„Einheitsdenkmal: Gründers will Debatte noch einmal von vorn anfangen“

24.12.2016   Berliner Zeitung

 

Die Diskussion um ein Denkmal für die Deutsche Einheit sollte nach Ansicht von Kulturstaatsministerin Monika Grütters noch einmal ganz neu aufgerollt werden.

„Wir sollten uns weder auf einen Entwurf noch auf einen Standort festlegen, sondern noch einmal offen diskutieren“, sagte die CDU-Politikerin in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zum Jahreswechsel. „Wichtig ist, einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu finden.“ Als Ort kämen ihrer Meinung nach erneut sowohl Berlin wie auch Leipzig infrage, die Stadt der Montagsdemonstrationen.

Dort war das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal nach einem Dauerstreit 2014 auf Eis gelegt worden. In Berlin hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags im April den Bau einer riesigen begehbaren „Waage“ gestoppt, weil die Kosten schon vor Baubeginn von zehn auf fünfzehn Millionen Euro gestiegen waren.

fast schon anmaßend

Grütters sagte, sie begrüße es, dass der Kulturausschuss Anfang des neuen Jahres über das weitere Vorgehen berate. „Es erfüllt uns mit Freude und auch mit Stolz, dass die Menschen in der DDR das autoritäre SED-Regime unblutig gestürzt und die Herstellung der Deutschen Einheit ermöglicht haben“, sagte sie. „Das hat in unserer sonst oft so bitteren Geschichte ein sichtbares Zeichen verdient. Und es ist traurig, dass wir ein solches öffentliches Denkzeichen bisher nicht geschafft haben.“

Skeptisch äußerte sie sich zum möglichen Wiederaufbau der Kolonnaden am ursprünglichen Standort für das Berliner Einheitsdenkmal, dem früheren Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal. Der Haushaltsausschuss hatte für das Projekt kürzlich überraschend 18,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Hier sind die üblichen Abläufe vor lauter Großzügigkeit etwas durcheinandergeraten“, sagte Grütters. „Einen so retrospektiven Bau ohne öffentlichen Meinungsbildungsprozess in die Mitte der Hauptstadt zu stellen, ist fast schon anmaßend.“

Mehr Bildungs- und Vermittlungsangebote

Die ebenfalls überraschend bewilligten 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie in unmittelbarer Nachbarschaft begrüßte sie dagegen. In der Stadtgesellschaft gebe es nach vielen Debatten seit Jahren einen breiten Konsens, die historische Mitte wieder um dieses architektonisch wegweisende Gebäude zu ergänzen. Es liegt zwischen dem künftigen Humboldt Forum und dem Auswärtigen Amt.

Für das Humboldt Forum, das 2019 im wiederaufgebauten Berliner Schloss öffnen soll, verwahrte sich Grütters gegen den Vorwurf, Änderungen im Nutzerkonzept hätten zu Mehrkosten geführt. „Die 26,8 Millionen Euro, die ich aus meinem Haushalt übernehme, sind durch inhaltliche Optimierungen bedingt“, sagte sie. „Vor allem geht es darum, mehr Bildungs- und Vermittlungsangebote zu schaffen. Und das ist gerade noch zum richtigen Zeitpunkt ein Wechsel in die richtige Richtung.“

Die frühere Residenz der Preußenkönige gegenüber der Museumsinsel wird derzeit für 590 Millionen Euro wiederaufgebaut und soll 2019 als Kultur- und Kommunikationszentrum öffnen. „Am Zeit- und Kostenplan für den Bau ändert sich durch das Konzept der Gründungsintendanz um Neil MacGregor nichts“, versicherte Grütters. (dpa)

 

Quelle: Berliner Zeitung, 24.12.2016

 

 

31 Kommentare zu “„Einheitsdenkmal: Gründers will Debatte noch einmal von vorn anfangen“

  1. Wenn die Kolonnaden nicht kommen, dann halt nicht.. Fürs Schloß stellt das keinen Beinbruch da. Aber die Mosaike müssen zurück und der Sockel gehört saniert! Genauso wie der Neptunbrunnen saniert gehört. Für den sollten wir auch langsam mal eine gute Alternative finden. Der kommt ja auch nicht zurück zum schloss, was nicht bedeutet, dass kein andere Brunnen an seiner Stelle treten könnte.

