07.07.2017 Magazin DER SPIEGEL
Kindheit ist immer Schlachtfeld, real und symbolisch, Kindheit ist der Ort zwischen Schutz und Kontrolle, Kindheit ist die Möglichkeit einer Gesellschaft, ihre Menschlichkeit zu beweisen oder am eigenen Anspruch zu scheitern.
Das ist der – sehr, sehr große – Hallraum für die eher kleine Ausstellung Vorsicht Kinder! in der Humboldt-Box neben der Baustelle des Berliner Stadtschlosses, eine Art Preview auf das, was der Intendant Neil MacGregor für das Humboldtforum ab 2019 plant: eine kuratorische Gemeinschaftsleistung mit klarem gesellschaftlichem Antrieb.
Ausgangspunkt ist die Frage der Flucht als zeitübergreifende Erfahrung, speziell für Kinder, vom Auszug aus Ägypten bis zum syrischen Bürgerkrieg. Vom göttlichen Schutz über das Gängelband, die falsche Ernährung, konkrete Fluchterfahrungen bis zu globaler Ungerechtigkeit und Ausbeutung reichen die Beispiele dieser naturgemäß fragmentarischen Ausstellung, mehr Skizze als Statement.
Es geht um die Widersprüchlichkeit der Kindheit quer durch die Zeiten und Kontinente – von Romulus und Remus bis zu Anne Frank. Die konkreten Gegenwartsbeispiele reichen von einem Fotoprojekt über abwesende Eltern in Moldawien bis zu Knetfiguren chinesischer Kinder – die man eintauschen kann gegen eigene kleine Kunstwerke, die dann den Kindern nach China geschickt werden.
Eine globale Dynamik also; das, was man sich – deutlich mutiger, brüchiger, provokanter – auch vom zukünftigen Humboldtforum erhofft.
Quelle: Magazin Der Spiegel. 07.07.2017