„Kunst zieht ins Prinzessinnenpalais“

28.02.2018    Berliner Morgenpost

 

Unter den Linden 5 wird zum neuen Kulturzentrum der Deutschen Bank. Die Eröffnung ist nach der Sommerpause geplant. Ein Besuch auf der Baustelle.

Von Gabriela Walde

Elf Fenster hat allein der Kopfbau des Prinzessinnenpalais‘. Schaut man hinaus, breitet sich ein Berliner Geschichtspanorama aus: Deutsches Historisches Museum, Neue Wache, Humboldt-Universität, Staatsoper, auf der anderen Seite der Schinkel Pavillon, dahinter das Humboldt Forum, im Gegenlicht sind die Umrisse des Fernsehturmes zu sehen. „Mitten im Herzen der Stadt, mehr geht nicht“, meint Friedhelm Hütte, Chef der Abteilung Kunst- und Kultur der Deutschen Bank. Unter den Linden 5: eine der besten und repräsentativsten Adressen der Stadt. Den meisten allerdings wird das Gebäude als Operncafé mit den fulminanten Sahnetorten in Erinnerung sein.

Die KunstHalle schließt, dafür gibt es künftig mehr Platz

Irgendwann „nach der Sommerpause“ wird die Deutsche Bank in das Gebäude Unter den Linden 5 einziehen, um dort imagefördernd ein Ausstellungs- und Veranstaltungshaus zu eröffnen. Es wird sich den drei Themen Kunst, Kultur und – eher ungewöhnlich in dieser Kombination – Sport widmen. Im Gegenzug wird die KunstHalle in der ehemaligen Kassenhalle Unter den Linden/Ecke Charlottenstraße geschlossen. Dort sollen künftig weitere Geschäftsräume entstehen.

Längere Zeit war ungewiss, wer eigentlich der Eigentümer des Prinzessinnenpalais‘ ist. Heute weiß man: Es gehört Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, der im ersten Stock mit wunderbarem urbanen Rundumblick eine Wohnung haben wird. Vor vier Jahren kaufte er die Immobilie. Der Mietvertrag mit der Deutschen Bank ist auf zehn Jahre angelegt – mit Option auf Verlängerung. „Es ist an ein längerfristiges Engagement gedacht“, so Svenja von Reichenbach, Leiterin der KunstHalle. Sie nennt das Haus mit den vielen Ausblicken eine „Sehmaschine“. Fenster freilich sind in Ausstellungshallen eher ein Problem: Für fragile Kunstwerke beispielsweise aus Papier ist Licht nicht zuträglich. So müssen die Fenster mit Screens verdunkelt werden. Damit hatte schon die KunstHalle zu kämpfen.

Den Umbau leiten die Berliner Architekten Kuehn Malvezzi. Auf deren Berliner Agenda stehen: die Berlinische Galerie, die Flick Collection im Hamburger Bahnhof, die Sammlung Berggruen und die Julia Stoschek Sammlung an der Leipziger Straße. Mit denkmalgeschützten Bauten kennen sie sich aus. Für Wilfried Kuehn ist es ein Bau mit Widersprüchen, die ihn reizen. Das Gebäude von 1964 wurde von Richard Paulick als Operncafé entworfen: eine originalgetreue historische Rekonstruktion der barocken Fassaden, im Inneren entwickeln sich die Räume um ein Stahlbetonskelett der DDR-Architektur der 60er-Jahre.

Das historische Gebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert wurde im Zweiten Weltkrieg nahezu zerstört, die Ruine Anfang der 60er-Jahre abgetragen. Nach dem Mauerfall wurden im Inneren noch einmal historisierende Details vorgenommen. Nun durchziehen die nackten, freigelegten Sichtbetonpfeiler und Unterzüge das Innere. Dieser raue Charme bietet sich als „Qualität“ gerade bei der Präsentation von Gegenwartskunst an, zumal die Räume mehr seien als ein reiner White Cube. „Wir wollen die Spuren nicht unsichtbar machen und die kon­struktivistischen Elemente nicht verdecken“, erläutert Wilfried Kuehn. Über die Architektur könne man mehr über die Geschichte des Ortes lernen. Letztlich sei es auch ein Beitrag zur aktuellen Diskussion um kritische Rekonstruktion. Seine These: In gewisser Weise sei das Prinzessinnenpalais „der Vorläufer des Schlosses“ nebenan.

Neu sind die zwei Eingänge von Ost und West, einer öffnet sich zur Oberwallstraße, der gegenüberliegende zum grünen Bebelplatz mit der Terrasse. Egal, auf welcher Seite der Besucher eintritt, das Zentrum bildet der Empfangstresen. Hier im Mittelrisalit des Langbaus wird auch das Café eröffnen, im hinteren Bereich entsteht ein Museumsshop. Über den alten Eingang im runden Treppenhaus, der geschlossen wird, gelangt man in die neuen Ausstellungsräume. Momentan „wachsen“ hier noch Hunderte Kabel aus den Wänden, die Klimatechnik ist die wohl größte Herausforderung – unerlässlich für ein Ausstellungshaus mit internationalem Leihverkehr, wo es bestimmte klimatische Richtlinien gibt.

Mit nahezu 900 Quadratmetern verdreifacht sich die Ausstellungsfläche gegenüber der KunstHalle. Erstmals hat die Bank Platz, Teile ihrer 50.000 Exponate umfassenden Sammlung zu zeigen und gleichzeitig eine Sonderausstellung zu präsentieren. Schwerpunkt sind Arbeiten auf Papier und Fotografie. Diesem Thema wird sich wohl auch die erste Ausstellung am neuen Ort widmen.

3000 Quadratmeter umfasst übrigens das gesamte Gebäude. Im Dach befindet sich noch ein Atelier, offen für Veranstaltungen vieler Art und Bildungsarbeit. Noch ist es ein Geheimtipp: Dort oben soll es den allerbesten Blick auf Berlin geben.

Quelle: Berliner Morgenpost, 28.02.2018

 

 

 

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