  2. hmh…ich kann das Stürmchen im Wasserglas nicht mehr nachvollziehen….das Brandenburger Tor stand verschlossen an der Nahtstelle zwischen Ost und West…..jetzt steht es weit offen für Jedermann…daher ist es das überzeugendste und beste Einheitsdenkmal….alles andere wäre krampfhafter Killefitt…..!!!!

  3. Unser Land und vor allem unsere Haupstadt leisten sich irrsinnig teuren Blödsinn jeder erdenklichen Art. Dass es nicht für ein sinnvolles Denkmal dieses grandiosen historischen Ereignisses, dieses Positivereignisesses der deutschen Geschichte reicht, sagt viel über Deutschland und seine politischen Entscheider aus.

  4. Richtig, deswegen streichen wir sie einfach aus der Geschichte und schon müssen wir uns nicht mehr damit auseinandersetzen… So denken zumindest die Neudenker in Potsdam…

  5. nee, für den Schlossbrunnen am adäquaten Standort werde ich weiter kämpfen…..Rossebändiger….Oranier-Fürsten….Adlersäule…es gibt viel zu tun…auf gehts…..

  6. ach Marcel, ich denke, dieses Problem wird sich früher oder später biologisch lösen….Günter Jauch hat 1,5 Mio € für den Turm der Garnisonkirche gespendet……

  7. Bitte nicht! Das ist nicht zielführend!!! Warum muss neben der hoffentlich bald wieder errichteten Kolonnade noch unbedingt ein Denkmal dorthin. Wenn man solch einen Platz konsequent leer und offen lässt, ist mehr gewonnen als ein dröges „Einheitsdenkmal“ für die Einheit – ja für welche eigentlich. Doch wohl 1990? Aber dann bitte nicht an der Schlossfreiheit! Und wenn man ganz böse argumentiert: warum baut man dann nicht wieder die Häuserzeile vor dem Schloss auf…. Schön klein–klein und ganz demokratisch

  8. Es gibt eine vernünftige Gesamtlösung:
    1. in Leipzig ein Denkmal der friedlichen, gewaltfreien Revolution von 1989 („Wir sind das Volk“)
    2. in Berlin vor dem Reichstag: ein modernes Denkmal für die erfolgreiche Vereinigung („wir sind ein Volk“)
    3. in Berlin auf den Fundamenten des Nationaldenkmals rekonstruierte Kolonnaden in Erinnerung an die nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon endlich gelungene Einigung von 1871 (ohne Kaiserromantik). Damit sind historische, symbolische, städtebaulich/architektonische und ästhetische Gründe berücksichtigt.

  9. echt interessant und spannend, wie eine relativ kurze Presse-Mitteilung in kürzester Zeit derartig vielfältige Diskussionen auslösen kann….und das bundesweit über den Berliner Teller-Rand hinaus….

  10. Das ist doch der Lompscher gerade recht, und passt dieser ganzen Bagage so richtig ins Konzept. Die Kolonnaden sind die einzig wirklich gelungene und vor allem ästhetische Umrahmung für das Berliner Schloss.

  11. Die geben nicht auf. Keiner will es, ausgenommen von ein paar Politikern, die beleidigt reagieren, wenn die Leute anderer Meinung sind. Offensichtlich zählt nur noch, was sie denken und wollen. Kein Wunder, wenn sie immer mehr Menschen den Populisten in die Arme treiben.
    Weg mit der „Einheitsschaukel“, her mit den Kolonaden!

