser großen Wiese zwischen Paul-Löbe-Haus und Bundeskanzleramt doch ein ganz schöner Platz, wenn die Wippe nicht komplett zu beerdigen ist. Und wahrscheinlich wäre sogar ihr Schöpfer glücklich mit dieser Lösung…

  9. Ein anderer Standort für die Wippe wäre eine Lösung bei der keiner sein Gesicht verlieren würde. Wenn man die Kosten zugrunde legt und ja,
    auch das Gesamtbild der bestehenden und rekonstruierten Gebäude, dann würden die Kollonaden dieses Konvolut mit der verlorenen Schönheit Stilgerecht ergänzen.
    Danach kann bei Bedarf und nach Klärung der Finanzierung das eine oder andere Element des Denkmals nachträglich hinzugefügt werden.
    Die Harmonie der Achse Museumsinsel – Humbold forum wäre dann an beiden Punkten von Kollonaden gesäumt, die dem Besucher einen Ruheplatz zum Verweilen geben können und an dem dieser die gewonnenen Eindrücke geniessen kann.

  10. Ich will kein modernes Wippen-Dankmal vor einem historischen Schloss. Das passt dort nicht hin! Stellt die Wippe vor den Reichstag, aber nicht in dieses Spree Athen.

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