„Der Traum vom Baden in der Spree rückt näher“

24.09.2016   Berliner Zeitung

Es ist ein Traum. Aber diesem Traum sei man jetzt einen deutlichen Schritt näher gekommen. Das sagt Jan Edler. Er ist der Vorstand des Vereins Flussbad Berlin und steht neben dem Spreekanal in Mitte auf einer kleinen Wiese. Sie gehörte bisher zum Garten des einstigen Staatsratsgebäudes und liegt nicht weit von der Jungfernbrücke entfernt.

Von Uwe Aulich

Um hier über Baden in der Spree zu reden, ist es zwar schon etwas kühl. Und Edler trägt zum dunklen Sakko auch einen blauen Wollschal um den Hals. Den Hunderten Gästen des Sommerfestes erklärt er aber, dass sich genau an dieser Stelle das einstige Flussbad im Mühlengraben befand. Dazu gehörte ein „Bassin für Schwimmer“ und eins für Nichtschwimmer.

Die Wiese ist jetzt direkt von der Uferpromenade zugänglich. Dafür hat die European School for Management and Technology (ESMT Berlin), die das Staatsratsgebäude nutzt, ein paar Zäune versetzt. Denn die Manager-Schule unterstützt die Idee von einem Flussbad in der Berliner Innenstadt und hat dem Verein die knapp 900 Quadratmeter große Wiese überlassen.

Badeanstalt am Mühlengraben

„Wir wollen hier eine große Holzterrasse errichten. Sie wird die Umrisse des früheren Schwimmerbeckens nachzeichnen“, sagt Edler. Etwa 20 mal 10 Meter ist die Plattform groß, außen Holz, innen bleibt die „Wasserfläche“ aber frei. Der Verein will hier ab kommendem Frühjahr Werbung für sein Flussbad-Projekt machen, eine Ausstellung einrichten und Veranstaltungen organisieren. Auch ein Café soll es geben. Am historischen Ort.

Das ehemalige Flussbad am Mühlengraben wurde 1895–97 gebaut. „Es war das teuerste und prächtigste in Berlin“, sagt Edler. Allerdings wurde es 1925 wie alle Flussbäder in Berlin schon wieder geschlossen, weil die Spree so dreckig war.

Die Wasserverhältnisse sind längst besser. Daher hält der Verein es für realistisch, dass seine Idee funktionieren kann. Eine Studie hat bereits nachgewiesen, dass das Projekt technisch umsetzbar ist.

Zudem stellt der Bund aus seinem Förderprogramm Nationale Projekte des Städtebaus zusammen mit dem Land insgesamt vier Millionen Euro zur Verfügung, damit die Planungen vorangetrieben werden können. Zugleich wird wissenschaftlich erforscht, wie das Spreewasser Badewasserqualität erhalten kann.

Im Winter wird das Bad zur Eislauffläche

Zum Flussbad soll der Spreekanal zwischen Schleusenbrücke und Bodemuseum umgestaltet werden, so die Idee. 840 Meter lang soll die Badeanstalt sein. Am Schlossplatz und am Lustgarten sind große Treppenanlagen vorgesehen, um den Zugang zur Spree herzustellen.

Eine zentrale Umkleideanlage könnte in der Nähe des Schlosses eingerichtet werden. Während im Sommer gebadet werden kann, so Edler, könnte der Spreekanal im Winter zur Eislauffläche werden, wenn das Wasser gefroren ist. Zum Konzept gehört auch, dass Am Auswärtigen Amt zwischen der Gertrauden- und der Schleusenbrücke ein riesiges Filterbecken zur natürlichen Reinigung des Spreewassers angelegt wird.

Wie das Filterbecken funktionieren kann, will der Flussbad-Verein in den kommenden zwei Jahren testen. Dafür wurde der 42 Meter lange Finowmaßkahn „Hans-Wilhelm“ aus dem Historischen Hafen Berlin ausgewählt. Im Juli wurde er schon neu gestrichen, jetzt wird er umgebaut.

So werden im Laderaum mehrere Filtersysteme installiert. Verschiedene Kiese sollen so auf ihre Tauglichkeit untersucht werden, mal mit und mal ohne Pflanzenbewuchs zum Beispiel Schilf sowie Seerosen. Erfahrungen und Daten will man auch mit Muscheln als Filter sammeln, diese Variante ist noch vergleichsweise unerprobt. Der Filter-Kahn wird im Frühjahr 2017 im Spreekanal vor Anker gehen.

Georg Garlichs ist der Geschäftsführer der ESMT. Er war zunächst skeptisch, als er von der Flussbad-Idee erstmals hörte. Das hat sich geändert. „Ein Flussbad würde die historische Mitte aufwerten“, sagt er. Und natürlich auch den Standort, der für Studenten attraktiver würde. Geht es nach dem Verein soll das künftige Flussbad bis 2025 eingerichtet werden.

 

Quelle: Berliner Zeitung, 24.09.2016

 

 

12 Kommentare zu “„Der Traum vom Baden in der Spree rückt näher“

  1. Mich wundert das nicht. Unsere Spassgesellschaft hat keinen Sinn für Kultur und Geschichte. Ausgerechnet an dieser Stelle das Projekt. Als wenn es woanders dafür keinen Platz gäbe. Das fühlt sich nach Absicht an.

  2. Was soll man dazu sagen? Provinzposse? Sicher. Als wenn es in Berlin nicht genügend Freibäder gibt, abgesehen von den ‚unbeaufsichtigten‘ Badestränden. Die Leute kenn Berlin nicht, haben offensichtlich noch nie ihr winziges Kiez verlassen, um sich mal umzusehen.
    Meine Haltung dazu: Bruche mer nit, wech domet!

  3. Ich halte die Idee nach wie vor für abwegig. Nur weil ein Vereinsvorstand es sagt, wird die Genehmigung nicht wahrscheinlicher. Ich bin aber mal gespannt, wie der Verein sich die logistischen Lösungen vorstellt.

  4. Berlin, du hast doch einen Knall! Unfassbar wie weit diese Stadt sich schon zurück entwickelt hat! Kein Gespür für Ästhetik und Würde eines Platzes! Ich gehe noch ein Schritt weiter, und behaupte, daß es sich bei dieser hirnrissigen Idee wieder einmal um eine bewusste Provokation handelt.

  5. So ist es! Allein die Tatsache, daß man allen erstes über solch eine Schnapsidee diskutiert, zeig, wie tief diese Gesellschaft schon gesunken ist!

  6. Sicher ist es das. Wie damals der Versuch, mit historischen Argumenten eine Wohnbebauung an der Schloßfreiheit durchzusetzen. Auch da war klar, daß es den Fürsprechern nur darum ging, das Schloß zu verdecken.

  7. Michael Wolff: Dem hingegen würde ich widersprechen. Diskussion ist für eine funktionierende Gesellschaft essentiell. Ob eine Idee gut oder schlecht ist, wird im Diskurs geklärt, nicht durch Dekret.

  8. Ich werde nicht aufhören darauf hinzuweisen, dass in diesem fantastischen Bauwerk MDF (Mitteldichte Faserplatte) im Innenausbau nichts zu suchen hat! Wacht endlich auf, ihr jungen Architekten. Regenwald gehört nicht in die MDF Fabrik!! Go Bamboo!

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