  12. ` `Einen so retrospektiven Bau ohne öffentlichen Meinungsbildungsprozess…“  Pardon, der Bau wurde nach Jahren öffentlicher Diskussion in Auftrag gegeben und ist (in wenigen Stunden wird man sagen) „nächstes“ Jahr fertig und schließt damit weitere Meinungsbildungsprozesse zu dem Bau selbst (vorerst) aus.  Anders mit dessen Umfeld. Auch hierzu gibt/gab es seit Jahren einen Meinungsbildungsprozess (s. Frau Lüscher, s. Wettbewerb, s. Äußerungen des involvierten Herr Thierse). Die verantwortlichen Politiker sind aus eigenem Verlangen in diese Politik eingestiegen und demokratisch gewählt worden. Nun ist es ihre Pflicht zu entscheiden – so oder so, (neu oder alt). Da „nächstes“ Jahr das Schloss vollendet dastehen wird, wird man dann auch das von den Politikern gelassene oder geschaffene Umfeld betrachten, vielleicht bestaunen, können. Es ist heute schon ersichtlich, dass zur Eröffnung 2019 das Umfeld nicht irgendwie vernünftig gestaltet sein wird — egal wie. Es ist traurig, dass die Politiker  und Politikerinnen (um mich dem heutigen Sprachgesetz anzupassen) dies nicht geschafft haben werden, wie Frau Prof. Grütters selbst sagt — und sich selbst wohl einschließt.

  13. BERLIN IST DAS BESTE EINHEITSDENKMAL UND BEREITS VORHANDEN LEBENDIG IMMER PRÄSENT…DIE HISTORISCHE MITTE BRAUCHT WEITERE REKONSTRUKTION BESONDERS NACH DEM ÜBLEN STREICH GEGEN SCHINKELS FRIEDRICHSWERDER KIRCHE:..SCHEINBAR WILL MANN IMMER NOCH DEM SCHLOSS EINS AUSWISCHEN…

  14. Fürs Rathausforum gilt ein Umgestaltungsverbot bis 2030. Deshalb darf der Neptunbrunnen auch nicht versetzt werden… Lüscher hat, als Berlins Kassen leer waren, Fördermittel vom Bund für diesen Platz abgezweigt, wodurch nun der Platz bis 2030 nicht umgestaltet werden darf. Der ganze Mist geschah bereits 2014. Nun wissen wir auch, warum der Brunnen in Wirklichkeit nicht versetzt werden kann.

  15. Das geplante Einheitsdenkmal sollte ,ohne wenn und aber ,vor das Schloß plaziert werden ,denn kein anderer Platz wäre besser geeignet.Leipzig ,als Stadt der FRIEDLICHEN REVOULTION,sollte auch nicht vergseesen werden und mit einem Denkmal,am Wilhelm Leuschner-Platz eine Würdigung erhalten.

  16. Es ist erschreckend mit welcher geistigen Haltung Frau Grütters in die Diskusion über die Gestaltung des Vorplatzes an der Westfront des Berliner Schlosses aufwartet. Als studierte Germanistik-, Kunst-, Geschichts- und Politikwissenschaftlerin erwarte ich mehr Achtung vor der deutschen Geschichte und ihrer baulichen Erinnerungen. Das Kaiserdenkmal ist wie das Schloss ein wichtiger Repräsentant dieser deutschen Geschichte. Dort ein Einheitsdenkmal als Ersatz für das Kaiserdenkmal zu platzieren ist eine Schande und Ignoranz der deutschen Geschichte.

  17. Hallo, der Architekt der Wippe hat sich zurückgemeldet — in der Abendschau  von rbb, 19.30, 09.01.2017, erinnerte er daran, dass er den 1. Preis gewonnen hatte und sofort anfangen könnte die Wippe zu errichten!!! Die überraschten Politiker wollen in 2 Wochen (etwa) darüber beraten!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert