„Palais am Festungsgraben: Kein Platz für die Uno – stattdessen wird saniert“

05.04.2018   Berliner Zeitung

Von Gerhard Lehrke

Es sieht nicht gut aus für den Plan, das Palais am Festungsgraben zu einem Ort der Vereinten Nationen zu machen. Ursprünglich sollte sich die Uno dort präsentieren. Ziel war ein Dialog mit Nicht-Regierungsorganisationen und der Öffentlichkeit.

Nun hat eine Steuerungsgruppe aus drei Senatsverwaltungen, der Senatskanzlei und dem Bezirk Mitte drei andere Favoriten ausgewählt. Der Zeitplan sieht vor, dass der Senat spätestens im Sommer entscheidet, wer den Zuschlag für das technisch und baulich sanierungsbedürftige Haus Unter den Linden bekommt.

Der Verein „Haus für die Vereinten Nationen“ hatte sich 2017 mit neun anderen Organisationen an einem Interessenbekundungsverfahren beteiligt. Der Verein um den ehemaligen FU-Präsidenten Rolf Kreibich als Vorsitzenden wird von mehr als 400 Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland unterstützt, die der UN in der Hauptstadt ihres viertgrößten Financiers einen Ort schaffen wollen. Die Liste reicht vom letzten DDR-Außenminister Markus Meckel über den australischen Ex-Außenminister Gareth Evans, den früheren deutschen UN-Gesandten Gunter Pleuger bis zur Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt.

Drei andere Favoriten

Kreibich zeigte sich am Mittwoch verstimmt, dass der Stand des Verfahrens vergangene Woche öffentlich wurde. Danach gibt es drei Favoriten: Die Humboldt-Universität will vor allem Fakultäten mit Religionsbezug unterbringen, unter anderem das geplante Institut für Islamische Theologie.

Das benachbarte Maxim-Gorki-Theater, unterstützt von Kultursenator Klaus Lederer (Linke) wünscht sich ein „Deutsches Haus“, das ein Forum für alle bietet, die sich kulturell mit Flucht und Exil befassen. Die landeseigene Firma Berlinovo möchte das Palais zum „Berliner Kultursalon“ für Veranstaltungen umbauen. Alle Pläne sehen vor, dass Gorki-Theater und Theater im Palais ihre Räume behalten und Gaststätten Publikum anziehen.

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) findet dem Vernehmen nach keinen der Vorschläge wirklich gut. Er wünscht sich stattdessen zeitlich begrenzte Nutzungen, wie es heißt.

Ab 2020 wird saniert

Kreibich kritisierte die Konkurrenz-Pläne als „Gemischtwarenläden“, Pleuger fürchtet, dass „kleinkarierte Querelen der Landespolitik“ den großen UN-Wurf scheitern lassen. Dieser sei nötig, sagt auch Manfred Rettig, einst Vorstand und jetzt im Kuratorium der Stiftung Humboldt-Forum auf der anderen Straßenseite: „Berlin muss darauf achten, dass sein Hype kein Strohfeuer bleibt.“

Die Stadt brauche relevante Veranstaltungen. Gemeinsam mit dem Forum, dem geplanten interkonfessionellen House Of One, der Humboldt-Universität und Kultureinrichtungen in Mitte könne das Palais zum Kern bedeutender Treffen werden, die sich dem Dialog der Kulturen widmen. Rettig denkt an UN-Friedenskonferenzen alle zwei Jahre, vergleichbar dem Weltwirtschaftsforum in Davos oder der Sicherheitskonferenz in München.

Das Palais, 1751 von einem Kammerdiener Friedrichs II. errichtet, soll von 2020 an für mindestens 15 Millionen Euro saniert werden. Gegenwärtig nutzen es unter anderem das private Theater im Palais, das Gorki-Theater mit einigen Räumen, Büros der HU und Architekten.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 04.04.2018

 

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